Das EU-Parlament hat sich auf neue Vorschläge für die Klimapolitik geeinigt. Bild: dpa / Federico Gambarini
EU
Das Europaparlament hat sich nach monatelangen
Diskussionen auf Vorschläge für einen strengeren Klimaschutz
geeinigt. Unter anderem soll die kostenlose Vergabe von Zertifikaten
für CO2-Emissionen ab 2027 nach und nach auslaufen, und dann ab 2032
ganz entfallen. Auch soll der Emissionshandel nach der Einigung vom
Mittwoch auf Gebäude und den Verkehr ausgeweitet werden – zunächst
aber nur bei gewerblicher Nutzung. Beim Emissionshandel (ETS) müssen
bestimmte Industrien für den Ausstoß klimaschädlicher Gase wie CO2
bezahlen.
Zustimmung der EU Länder noch ausstehend
Zunächst müssen die Vorhaben aber noch mit den EU-Ländern abgestimmt werden.
Diese wollen kommende Woche über ihre Position sprechen, erst wenn es
dort eine Einigung gibt, können beiden Institutionen untereinander
Verhandlungen aufnehmen.
Die weltweiten Emissionen klimaschädlicher Treibhausgase müssen
Forschern zufolge schon bis 2030 um 45 Prozent sinken. Anders ist
demnach das gemeinsame Ziel nicht zu erreichen, die Erderwärmung auf
1,5 Grad zu begrenzen im Vergleich zur vorindustriellen Zeit.
Kritik von Umweltschutzorganisationen
Harsche Kritik kam von der Umweltschutzorganisation WWF, dem die
Vorschläge nicht weit genug gehen. Die Parlamentarier hätten Klima
und Bürger im Stich gelassen, hieß es in einer offiziellen Pressemitteilung am Donnerstag. Das Parlament sei mitschuldig an der
Aushöhlung des mächtigsten Instruments der EU, um die Industrie zum
Abschied von Öl, Gas und Kohle zu bewegen. Die Umweltorganisation
Germanwatch teilte mit, insgesamt sei das Ergebnis ein zu kleiner
Schritt.
Europaabgeordnete verteidigten hingegen die Entscheidung.
"Diejenigen, die denken, sie könnten alte Dreckschleudern immer
weiterlaufen lassen, müssen den Druck spüren, um die notwendigen
Veränderungen durchzuführen", sagte der CDU-Politiker Peter Liese.
Der Kompromiss sei eine gute Balance zwischen dem Schutz des Klimas
und dem Schutz von Arbeitsplätzen.
Der Grünen-Abgeordnete Michael Bloss sprach davon, dass zwar einige
Stellschrauben beim Klimaschutz angezogen worden seien. Das Ziel, die
Erderwärmung auf nicht mehr als 1,5 Grad zu begrenzen, werde so aber
nicht eingehalten. Liese betonte dagegen, dass es mit Blick auf dieses Ziel
auch vor allem darauf ankomme, weltweit Staaten von ambitionierten
Klimaschutzzielen zu überzeugen.
Gemischte Reaktionen aus der Industrie
Geteiltes Echo gab es aus der Industrie. "Mit der Zustimmung zur
Ausweitung des Emissionshandels hat das EU-Parlament eine wichtige
und richtige Entscheidung getroffen", sagte etwa Hildegard Müller vom
Verband der Automobilindustrie. Der Verband der Chemischen Industrie
(VCI) befürchtet, dass eine Transformation der Branche behindert
statt gefördert werde. Enttäuscht zeigte sich auch der Bundesverband
der Deutschen Luftverkehrswirtschaft.
Die deutsche Autoindustrie begrüßt die aktuellen Vorschläge des EU-Parlaments.Bild: SVEN SIMON / Frank Hoermann/SVEN SIMON
Die Einigung wurde von Christ- und Sozialdemokraten sowie den
Liberalen im Europaparlament ausgehandelt, aber auch von Grünen
getragen. Vor zwei Wochen war im Parlament ein erster Vorschlag zu
dem Thema gescheitert. Aus Sicht des SPD-Abgeordnete Tiemo Wölken
hätte dieser den Emissionshandel entscheidend verwässert.
CO2-Zoll an EU-Außengrenzen
Das Parlament sprach sich zudem dafür aus, einen Klimasozialfonds und
eine Art CO2-Zoll an den EU-Außengrenzen einzurichten. Mit dem
CO2-Zoll soll verhindert werden, dass günstigere Produkte, die aber
klimaschädlicher im Ausland hergestellt wurden, zum Problem für
EU-Unternehmen werden.
"Zum ersten Mal in der Geschichte werden wir einen Fonds haben, der
speziell Energie- und Mobilitätsarmut entgegenwirkt", teilte die
Grünen-Politikerin Katrin Langensiepen mit. Ihr CDU-Amtskollege
Dennis Radtke betonte: "Bis 2027 stehen dafür mindestens 32.78
Milliarden Euro zur Verfügung." Ab 2028 bestehe die Möglichkeit, dass
ein Gesamtvolumen von 144.4 Milliarden Euro erreicht werden könne.
Wölken betonte in diesem Zusammenhang, dass Menschen mit geringem
Einkommen deutlich weniger Treibhausgase ausstießen, aber von höheren
Preisen auf Emissionen stärker betroffen seien.
(si/dpa)
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