In der Masse Feiern trotz Corona: Trotz stark angestiegener Infektionszahlen startete in Köln am Donnerstag, den 11. November, traditionell die Karnevalssaison. Jecken und Partygäste feierten ausgelassen dicht an dicht. Die Veranstaltungen in Köln fanden unter 2G-Regelungen statt. Aus Sicht des Virologen Timo Ulrichs reicht das allerdings nicht. Er bezeichnet das Vorgehen der Stadt Köln gegenüber watson als "blauäugig".
Das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales (MAGS) des Landes Nordrhein-Westfalen teilt auf Anfrage von watson mit, was 2G beim Karnevalsauftakt in Köln bedeutet hat:
Das Ministerium gibt allerdings selbst zu, dass das nicht lückenlos geklappt hat. Wörtlich erklärt es gegenüber watson:
Die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen steht dennoch hinter ihrer Vorgehensweise. "Aus infektiologischer Sicht ist es zudem besser, wenn Menschen unter strengen Hygiene- und Zugangsvoraussetzungen draußen auf öffentlichen Plätzen feiern, als wenn die Feiern durch Verbote in den nicht geregelten Privatbereich verlegt worden wären", heißt es vonseiten des Ministeriums.
Außerdem würden Ungeimpfte ein "höheres Risikopotential für die Ausbreitung der Infektionen" aufweisen und seien vor "eigenen schweren Erkrankungen und Krankheitsverläufen nicht geschützt." Das Fazit der Stadt: "Ihnen den Zugang zu Veranstaltungen mit hohen Risiken zu erlauben, könnte zu einer erheblichen Belastung der Gesundheitssysteme führen."
Der Epidemiologe Timo Ulrichs beurteilt die Maßnahmen als unzureichend – und er kritisiert die Erklärung der Landesregierung dafür.
Gegenüber watson sagt Ulrichs:
Das NRW-Gesundheitsministerium hält die 2G-Regelung indes für "richtig und angemessen" und fügt hinzu:
Dazu wäre ein Verbot der Veranstaltung in Hinblick auf die Impfkampagne der Bundesregierung "ein falsches Signal gewesen".
Das Gesundheitsministerium erklärt, dass von Geimpften "keine wesentliche Gefahr" für eine Überlastung des Gesundheitssystems ausgehe. Den Besuch auf Veranstaltungen wie dem Karneval zu verbieten, würde daher "Fragen nach dem Nutzen einer Impfung aufwerfen", teilte das MAGS mit.
Eine Grundlage der Impfkampagne sei "das Versprechen, mit der Impfung wieder ein normaleres Leben zurückkehren zu können und Freiheiten wiederzuerlangen."
Da auf den Corona-Intensivstationen in Deutschland weitgehend Ungeimpfte behandelt werden, ist die Linie des Ministeriums die folgende, wie es gegenüber watson erklärt:
Laut Ulrichs ist diese Argumentation zwar "richtig" und "nachvollziehbar", dennoch äußert der Epidemiologe Kritik.
Die Begründung sei angesichts der "exponentiellen Zunahme" von Neuinfizierten, Krankenhauseinweisungen und Intensivbettenbelegung "nicht mehr passend", sagt Ulrichs.
Dazu komme, dass eine solche Entwicklung "rechtzeitig vorhersehbar" sei, auch wenn die Geschwindigkeit der Entwicklung überraschend gekommen sei.
Ulrichs schlussfolgert, mit Blick auf den Karneval:
Das NRW-Gesundheitsministerium appelliert an die Eigenverantwortung der Geimpften. Es weist darauf hin, dass sich alle Personen bei Großveranstaltungen testen lassen sollten, um einer Infektionsverbreitung entgegenzuwirken. "Ebenso ist es wichtig, die 2G/3G-Regeln konsequent einzuhalten und zu kontrollieren."
Zumindest hier sind sich Epidemiologe Ulrichs und das Ministerium einer Meinung. "Angesichts der aktuellen epidemiologischen Lage sind leider Geimpfte wie Ungeimpfte aufgefordert, alle Kontakte zu reduzieren", sagt Ulrichs, geht dann aber noch einen Schritt weiter:
Er betont: "Auch für Karneval gilt, dass solche Zusammenkünfte der Ausbreitung starken Vorschub leisten."
Das weitere Vorgehen des Ministeriums hängt von der aktuellen Situation ab.
Für die Zukunft teilt das MAGS mit: "Weitere Einschränkungen für nicht geimpfte Personen können aufgrund des aktuellen Infektionsgeschehens nicht ausgeschlossen werden."