Am 26. September ist Bundestagswahl. Neben den etablierten Parteien haben 87 Kleinparteien ihre Beteiligung beim Bundeswahlleiter angezeigt. Das bedeutet, sie haben schriftlich erklärt, an der Wahl teilnehmen zu wollen. Bis spätestens 79 Tage vor der Wahl, also vergangenen Freitag, muss der Wahlausschluss feststellen, welche Parteien zur Wahl zugelassen sind.
Als etabliert gelte eine Partei, wenn sie seit der vergangenen Bundestagswahl entweder im Bundestag oder in einem Landtag ununterbrochen mit mindestens fünf Abgeordneten vertreten gewesen sei, heißt es auf der Seite des Bundeswahlleiters. Etablierte Parteien sind also die CDU und CSU, die SPD, die Grünen, die Linken, die FDP und die AfD,
"Im Falle einer Anerkennung als Partei kann die Vereinigung mit eigenen Wahlvorschlägen an der Bundestagswahl teilnehmen", steht auf der Internetseite des Bundeswahlleiters. Werde die Partei abgelehnt, könne sie als sogenannte Wählergruppe auf Kreisebene kandidieren. 44 der 87 Kleinparteien wurden vom Ausschuss zur Wahl zugelassen. Damit stehen 53 Parteien zur Wahl. Zum Vergleich 2017 waren es 42 Parteien, die zur Wahl standen.
Watson hat mit dem Politikwissenschaftler Wolfgang Schroeder darüber gesprochen, ob eine solche Menge an Parteien demokratiefördernd ist oder nicht.
Die Bildung von Parteien stehe jedem Menschen zu, erklärt der Politikwissenschaftler. Deshalb sei sie ein wichtiger Teil der Demokratie. Was bei dieser Wahl auffällig ist: "Es gibt eine Zunahme an Parteien, gerade im grünen Bereich und im rechten Lager", sagt Schroeder. Zugelassen zur Wahl wurde unter anderem die Partei "Der Dritte Weg". "'Der Dritte Weg' ist eine rechtsextremistische Partei, bei der zu überlegen wäre, ob ein Verbot angestrebt werden sollte", sagt Schroeder. Bei der Zulassung des Bundeswahlausschusses geht es allerdings nicht um die Prüfung der politischen Richtung der Parteien, sondern darum, ob die formellen Voraussetzungen erfüllt sind.
Ein Parteienverbot könne über das Bundesverfassungsgericht angestrebt werden, erklärt der Wissenschaftler. Das sei ein Vorteil am politischen System der Bundesrepublik Deutschland: "Es gibt nicht nur eine Instanz." Trotzdem habe auch der Wahlausschuss die Möglichkeit zu prüfen, ob sich Parteien beispielsweise an das Parteiengesetz hielten.
Jede Partei repräsentiere außerdem ein bestimmtes Interesse in der Bevölkerung: die Kleineren meist Partikularinteressen. "Sie leisten einen Beitrag an der Demokratie, indem sie die Pluralität der Interessen und Sichtweisen aufgreifen, die sich zu wenig berücksichtigt sehen", erklärt der Politikwissenschaftler. Gerade neu gegründete Parteien seien in der Regel eine Antwort auf bestehende Defizite.
Ein Beispiel hierfür sei eine Partei, die in diesem Jahr sogar eine Kanzlerinnenkandidatin stellt: die Grünen. Das Glück der Partei sei die Festsetzung auf ein Thema gewesen, das sich im Nachgang als gesellschaftliches Konfliktthema manifestiert habe. So sei es der Partei gelungen, sich dauerhaft zu etablieren. "Jede neue Partei, die sich den Themen Klima und Umwelt annehmen möchte, sieht sich damit konfrontiert, dass dieses Segment schon besetzt ist", sagt Schroeder.
Ob es für die etablierten Parteien problematisch sein kann, wenn die Kleinparteien zu viele Stimmen abgreifen, auch wenn sie nicht ins Parlament einziehen? "Das kann problematisch sein, denn so können viele Wählerstimmen keine Repräsentation im Parlament erlangen", sagt der Politikwissenschaftler. Das sei zum Beispiel bei der Wahl 2013 passiert, als weder die FDP (4,8 Prozent) noch die AfD (4,7 Prozent) in den Bundestag einzogen sind, weil sie an der Fünf-Prozent-Hürde scheiterten.
Eine Senkung dieser Hürde sieht der Wissenschaftler nicht als angebracht an: "Der aufgeklärte Wähler ist gefragt", sagt er. Die Bürgerinnen und Bürger müssen sich also vor der Wahl darüber Gedanken machen, ob das Kreuz an der gesetzten Stelle Sinn ergibt, beziehungsweise, ob es für den Wählenden okay ist, dass die eigene Stimme eventuell nicht im Parlament repräsentiert wird.
Aber auch wenn die kleinen Parteien nicht in den Bundestag einziehen: treten sie bei der Wahl an und können mindestens 0,5 Prozent der Stimmen (bei der Bundestags- und Europawahl) oder 1 Prozent (bei einer Landtagswahl) auf sich vereinen, bekommen sie die staatliche Parteienfinanzierung. Für viele Parteien kann dieser staatliche Zuschuss wichtig sein, um ihre Existenz zu sichern. Welche Parteien berechtigt sind, lässt sich auf der Homepages des Deutschen Bundestages nachlesen.