Rekord-Temperaturen und ausbleibender Regen führen in vielen Gegenden zu drastischen Rückgängen bei der Ernte. Was für uns vor allem durch höhere Preise an der Supermarktkasse deutlich wird, bringt manche Landwirt:innen akut in Not.
watson hat mit zwei Junglandwirt:innen darüber gesprochen, wie es ihnen nach dem Dürrejahr geht und was die Folgen der Klimakrise für sie persönlich bedeuten.
Die junge Landwirtin Anna-Maria Stürzer, 21 Jahre alt, bewirtschaftet gemeinsam mit ihrem Vater einen landwirtschaftlichen Betrieb in Höhenkirchen südöstlich von München.
"Letztes Jahr hatten wir schon einen ziemlich großen Schaden durch Hagel. Das haben wir zum Glück ersetzt bekommen, weil wir versichert sind. Aber wenn wir letztes Jahr schon so große Einbußen gehabt hätten und dieses Jahr durch die Dürre wieder, dann wäre das ziemlich problematisch für uns.
Wir Landwirte müssen Dünger, Saatgut und Diesel ja im Voraus kaufen, was durch den Krieg und die Inflation super teuer ist. Wenn sich die Klimakrise aber weiter verschlimmert – und momentan wird es ja von Jahr zu Jahr schlimmer –, dann kann es im schlimmsten Fall passieren, dass man extrem viel investiert, aber kein Geld wiedersieht. Man kann schon sagen: Je schlimmer die Klimakrise wird, umso schlimmer wird es auch mit unserem Risikomanagement.
Aber aufzugeben, kommt für uns nicht infrage. Wir versuchen immer, irgendwie einen Weg und neue Möglichkeiten zu finden, indem wir zum Beispiel neue Kulturen wie Soja anbauen. Soja braucht nämlich nicht so viel Wasser, was angesichts des ausbleibenden Regens ganz gut ist. Dann haben wir auch mehrere Kulturen, damit wir uns nicht von einer so abhängig machen. Wenn eine komplett zerstört ist, haben wir zumindest noch andere, durch die wir das ausgleichen können.
Ich habe immer gesagt, dass wir was brauchen, das den Boden auflockert und ein bisschen Humus aufbaut. Vom Staat gab es dann auch ein Förderprogramm, wenn man fünf verschiedene Kulturen anbaut, beziehungsweise 30 Prozent blühende Kulturen. Zum Beispiel Raps, Soja, Luzerne oder Kleegras. Das haben wir dann auch gemacht.
Auch, wenn dieses Programm bald auslaufen wird, werden wir das weiter so machen, weil es einfach eine gute Sache ist.
Aber klar, ich wachse jetzt schon mit der Klimakrise auf, dadurch kenne ich es ja auch nicht wirklich anders. Für meinen Papa ist das alles sehr erschreckend, er ist eine ganz andere Situation in der Landwirtschaft gewohnt.
Wenn jetzt die Ernte schlecht ausfällt, bedeutet das für uns klar: weniger Einnahmen. Dann kann man sich zum Beispiel kein Geld mehr für die Maschinen beiseitelegen und muss gucken, wie man irgendwie von dem Geld noch leben kann. Wir haben noch ein paar Wohnungen, die wir vermieten, dadurch ist es für uns jetzt nicht ganz so schlimm. Aber wir werden schon sehen müssen, wie wir das in Zukunft weiter hinbekommen."
Oliver Albert (27) aus der Nähe von Freiburg betreibt gemeinsam mit seinem Onkel einen Rindermastbetrieb in vierter Generation.
"Das Jahr hat eigentlich richtig gut angefangen: Wir hatten schöne Niederschläge und die Kulturen sind gut gekommen. Aber dann kam die Trockenheit. Der Weizen und die Gerste sind noch ganz gut gekommen, aber den Mais mussten wir jetzt eineinhalb Monate früher ernten als eigentlich und die Kolben sind auch nicht gut gewachsen, weil sie kaum Wasser bekommen haben.
Wir mussten die doppelte Fläche für uns selbst einlagern und häckseln, um auf die gleiche Menge zu kommen, wie letztes Jahr – und dann müssen wir wahrscheinlich noch mehr zufüttern, damit die Rinder gut ansetzen.
Was wir selber nicht brauchen, verkaufen wir. Aber weil die Ernte in diesem Jahr so schlecht ausgefallen ist, fallen zusätzlich dazu auch die Einnahmen noch schlechter aus.
Dazu kommt noch, dass wir nach den letzten drei trockenen Jahren richtig viel Geld ausgegeben haben, um unsere Graslandschaft wieder richtig herzustellen – und jetzt hat der trockene Sommer das wieder kaputt gemacht. Statt vier Schnitten hatten wir nur drei – und jeweils nur einen geschätzten Ertrag von 70 Prozent.
In der Landwirtschaft ist es ein bisschen schwierig, auf den Klimawandel zu reagieren. Viele Naturschützer sagen, dass wir nur noch Heu machen sollen, anstatt auch noch Silage zu machen, wo man die Wiese häufiger räumen kann.
Aber so einfach ist das nicht: Dann hätten wir erstens weniger Futter, müssten also weniger Tiere halten und hätten entsprechend weniger Einnahmen. Und zweitens hätten wir weniger natürlichen Dünger für unsere Felder. Es ist also wirklich alles nicht so einfach.
Man lernt nie aus – gerade jetzt mit Blick auf den Klimawandel. Man merkt, dass es von Jahr zu Jahr schwieriger wird, weil die Zeitfenster kürzer werden: Früher hatte man vier Wochen Zeit, um sein Getreide zu ernten, heute hat man vielleicht noch zwei.
Wir denken also schon viel darüber nach, was wir anders machen können, um besser mit diesen Schwierigkeiten umgehen zu können. Das Problem ist nur: Man kann zwar viel ausprobieren, aber das kostet auch immer gleich viel Geld und birgt für uns hohe finanzielle Risiken, wenn es nicht funktioniert. Ich bin immer voll dafür, Neues auszuprobieren und mein Onkel bremst mich da immer so ein bisschen.
Auch, wenn es schwieriger wird, übers Aufgeben haben wir eigentlich noch nie ernsthaft nachgedacht. Wenn die Bundesregierung weiter die Strategie verfolgen sollte, die Tiermast herunterzufahren, dann würde ich vielleicht ein paar weniger Tiere halten, jetzt haben wir zwischen 80 und 90 – aber ganz ohne Rinder? Das könnte ich mir nicht vorstellen."