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Klima: Altmaier ändert Kurs und will Klimaschutz mit neuer Charta Vorrang geben

Klima- und wirtschaftspolitische Vorschlaege des Bundeswirtschaftsministers in Berlin Aktuell, 11.09.2020, Berlin, Peter Altmaier beim Pressestatement im Bundeswirtschaftsministerium zum Thema klima-  ...
Peter Altmaier plant eine "Charta für Klimaneutralität und Wirtschaftskraft".Bild: imago images / Political-Moments
Klima & Umwelt

Altmaier will "historischen Kompromiss" und Vorrang für Klimaschutz

11.09.2020, 14:1028.09.2020, 11:34
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Es soll ein "historischer Konsens" werden: Mit einem persönlichen Vorstoß hat Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) dafür geworben, dass Klimaschützer und Wirtschaft im Kampf gegen die Erderwärmung an einem Strang ziehen. Altmaier stellte dafür am Freitag seinen Plan für eine "Allianz von Gesellschaft, Wirtschaft und Staat für Klimaneutralität und Wohlstand" vor. Nützen sollen die 20 Vorschläge des Ministers nicht nur dem Klima, sondern über mehr Planungssicherheit auch den Unternehmen.

Zentraler Punkt des Vorstoßes ist, dass noch vor der Bundestagswahl im Herbst kommenden Jahres - also bevor der Wahlkampf und dann eine gegebenenfalls langwierige Regierungsbildung das politische Tagesgeschäft bestimmen - partei- und fraktionsübergreifend eine "Charta für Klimaneutralität und Wirtschaftskraft" von Bundestag und Bundesrat verbindlich beschlossen werden soll. Ziel sei, "klimapolitischen Stillstand" zu verhindern, sagte Altmaier bei einer Pressekonferenz in Berlin.

Das soll die "Charta für Klimaneutralität und Wirtschaftskraft" beinhalten

Diese Charta, die auch anderen gesellschaftlichen Organisationen wie beispielsweise den Kirchen offensteht, soll demnach das Ziel der Klimaneutralität bis spätestens 2050 festschreiben und dafür konkrete Minderungsziele für jedes einzelne Jahr zwischen 2022 und 2050 definieren. Dabei sollen die noch anstehenden Beschlüsse der Europäischen Union zu den Treibhausgaszielen 2030 dem Altmaier-Plan zufolge "berücksichtigt und umgesetzt" werden.

Auf europäischer Ebene wird derzeit noch um das genaue Ausmaß der Klimaschutz-Ambitionen gerungen. Während die EU-Kommission eine Erhöhung des derzeitigen Klimaziels für 2030 von 40 Prozent Emissionsreduktion auf 50 bis 55 Prozent vorgeschlagen hat, zunächst aber noch die Machbarkeit überprüfen will, hatte sich der Umweltausschuss im EU-Parlament am Donnerstag darauf verständigt, sich für eine Reduzierung der Treibhausgasemissionen um 60 Prozent einzusetzen.

Altmaier äußerte sich nicht zu den konkreten Zahlen, betonte jedoch, dass nur noch eine "begrenzte Zahl von Jahren" zur Verfügung stehe, um die Erderwärmung einzudämmen. "Dann schließt sich das Fenster der Gelegenheit", sagte er.

Altmaier beklagte:

"Wir gehen seit Jahrzehnten einer ökologischen Katastrophe entgegen."

Insgesamt sei noch nicht entschieden genug reagiert worden. Es drohten "existenzielle Folgen" für die gesamte Menschheit und "insbesondere auch für unsere junge Generation".

Altmaier: Umweltschützer und die Wirtschaft müssten an einem Strang ziehen

Von seinem Vorstoß erhoffe er sich nun eine "sachliche Diskussion" und setze darauf, dass es noch vor der parlamentarischen Sommerpause im kommenden Jahr eine Einigung auf den Konsens gebe.

In den vergangenen Jahrzehnten habe es in der Klimadiskussion häufig zwei Fronten gegeben, sagte Altmaier: Zum einen überzeugte Klimaschützer, die der Auffassung gewesen seien, dass Industrie etwas Schlechtes sei - und umgekehrt viele aus dem Bereich der Wirtschaft, die Klimaschutzmaßnahmen hätten verhindern wollen, weil sie der Auffassung gewesen seien, dass dies ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit beschädige.

"Aus dieser Gegenüberstellung sei "im Laufe der Zeit wenig Gutes geworden", sagte Altmaier. Umweltschützer und die Wirtschaft müssten erkennen, dass sie nur "gemeinsam gewinnen" könnten.

Auch Reform der CO2-Bepreisung geplant

Der 20-Punkte-Plan enthält überdies Vorschläge zur Reform der CO2-Bepreisung und der schrittweisen Absenkung der EEG-Umlage. Außerdem soll künftig ein bestimmter Prozentsatz des Bruttoinlandsproduktes (BIP) jedes Jahr für Klimaschutz und Wirtschaftsförderung zur Verfügung stehen.

Mit Blick auf die Wirtschaft sagte Altmaier, dass für diese das größte Problem die Ungewissheit darüber sei, welche Investitionen sich rentierten. Das führe dazu, dass Investitionen dann unterblieben. "Das können wir uns wirtschaftlich nicht leisten", sagte der Minister. Planungssicherheit über den Klimaschutz ist nach seinen Angaben deshalb auch im Interesse einer starken, mittelständisch geprägten Wirtschaft.

Kritik aus Opposition und SPD: "Zu spät, zu schwach, zu unverbindlich"

FDP und Linke reagierten mit scharfer Kritik auf Altmaiers Vorstoß. Der Linken-Bundestagsabgeordnete Lorenz Gösta Beutin bezeichnete die Vorschläge als "zu spät, zu schwach, zu unverbindlich". Zudem komme ein gesellschaftsübergreifender Klima-Kompromiss "der Abschaffung von Politik gleich und ist nicht mehr als eine leere Worthülse".

FDP-Fraktionsvize Michael Theurer erklärte, Altmaiers Vorstoß sei "der parteipolitische Vorbote von Schwarz-Grün. Wirtschafts- und klimapolitisch setze der Minister "auf eine quasi CO2-Steuer und Verstaatlichungen anstatt auf soziale Marktwirtschaft."

Auch die SPD äußerte sich skeptisch. "Bundesminister Altmaier redet von Zielen, ohne ansatzweise seine Hausaufgaben zu machen. Er tut jetzt, als sei er der Vorausschauende, Tatkräftige, dabei kommt er bei den Schlüsselthemen seit Jahren nicht voran", sagte Fraktionsvize Matthias Miersch dem RND.

Altmaier habe beim Klimaschutz die ganze Legislaturperiode über auf der Bremse gestanden, zum Beispiel in dem er hohe Mindestabstände zwischen Wohnhäusern und Windkraftanlagen gefordert und das Erneuerbaren Energien Gesetzes (EEG) nicht ausreichend reformiert habe, so Miersch weiter. Es sei "absolut unglaubwürdig", das der gleiche Minister sich nun als Reformer inszeniere. "Er ist wie ein Schüler, der von einem 1,0 Abi spricht, aber ständig schwänzt", so Miersch.

Sören Bartol, ebenfalls stellvertretender Fraktionschef der SPD, warf dem CDU-Politiker "Politiksimulation" vor. "Der Minister schreibt schöne Papiere und lässt sich von seiner Fraktion und Partei dann immer wieder lahmlegen", sagte Bartol dem RND. "Ein Plan nach dem nächsten und nichts davon wird umgesetzt."

(hau/afp)

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