Die USA sind raus: Als erstes Land weltweit sind die Vereinigten Staaten um Mitternacht New Yorker Zeit offiziell aus dem Pariser Klimaschutzabkommen ausgeschieden – nur vier Jahre, nachdem das Abkommen, das die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad begrenzen möchte, in Kraft getreten ist. Obwohl die Temperaturen steigen, obwohl Waldbrände und Dürren ebenso zunehmen wie Starkregen und Stürme.
US-Präsident Donald Trump leugnet den Klimawandel aber, und so überrascht es nicht, dass er in den vergangenen vier Jahren mehr als 120 klimapolitische Gesetze rückwirkend außer Kraft gesetzt oder verändert hat. Doch nun traten die US-Amerikaner wieder vor die Wahlurnen. Und es stellt sich die Frage: Was bedeutet der Ausgang der Wahl für die Klimapolitik der USA – und damit für den Klimawandel, der uns alle betrifft?
"Trump ist der Worst Case für den Klimaschutz", sagt Klimaökonom Reimund Schwarze vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Leipzig gegenüber watson. "Er wird eine Umkehr in allen Bereichen des Umweltschutzes weiter vorantreiben. Mit Trump als Präsident gibt es in den USA praktisch keine Klimapolitik mehr."
Dabei hätte ein Wechsel in der Umweltpolitik ein enormes Potenzial, sagt Schwarze. "Die USA haben weltweit den höchsten pro Kopf-Ausstoß an Emissionen. Und sie sind führend in der Umwelttechnologie, sogar noch vor China." Die weltweiten Emissionen könnten also stark gedrückt werden – sofern Trumps Herausforderer Joe Biden diesen Wechsel wirklich einläutet. Er möchte in E-Mobilität und erneuerbare Energien investieren und dem Pariser Klimaabkommen umgehend wieder beitreten. Nur: Ist das genug im Kampf gegen den Klimawandel? Und wie würde sich die Wahl von Biden im Vergleich zur Wahl von Trump in den einzelnen klimapolitischen Bereichen auswirken?
Wo kein Klimawandel ist, da ist auch kein Geld nötig, um gegen diesen zu kämpfen, denkt sich Trump offenbar. Im Haushalts-Etat der Trump-Regierung für das Jahr 2021 kommt das Wort "Klima" jedenfalls kein einziges Mal vor – auf über 138 Seiten. Dass sich daran in der neuen Legislaturperiode etwas ändert, ist nicht absehbar.
Biden verspricht in seinem Wahlprogramm dagegen, in den kommenden vier Jahren zwei Billionen Dollar in den Klimaschutz investieren, etwa in eine saubere Energiewende und "Umweltgerechtigkeit". Das klingt erst nach einer Menge Geld, und das ist es auch – immerhin zwei Billionen Dollar mehr als der Klima-Etat von Trump. Gleichzeitig sind aber auch 14 Billionen Dollar weniger als das, was sein demokratischer Herausforderer Bernie Sanders im Vorwahlkampf für seinen Green Deal vorgesehen hatte. Dieser wollte ganze 16,3 Billionen US-Dollar in erneuerbare Energien, Energieeffizienz und sauberen Transport stecken.
Als Leugner des Klimawandels macht sich Trump wenig Gedanken um den Ausstoß von Treibhausgasen. In den vergangenen Jahren sanken die Emissionen in den USA zwar, das dürfte aber hauptsächlich daran gelegen haben, dass die klimaschädliche Kohle auf dem Markt immer weniger gefragt ist. Aktive Bemühungen, CO2-Grenzwerte einzuhalten oder gar klimaneutral zu werden, sind auch für die kommende Legislaturperiode von Trump nicht zu erwarten.
Anders bei Biden: Er möchte mit den USA bis 2050 Klimaneutralität erlangen, seine Vize Kamala Harris will das sogar schon fünf Jahre früher erreichen. "Wenn es um die Umsetzung geht, sind das aber leere Versprechungen ohne konkrete Pläne", kritisiert Klimaökonom Schwarze. Zumal sich Biden deutlich von einem nationalen Emissionshandel abgrenze. "Biden setzt fast ausschließlich auf die Förderung von Innovation und Technologien." Dass sich dadurch viel ändern würde, sei politische Träumerei.
