Mit dem 9-Euro-Ticket kann der ÖPNV günstiger genutzt werden.Bild: dpa / Sebastian Gollnow
Deutschland
Ersten wissenschaftlichen Auswertungen
zufolge führt das 9-Euro-Ticket nicht dazu, dass viele Menschen ihr
Auto stehen lassen. "Viele der aktuellen Daten muss man mit Vorsicht
genießen", sagte der Projektleiter Öffentlicher Verkehr des
Interessenverbands Agora Verkehrswende, Philipp Kosok, der Nachrichtenagentur dpa. "Das, was vorliegt, sind allerdings sehr alarmierende
Daten. Es deutet darauf hin, dass mit dem 9-Euro-Ticket mehr Verkehr
erzeugt und vor allem kaum verlagert wird."
Kein Klimavorteil durch 9-Euro-Ticket?
Der Versuch habe somit keine positive Klimaschutzwirkung,
möglicherweise sogar eine negative, sagte Kosok weiter. "Es deutet
sich an, dass wir hier keinen klaren Klimavorteil mit dieser Aktion
haben."
Das 9-Euro-Ticket.Bild: dpa / Boris Roessler
Unter anderem bei Befragungen des Verbands Deutscher
Verkehrsunternehmen (VDV) als auch bei einer Untersuchung im Großraum
München war zuletzt herausgekommen, dass lediglich rund drei Prozent
der Befragten ihr Auto zugunsten des öffentlichen Nahverkehrs stehen
ließen.
Rund ein Viertel der Fahrten laut VDV wäre ohne Ticket nicht gemacht worden
Die Untersuchungen bescheinigen der Fahrkarte vor allem Erfolge bei der eigenen Vermarktung. "Mit fast 98 Prozent kennt fast jeder Befragte das 9-Euro-Ticket, zwei Drittel kennt es sogar gut", teilte der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen im Juli mit. Er befragt jede Woche rund 6000 Verbraucherinnen und Verbraucher, mit vielen Sonderfragen speziell für Nutzer der Fahrkarte. Insgesamt hätten allein im Juni mehr als 30 Millionen Menschen das Ticket besessen - inklusive der Abonnentinnen und Abonnenten, die das 9-Euro-Ticket nicht extra kaufen mussten.
Ticket führt laut HTW-Forscher zu höherer Benutzung des ÖPNV.Bild: dpa / Uwe Anspach
Die hohe Nachfrage spüren auch die Reisenden und die Beschäftigten in den Bussen und Bahnen. "Das Ticket führt zu einer höheren Nutzung des Öffentlichen Verkehrs, aber vor allem selektiv auf bestimmten Strecken - sogar soweit, dass dort der Verkehr zusammenbricht", sagt Christian Böttger, Bahn-Experte an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (HTW). Eine Auswertung von Mobilfunkdaten durch das Statistische Bundesamt ergab Anfang Juli: "Im Juni 2022 lagen die bundesweiten Bewegungen im Schienenverkehr im Schnitt 42 Prozent höher als im Juni 2019."
"Aus den bisherigen Untersuchungen lässt sich nur ein leichter Verlagerungseffekt von der Straße auf den Öffentlichen Verkehr (...) erkennen"
HTW-Forscher Christian Böttger
Das Problem: Rund ein Viertel der im ÖPNV angetretenen Fahrten wäre ohne das Ticket gar nicht erst gemacht worden, ermittelte der VDV. Es handelt sich also um zusätzliche Reisen und nicht um Ersatzfahrten, die sonst mit dem Auto gemacht worden wären. "Aus den bisherigen Untersuchungen lässt sich nur ein leichter Verlagerungseffekt von der Straße auf den Öffentlichen Verkehr von bestenfalls zwei bis drei Prozent erkennen", sagt etwa HTW-Forscher Böttger.
Andere Argumente für 9-Euro-Ticket
Forscher um Jan Christian Schlüter von der TU Dresden wiederum
haben sich vor allem der Kaufentscheidung und der Preissensibilität
bei möglichen Nachfolgeangeboten gewidmet. Wichtigste Argumente für
die Nutzung des 9-Euro-Tickets waren demnach der Preis und die
Einfachheit des Angebots. Viele Menschen hätten aber auch angegeben,
den ÖPNV ausprobieren zu wollen. Hier werde es spannend sein, ob
Nutzer das Ticket auch ein zweites Mal kauften, sagte er.
(and/dpa)
Das Sparpreis-Ticket der Deutschen Bahn (DB) ist bei vielen Zugreisenden beliebt. Denn je früher man bucht, desto eher kann man bei der Buchung etwas Geld sparen. Und im Gegensatz zum Super-Sparpreis haben Kund:innen dabei die Möglichkeit, das Ticket vor dem ersten Geltungstag zu stornieren.