Merz wittert eine Intrige, sagt die Verschiebung des Parteitags sei ein wahltaktisches Manöver, das ausschließlich seinem Konkurrenten Armin Laschet helfe.Bild: dpa / Michael Kappeler
Analyse
Die Wahl des neuen CDU-Vorsitzenden wird abermals verschoben. Der ursprünglich von April auf Anfang Dezember verlegte Parteitag wird wegen der aktuell hohen Corona-Infektionszahlen erneut vertagt. Das beschloss der CDU-Vorstand am Montag. Um den Vorsitz kandidieren der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet, der Außenpolitiker Norbert Röttgen und Ex-Unionsfraktionschef Friedrich Merz.
Vor allem Letzterer äußerte nach dem Beschluss sein Unverständnis und sprach sogar von der Aktion "Merz verhindern" in der CDU. Doch Friedrich Merz macht dabei einen wichtigen Denkfehler – und fügt den Christdemokraten mit seiner Aktion Schaden zu.
"Es läuft seit Sonntag der letzte Teil der Aktion 'Merz verhindern' in der CDU. Und das läuft mit der vollen Breitseite des Establishments hier in Berlin", sagte Merz am Dienstag in einem Interview mit der "Welt". Er wittert eine Intrige, sagt die Verschiebung sei ein wahltaktisches Manöver, das ausschließlich seinem Konkurrenten Armin Laschet helfe, der abwarten wolle, bis sich seine Umfragewerte verbessern. Merz trägt die Entscheidung der Parteiführung nicht mit: "Die Parteibasis will eine Entscheidung. Sie will sie jetzt. Und sie will mehrheitlich meine Person."
Merz' Denkfehler ist, dass die Basis nicht abstimmt
Doch Merz macht dabei einen großen Denkfehler. Der CDU-Vorsitzende wird eben nicht von der Basis, also von allen Mitgliedern gewählt. Sondern von den Delegierten eines Parteitags. Und unter diesen Umständen gilt Merz überhaupt nicht als Favorit. Sondern Armin Laschet.
"Die Basis stimmt nicht ab und der Druck auf die Delegierten ist nicht groß genug", um möglicherweise gegen den eigenen Willen für Merz zu stimmen, sagt Politikwissenschaftler Klaus Schroeder im watson-Interview. Die Mehrheit der Funktionäre sei für Laschet.
"Merz ist beliebt bei der Basis, aber mit dem Partei-Establishment hat er es sich nun verscherzt", erklärt Schroeder weiter.
Der Ministerpräsident Nordrhein-Westfalens hat zudem den größten Landesverband der Partei im Rücken. Außerdem gehört er als einziger Kandidat dem CDU-Präsidium an. Merz will Laschet als Person angreifen. Doch er scheitert damit. "Merz hat nur in Baden-Württemberg und im Osten Delegierte hinter sich. Aber ansonsten sind alle gegen ihn", sagt Schroeder.
Merz führt "deutlich in allen Umfragen?" Nicht ganz
Und in noch einem weiteren Punkt irrt sich Merz. Zwar liegt er tatsächlich in vielen Umfragen in Führung, bei denen die Unionsanhänger gefragt wurden, wen sie am liebsten als CDU-Chef haben möchten. Doch seine Aussage "Ich führe ja auch deutlich in allen Umfragen" stimmt schlicht nicht.
Das aktuelle Politbarometer der Forschungsgruppe Wahlen beispielsweise sieht Armin Laschet vor Merz . In der Beliebtheits-Liste werden Politikerinnen und Politiker nach Sympathie und Leistung beurteilt. In den Top Ten liegt Angela Merkel weiter auf Platz eins. Auf der Skala von +5 bis -5 erhält sie einen Durchschnittswert von 2,6. Von den Unionspolitikern folgen Markus Söder mit 1,6, Jens Spahn mit 1,5 und Heiko Maas mit 1,2.
Armin Laschets Bewertung liegt bei 0,6. Merz ist sogar Schlusslicht mit minus 0,1. Damit liegt er sogar hinter dem viel gescholtenen Innenminister Horst Seehofer, der 0,3 Punkte verzeichnet.
Diese Umfrage wird spätestens dann relevant für Merz, wenn es darum geht, als CDU-Chef oder sogar Kanzlerkandidat Stimmen für die Union sichern zu müssen. Dann hilft es nicht, nur den harten Kern der Unionsbasis begeistern zu können.
Friedrich Merz schadet der gesamten CDU
Mit seinen Aussagen jedenfalls schadet Merz nicht nur sich selbst (Politikwissenschaftler Schröder: "Friedrich Merz kann duschen gehen, für ihn ist das Spiel vorbei"), sondern auch der Union. Die Christdemokraten gelten in der Öffentlichkeit als konsensorientierte Partei. Diese Wahrnehmung ist wichtig für das Image als Partei der Mitte. Interne Grabenkämpfe zerstören dieses Bild. Ob die Wählerinnen und Wähler darauf reagieren, wird sich zeigen. Sollten die Umfragewerte fallen, wäre dies für die Partei fatal – und Merz müsste die Schuld aktuell wohl zu einem großen Teil auf sich nehmen. Viele werfen ihm ohnehin einen veralteten Politikstil vor.
(mse)
Für den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) muss letzte Woche im Bundestag wohl eine große Enttäuschung gewesen sein. Er hatte sich auf eine Debatte mit seinem Erzfeind und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) eingestellt. Dieser fehlte aber spontan aufgrund eines Defekts an einem Regierungsflugzeug und Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) musste für ihn einspringen.