Gütersloh trifft es derzeit hart. Nicht nur, dass der Tönnies-Skandal in der Nachbarschaft für einen erneuten Lockdown im Landkreis gesorgt hat. Nun werden die Anwohner auch noch von den Menschen aus dem Umkreis angefeindet: Zerstochene Reifen und Beschimpfungen seien seit dem erneuten Corona-Ausbruch in Nordrhein-Westfalen an der Tagesordnung, erzählen die Gütersloher.
Janine und Jennifer wollten sich das nicht länger bieten lassen und haben kurzerhand mit selbstgemalten Plakaten auf der Landstraße protestiert, um dem Hass ein Ende zu setzen.
Mit watson sprachen sie über die Hintergründe ihres Protests und was sie sich jetzt für die Region wünschen.
"Die Stimmung ist ziemlich bedrückend, weil uns vieles verboten wird und man sich als Gütersloher ungerecht behandelt und ausgegrenzt fühlt. Teilweise wurden sogar schon Autos mit dem Kennzeichen GT beschädigt und man wird beschimpft. Gütersloher werden angefeindet, wenn sie zum Beispiel in Osnabrück einkaufen gehen.
Weil uns dieses sehr schockiert und traurig macht, haben wir beschlossen, diese Aktion zu starten, um die Menschen zum Nachdenken zu bringen. Am Samstag haben wir uns mit den Plakaten an eine Landstraße gestellt, um gegen das Stigma ein Zeichen zu setzen.
Die Reaktionen waren überwiegend positiv, es wurde gehupt, Daumen nach oben oder Herz mit den Händen gezeigt. Nur vereinzelt gab es Kopfschütteln von Leuten, die es anscheinend nicht verstanden haben. Es wollten sich außerdem noch mehr Bürger aus Gütersloh anschließen, die uns gesehen haben und wir haben die Aktion daher gestern Abend wiederholt.
Zu Herrn Tönnies haben wir keine positiven Gedanken. Sein Handeln ist einfach total verantwortungslos und beschämend. Ich denke, am schlimmsten ist die Situation hier momentan für die Psyche, sich so ausgeschlossen zu fühlen ist schlimm.
Corona an sich ist zwar auch beängstigend und man sollte weiter vorsichtig sein, jedoch ist es wirklich nicht normal, die Menschen aus Gütersloh so schlecht zu behandeln, die nichts dafür können. Die Leute sollen bitte darüber nachdenken, dass kein Bürger persönlich schuld an der derzeitigen Lage ist und niemanden behandeln, wie er selbst nicht behandelt werden möchte. Die Menschen sollen freundlich zueinander bleiben."
"Man hört von immer mehr Bekannten, dass Autos zerkratzt wurden oder Gütersloher angespuckt oder beleidigt werden. Man fühlt sich hier wirklich wie in so einer anderen Welt gerade.
Gerade wegen dieser schlechten Stimmung war es uns wichtig, dass wir ein friedliches Zeichen setzen können und nicht auf den Zug von Hass und Streit mit aufspringen. Es freut uns, dass wir so viel positive Rückmeldung für unsere Aktion erfahren."
Der Lockdown im Kreis Gütersloh wurde gerade um eine Woche verlängert, das gab Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) am Montag bekannt. Es halte sich dabei um eine Vorsichtsmaßnahme. Laschet zufolge ist nach dem Corona-Ausbruch bei Tönnies das Virus nach Einschätzung der NRW-Landesregierung kaum auf die sonstige Bevölkerung übergesprungen.