Auf dem touristisch erschlossenen Zugspitzplatt schmelzen die Reste des Schneeferners. Bild: imago stock&people / argum
Deutschland
Von den bislang noch fünf kleinen Gletschern in den deutschen Alpen werden wegen der Klimaerwärmung bald nur noch vier übrig sein. Der Flächenverlust der Gletscher habe seit der Jahrtausendwende rapide zugenommen, sagte der Münchner Geowissenschaftler Christoph Mayer auf Anfrage.
18.08.2020, 16:1628.09.2020, 11:49
Zum Zeitpunkt der letzten Vermessung Ende 2018 waren es noch 44.6
Hektar mit einem Eisvolumen von etwa 4 Millionen Kubikmetern. Damit
ist innerhalb eines Jahrzehnts gut ein Drittel der Gletscher
abgetaut. 2010 waren es 70 Hektar, vor 200 Jahren geschätzt noch 400.
"Der südliche Schneeferner ist eigentlich schon nicht mehr existent
und die Eisreste werden sicherlich in wenigen Jahren verschwunden
sein", sagte Mayer.
Dieser schwindende Gletscher liegt mit seinem Nachbarn, dem
nördlichen Schneeferner, auf dem Zugspitzplatt unweit des höchsten
deutschen Gipfels im Wettersteingebirge bei Garmisch-Partenkirchen.
Dritter deutscher – beziehungsweise bayerischer Gletscher – ist der
ebenfalls im Wettersteingebirge gelegene Höllentalferner, Nummer vier
und fünf sind das Blaueis und der Watzmanngletscher in den
Berchtesgadener Alpen.
"Der südliche Schneeferner ist eigentlich schon nicht mehr existent."
Letzterer gilt ebenfalls seit langem als bedroht. "Der
Watzmanngletscher ist schon noch als Eismasse existent, wobei die
Frage Gletscher oder nicht differenziert betrachtet werden kann",
sagte Mayer, Fachmann für Erdmessung und Glaziologie an der
Bayerischen Akademie der Wissenschaften.
Noch lässt sich der Blick auf die unberührte Natur genießen: Der Königssee und der Watzmann im Nationalpark Berchtesgaden. Bild: www.imago-images.de / imageBROKER/Robert Haasmann
In der wissenschaftlichen Definition ist ein Gletscher ein
fließender Eisstrom, der sich wie ein Fluss bewegt, wenn auch sehr
langsam. "Allerdings liegt der Rest-Watzmanngletscher in einer Mulde
und hat daher fast keine Bewegung mehr", sagte Mayer. "Andererseits
können schneereiche Winter durch die Lawinenfracht diesen Gletscher
noch lange "am Leben" erhalten, auch wenn es sich dann nur um einen
kleinen Eisrest handelt."
Gletschereis entsteht durch jahrelange Komprimierung des Schnees
in hochalpinen Regionen, in denen die Schneefälle des Winters im
Sommer nicht restlos abtauen. Frischer Schnee wird im Laufe eines
Winters zunächst kompakt, und verdichtet sich zum bei
Tourenskifahrern beliebten Firn – daher rührt auch die in manchen
Alpentälern übliche Bezeichnung "Ferner" für Gletscher.
Durch den Temperaturanstieg schmilzt im Jahresverlauf mehr Eis, als im Nährgebiet neu entsteht
Fällt in den folgenden Wintern immer neuer Schnee auf den
Altschnee der Vorjahre, verdichtet sich der Firn in diesem Nährgebiet
eines Gletschers allmählich zu blankem, harten, bläulich oder
grünlich schimmerndem Eis. An der Gletscherzunge im unteren Bereich – dem "Zehrgebiet" – tritt das Eis im Sommer ohne Schneeauflage blank
zutage und schmilzt. Steigen wie in den vergangenen Jahrzehnten die
Durchschnittstemperaturen, schmilzt im Jahresverlauf im Zehrgebiet
mehr Eis als im Nährgebiet neu entsteht – der Gletscher weicht
zurück.
Greenpeace-Aktivistinnen machten im September 2019 auf dem Schneeferner auf das Gletscher-sterben aufmerksam.Bild: imago images / argum
Am leichtesten zugänglich für nicht bergsteigende Besucher sind
mit Hilfe von Seilbahnen die beiden Zugspitzferner. Zwar nicht als
Gletscher eingestuft, doch ebenfalls vergleichsweise leicht zu
ereichen ist dank Ausflugsbooten die "Eiskapelle" am Könisgssee, ein
am Fuße der berühmt-berüchtigten Watzmann-Ostwand gelegenes großes
Firnfeld aus Eis und Schnee. Genährt wird die tief gelegene
Eiskapelle von den großen Lawinen, die im Winter und Frühjahr
regelmäßig über die fast zwei Kilometer hohe Wand
hinabstürzen.
(lau/dpa)
Straßen stellen einen großen Eingriff in die heimische Flora und Fauna dar. Laut dem Bund Naturschutz ist die "Zerschneidung" der Landschaft durch das rund 630.000 Kilometer umfassende Straßennetz eines der größten Probleme für den Umweltschutz in Deutschland.