Am Dienstag wurde bekannt, dass die Bundesregierung bundesweit Zahlungen aus mehreren Corona-Hilfsprogrammen gestoppt hat. Betroffen sind laut dem Wirtschaftsmagazin "Business Insider" November- und Dezemberhilfen sowie die Überbrückungshilfen I bis III.
Die Bundesregierung stoppte die Zahlungen, weil sich Unbekannte mit falschen Identitäten beim Wirtschaftsministerium als prüfende Dritte registriert und dann für echte Unternehmen Hilfen beantragt hatten. Das Geld floss dann auf die Konten der Betrüger. Offenbar fiel das Bund und Ländern bis vorige Woche nicht auf, obwohl diese die Anträge regulär prüfen sollen. Inzwischen sind Ermittlungsbehörden eingeschaltet.
Andrea Belegante, Hauptgeschäftsführerin vom Bundesverband der Systemgastronomie nennt den Stopp der Hilfszahlungen einen weiteren "schweren Schlag" für die Betriebe. "Die ehrlichen und anständigen mittelständischen Unternehmerinnen und Unternehmer, die sich ohnehin in enormer Not befinden und Angst um ihre Unternehmen und Mitarbeiter haben, sind jetzt doppelt geschädigt", sagt sie.
Von den Betrieben habe sie bereits Rückmeldungen erhalten, die "von Unverständnis, Wut, Hilflosigkeit und massivem Frust" geprägt seien. "Nach wie vor sind November- und Dezemberhilfen an vielen Stellen immer noch nicht angekommen. Unsere Mitgliedsunternehmen leisten erhebliche Anstrengungen, die Hilfen nach bestem Wissen und Gewissen zu beantragen. Dann sehen zu müssen, wie andere das System ausnutzen, macht schlicht fassungslos", erzählt Belegante.
Alexander Kritikos ist Forschungsdirektor Entrepreneurship am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin. Er sagt: "Der Stopp der Hilfezahlungen ist für die Betriebe, die bisher nur Abschlagszahlungen erhalten haben, eine weitere schlechte Nachricht. Hilfen werden in solchen Zeiten schnell benötigt. Es geht ja darum, den Betrieben zumindest zu ermöglichen, ihre Kosten zu decken". Der Stopp der Zahlungen könne daher fatale Folgen haben. "Das kann unter Umständen dazu führen, dass manchen Betrieben die Luft ausgeht und sie schließen müssen", so Kritikos.
Seiner Meinung nach habe man für die Hilfsprogramme nicht den besten Weg gewählt. "Diese Programme lösen immer betrügerische Aktivitäten aus und sie hätten besser geschützt werden können, wenn man das über die Finanzämter gemacht hätte und eben nicht über dritte Steuerberater und die Länderbanken, die nicht über die Informationen verfügen, über die die Finanzämter verfügen. Die Finanzämter würden nicht an betrügende Steuerberater, sondern direkt an die Unternehmen auszahlen", sagt er.
Das Wirtschaftsministerium reagierte bisher nicht auf eine Anfrage von watson. Wann die Zahlungen wieder angewiesen werden ist derzeit unklar. Ebenso unklar ist, um wie viele Anträge es geht und wie hoch die beantragten und ausgezahlten Gelder sind. Laut "Business Insider" soll der mutmaßliche Schaden aber bei mindestens 15 Millionen Euro liegen.
Belegante fordert indes eine schnelle Aufklärung des Betrugs. "Es ist eine Schande, sich durch derart schäbiges, kriminelles Verhalten auf Kosten der Gesellschaft und notleidender Unternehmen zu bereichern. Das muss nun schnellstens aufgeklärt und konsequent strafrechtlich verfolgt werden", so Belegante.