Trump setzte in Sachen Energiegewinnung bislang voll auf klimaschädliche Kohle, mit Förderprogrammen versuchte er deren Aussterben und den Abbau von Arbeitsplätzen in der Kohleindustrie zu verhindern. Allerdings mit mäßigem Erfolg: "Zum Glück sorgt das Weltmarktgeschehen dafür, dass die Kohle zurückgedrängt wird, zumal die US-amerikanische Kohle qualitativ nicht konkurrenzfähig ist", sagt Schwarze. Dennoch werden fossile Energien wie Öl und Gas bislang enorm gepusht: Die Infrastruktur dafür wird kostenlos von der Regierung zur Verfügung gestellt.
Dabei hätten erneuerbare Energien in den USA ein enormes Potenzial, sagt Schwarze. Schließlich gibt es sowohl das technologische Know-How als auch die natürlichen Ressourcen. Biden hat das erkannt und kündigte im Sommer bereits an, Millionen Arbeitsplätze im Sektor der erneuerbaren Energien schaffen, etwa bei der Windenergie. Gleichzeitig will er "Millionen von Solarmodulen" installieren. Auch Schwarze ist überzeugt: "Biden wird die erneuerbaren Energien hoch subventionieren."
In den unendlichen Weiten vieler US-Bundesstaaten sind Autos nicht wegzudenken. Öffentliche Verkehrsmittel? Fehlanzeige. Stattdessen wird traditionell auf große Trucks gesetzt – mit extra vielen Emissionen. Trump pushte die US-amerikanische Automobilindustrie während seiner ersten Amtszeit enorm, belegte etwa deutsche Autos mit Strafzöllen. Gleichzeitig weichte er bereits verabschiedete Verbrauchs- und CO2-Ziele wieder auf. "Alle Gesetze zur Abkehr von Verbrennungsmotoren hat er bereits rückgängig gemacht", sagt Schulze. Schlimmer kann es in einer zweiten Amtszeit mit Trump in diesem Bereich also eigentlich kaum noch werden.
Biden dagegen möchte voll auf E-Mobilität setzen. Er kündigte ein Abwrackprogramm zum Umstieg auf E-Autos an, ebenso wie die Umrüstung der staatlichen Flotte und die Subventionierung der Automobilindustrie, sofern diese auf Elektroautos umstellt. Details – etwa die Höhe der Abwrackprämie und der Subventionen – ließ er bislang allerdings offen. Auch Umweltökonom Schulze glaubt nicht an eine richtige Verkehrswende unter Biden. "Die geplanten 500.000 Ladestationen für E-Autos sind für die USA extrem wenig, selbst in Deutschland sind schon eine Million bis 2020 geplant", sagt er. "Da ist keine Verkehrswende absehbar, das ist wenn überhaupt ein langsames Herantasten an Elektromobilität."
Mit Trump wird es keine internationale Zusammenarbeit im Kampf gegen den Klimawandel geben. Das hat der US-Präsident deutlich gemacht, als er praktisch als erste Amtshandlung den Ausstieg aus dem Pariser Klimaabkommen ankündigte.
Biden will das allerdings sofort wieder rückgängig machen. "Der Klimawandel, die Erderwärmung sind die nächste existenzielle Bedrohung für die Menschheit", sagte er bei der TV-Debatte vor der Präsidentschaftswahl. Eine weltweite Zusammenarbeit in Sachen Klimaschutz wäre dann wieder möglich – zumindest auf dem Papier.
Schon in der Vergangenheit hat Trump alles daran gesetzt, Klimagesetze auszuhebeln oder aufzuweichen. Daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern. Doch auch Biden wird wohl keine klimapolitische Kehrtwende einleiten – und könnte das auch gar nicht, selbst wenn er es wollte, sagt Schwarze. "Schon Obama konnte seine klimapolitischen Ziele nur schwer umsetzen, weil er sie im Senat nicht durchsetzen konnte", so der Umweltökonom. Da dort nach der Wahl wahrscheinlich noch mehr Republikaner sitzen werden als zuvor, dürften klimapolitische Entscheidungen für Biden noch einmal schwerer durchzuboxen sein.
"Wenn Biden gewählt wird, ist er ein flügellahmer Präsident, der ja ohnehin mit einem schmalen Klimaschutzprogramm startet", sagt Schwarze. Im Vergleich zum "Worst-Case-Szenario Trump" kann man aus klimapolitischer Sicht dennoch nur auf einen US-Präsidenten Joe Biden hoffen. Denn der Klimawandel betrifft eben nicht nur die USA – sondern uns alle.