Seit Montagmorgen ist Deutschland um einen spektakulären Kunstraub reicher (und ein paar historische Schmuckstücke ärmer).
Einbrecher drangen in das historische Grüne Gewölbe ein, brachen eine Vitrine auf und rissen sich unter anderem Juwelen aus der "Diamantrosengarnitur" und der "Brillantgarnitur" unter den Nagel.
Unter den entwendeten Objekten befand sich auch die "Epaulette mit dem sächsischen Weißen Brillanten" aus der "Brillantgarnitur", einem besonders großen Diamanten mit einem Gewicht von 49,84 Karat. In diesem Schmuckstück befinden sich zudem noch zwei weitere größere Brillanten mit 39,5 sowie 21 Karat.
Das klingt für Laienohren nach – Achtung, Wortspiel – viel Kohle. Doch was sind die Schmuckstücke wirklich wert?
Diese Frage stelle ARD-Talkerin Sandra Maischberger der Kunsthistorikerin Dr. Heide Rezepa-Zabel, bekannt vor allem aus der beliebten ZDF-Trödelrampe "Bares für Rares". Dort gibt die Expertin regelmäßig ihre Einschätzung zu allerhand Altem, von dem sich Menschen für ein paar Scheine trennen wollen.
Nun also war eine Expertise für Diebesgut gefragt. Die Kunsthistorikerin erklärte zunächst, der Wert der Stücke sei vor allem in seinem kulturellen Zusammenhang zu bemessen, also als Ausstellungsstücke im Grünen Gewölbe, das seinerseits in Dresden zu finden ist, einer der Hauptstädte barocker Pracht des 18. Jahrhunderts.
Zudem gehörten die Steine in ein Schmuckstück und in diesem zu den Garnituren, mit denen sich ihr ursprünglicher Eigentümer, Sachsenkönig August der Starke, zu schmücken pflegte.
"Dieser kulturelle Rahmen geht verloren, wenn man die Steine verkauft", sagte Rezepa-Zabel.
Maischberger hakte nach: "Sie haben jetzt keine Zahl genannt." Sie habe gelesen, der Wert würde auf eine Milliarde Euro geschätzt, versuchte die ARD-Talkerin ihrem Gast dann eine greifbare Wertschätzung zu entlocken.
"Das ist sicher sehr hoch gegriffen", werte Rezepa-Zabel ab. Die Stücke seien so, wie sie aus dem Grünen Gewolbe geklaut wurden, unverkäuflich, jeder (Kunstinteressierte) kenne sie. Wolle man sie dennoch verkaufen, müsste man die Steine aus den Schmuckstücken herausbrechen und umschleifen, dann wären sie "nicht ohne weiteres" zurückzuverfolgen. Bei einem Umschliff würden allerdings 60 bis 90 Prozent eines Steines verloren gehen.
"Das ergibt keinen Sinn", waren sich Maischberger und Rezepa-Zabel an dieser Stelle einig. Eine Zahl war bis dahin immer noch nicht gefallen, dann wagte sich die Expertin zaghaft vor.
Am Beispiel des "Dresdner Weißen", dem größten geklauten Klunker, rechnete die Kunsthistorikerin vor:
Wenn, und das ist ein großes "Wenn", man ihn den verkaufen kann.
Und wer stiehlt dann solche Kunstwerke, die entweder unverkäuflich sind, deren Wert sich nur in ihrem kulturellen Zusammenhang richtig bemessen lässt und die, wollte man sie wirklich verkaufen, derart umgearbeitet werden müssten, dass über die Hälfte ihrer Masse als feiner Staub auf dem Boden einer Diamantschleiferei endet?
"Es könnte eine Auftragsarbeit gewesen sein", mutmaßte Rezepa-Zabel während der Sendung. "Vielleicht wurde auch etwas versprochen, das dem kulturellen Wert entspricht." Was das sein könnte, sagte die Expertin nicht. Dass ein Sammler, der sich "im stillen Kämmerlein" als August, der Starke verkleiden möchte, einen Solchen Auftrag erteilt haben könnte, wollte Rezepa-Zabel nicht ausschließen.
(pcl, mit dpa)