In der ARD bekam der Rechtspopulist Uwe Junge zur besten Sendezeit viel Redezeit – das wird von den Zuschauern von "Hart aber Fair" nun kritisiert. ard
Analyse
ARD-Moderator ließ AfD-Mann mit Abstand meiste Redezeit – nun äußert sich "Hart aber fair"
Der TV-Talk "Hart aber Fair" mit Moderator Frank Plasberg wurde am Montagabend in der ARD zum Aufreger. Nicht nur die Diskussionsteilnehmer gerieten sich heftig in die Haare, auch im Netz sorgte die Talkshow schon vor der Ausstrahlung für eine Welle der Empörung.
Anlass der Debatte war der Fall Walter Lübcke. Anfang Juni war der CDU-Politiker und Kasseler Regierungspräsident erschossen worden.
Dass zu diesem Thema Uwe Junge, Vertreter der rechtspopulistischen AfD, von Plasberg eingeladen wurde, hatte schon im Vorfeld der Sendung für Kritik gesorgt.
Im Netz warfen Nutzer Junge und seiner AfD vor, den Hass auf den ermordeten Lübcke gesät zu haben.
Schon vor der Sendung bezog das Plasberg-Team Stellung zur Kritik an der Einladung des Rechtspopulisten: "Hart aber fair ist eine Diskussionssendung, in der je nach Thema die demokratisch gewählten Parteien zu Wort kommen. Die AfD ist die größte Oppositionspartei im Bundestag und gerade bei unserem aktuellen Thema von besonderer Relevanz."
Junge dominierte "Hart aber Fair" – oder zumindest durfte er am längsten reden
Der Gesprächsverlauf in der Sendung wurde von vielen Beobachtern kritisiert – auf Spiegel Online wurde die Sendung als "Trauerspiel" bezeichnet. Moderator Plasberg sei es nicht gelungen, "irgendeine Verbindung zwischen rechtem Terror und der AfD herzustellen." Die "Bild" attestierte der Talkshow "stark verdünntes Realitätsbewusstsein".
Online beschwerten sich viele Nutzer darüber, dass Junge von Plasberg deutlich mehr Gelegenheiten bekam, sich zu äußern – und am Ende der Show geradezu gönnerhaft meinte: "Sie hatten das letzte Wort. Ich hoffe, sie hatten nicht den Eindruck, an einem Tribunal teilgenommen zu haben."
Tatsächlich bekam Junge bemerkenswert viel Redezeit von Plasberg eingeräumt:
Ganze 19 Mal durfte der Rechtspopulist in der Show das Wort ergreifen – sein lautstärkster Kritiker, der Rechtsanwalt Mehmet Daimagüler, kam nur auf sechs Redebeiträge.
Herbert Reul (CDU), der als NRW-Innenminister eigentlich durchaus über politisches Gewicht fügt, meldete sich elfmal zu Wort. Auf den Journalisten Georg Mascolo entfielen sechs Redebeiträge, Irene Mihalic (Bundestagsabgeordnete der Grünen) durfte achtmal etwas sagen.
Die Redeanteile der "Hart aber Fair"-Teilnehmer in Minuten:
1. Uwe Junge (AfD): 15,20 Minuten 2. Georg Mascolo (Journalist): 9,47 Minuten 3. Herbert Reul (CDU): 7,20 Minuten 4. Mehmet Daimagüler (Anwalt): 7,14 Minuten 5. Irene Mihalic (Grüne): 5,37 Minuten
gerundet
In der Talkshow betonte TV-Moderator Frank Plasberg immer wieder, er wolle Junge in den Diskurs einbinden, ihm die Möglichkeit geben, sich und seine rechtspopulistische Partei gegen die Vorwürfe zu verteidigen.
Klar ist: Dem AfD-Politiker gelang es, den Talk-Abend in der ARD zu dominieren, in den ersten beiden Dritteln der Sendung arbeiteten sich die Gäste an Junge und seinen Rechtspopulisten ab. Der Landespolitiker aus Rheinland-Pfalz konnte die Aufmerksamkeit an seiner Person dafür nutzen, mehrfach für seine Partei zu werben.
So erinnerte Junge an die bevorstehende Landtagswahl in Sachsen und betonte das angeblich gute Verhältnis seiner Partei zu Polizei und Bundeswehr. CDU-Politiker Reuel konnte nur genervt auflachen – doch eine richtige Entgegnung gelang dem NRW-Innenministeran diesem Abend nicht.
Stattdessen sagte die Gruppe nicht mehr allzu viel. Die Runde um Moderator Plasberg war sogar zwei Minuten vor dem eigentlichen Ende der Sendung am Gesprächsende angelangt, und Plasberg fragte bemüht, ob "jemand noch etwas sagen möchte, was ihm auf dem Herzen liegt, etwas geraderücken vielleicht".
Kritik an der Gestaltung des Talkabends wäre da angebracht gewesen. Doch die blieb aus.
Das sagt die "Hart aber fair"-Redaktion
Update: Am Dienstagnachmittag reagierte die "Hart aber fair"-Redaktion auf eine watson-Anfrage und erklärte die Redezeit Junges so: "Grundsätzlich möchten wir betonen, dass die Gesprächsführung natürlich Aufgabe des Moderators ist, wir unsere Gäste im Vorfeld aber stets dazu motivieren, auch selbst das Wort zu ergreifen. Bei der gestrigen Sendung gab es am Panel inhaltlich eine klare 1:4- Konstellation. Dies führte dazu, dass Herr Junge nicht nur vom Moderator sondern regelmäßig auch von den anderen Diskussionsteilnehmern direkt adressiert wurde. Das erklärt seinen hohen Redeanteil. In der Summe kamen die Gegenpositionen zu Herrn Junge jedoch deutlich mehr und länger zu Wort."
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