Wer sich in China negativ über den Despoten Xi Jinping und die Kommunistische Partei äußert, muss mit dem Schlimmsten rechnen. Das gilt auch während der neu entflammten Anti-Lockdown- und Corona-Maßnahmen-Proteste.
Doch ausgerechnet in dieser angespannten Situation steht regierungskritischen Bürgerinnen und Bürgern ein wichtiges Hilfsmittel nicht mehr wie gewohnt zur Verfügung. Apple hat die abhörsichere Datenübertragungsfunktion AirDrop, die unter anderem für das schnelle Verteilen von digitalen Flugblättern eingesetzt wurde, massiv eingeschränkt.
Dieser Beitrag geht den wichtigsten Fragen nach und erklärt, welch fragwürdige Rolle Elon Musk und Twitter spielen.
Während das chinesische Regime unter Xi Jinping mit aller Härte gegen die größten Proteste seit der Demokratiebewegung von 1989 ("Tian’anmen-Massaker") vorgeht, sieht sich Apple mit schweren Vorwürfen konfrontiert: Das US-Unternehmen helfe beim Eindämmen der Proteste.
Am 9. November hat Apple ein Software-Update veröffentlicht, das in China die AirDrop-Funktion zeitlich einschränkt und damit den Demonstrierenden die schnelle und sichere Informationsverbreitung vor Ort erschwert.
Dazu muss man wissen, dass das iPhone in China sehr beliebt ist und Demonstrierende die in die Apple-Software integrierte Datenübertragungsfunktion nutzten, um die staatliche Überwachung und Online-Zensur auszutricksen.
Die in die Apple-Betriebssysteme integrierte Funktion ermöglicht es den Nutzerinnen und Nutzern, mit ihren Geräten Daten auf relativ kurze Distanz kabellos zu übertragen.
Wichtig zu wissen: AirDrop kommt ohne WLAN-Router oder Internetverbindung aus. Die iPhones (oder iPads, MacBooks etc.) sollten relativ nah beieinander sein (< 10 Meter), zudem muss Bluetooth und/oder WLAN eingeschaltet sein.
AirDrop ist insbesondere für den unkomplizierten, schnellen Austausch von Dateien wie Bildern, Dokumenten und Videos gedacht. Und dies angeblich abhörsicher verschlüsselt.
Zur Kommunikation zwischen den Geräten setzt Apple ein eigenes Peer-to-Peer-Protokoll namens "Apple Wireless Direct Link" (AWDL) ein. Es handelt sich um eine proprietäre Technik, deren Code nicht als Open-Source einsehbar ist.
AirDrop ist für Apple-User nicht nur praktisch im Alltag, sondern auch ein taugliches Mittel, um sich ohne Überwachung mit Dritten auszutauschen.
Nach dem Teilen per AirDrop sind auf dem Ziel- und Ausgangsgerät keine "verräterischen" Kontaktdaten zu finden.
In China lässt Apple den Datenaustausch zwischen Fremden nur noch während maximal zehn Minuten zu. Danach muss die entsprechende Option erneut aktiviert werden.
Das Unternehmen bestätigt Medienberichte, wonach die AirDrop-Einschränkung 2023 weltweit eingeführt werden soll. Zur Begründung heißt es, man wolle dadurch unerwünschtes Filesharing (wie etwa "Dick Pics") abschwächen.
Bloomberg-Journalist Mark Gurman schreibt:
Eine offizielle Stellungnahme dazu gibt es nicht.
Der Zeitpunkt der AirDrop-Einschränkung ist schon sehr verdächtig bzw. lässt vermuten, dass sie auf Wunsch respektive Verlangen des Regimes in Peking erfolgt ist.
Das "Handelsblatt" hat mit der deutschen Wirtschaftsethikerin Alicia Hennig gesprochen – und sie spricht von einem großen Abhängigkeitsverhältnis zu China. Während andere US-Techkonzerne auf Distanz zu Peking gegangen seien, habe Apple noch stärker auf die Volksrepublik gesetzt, "sowohl als Produktionsland als auch als Absatzmarkt".
Apple war auch schon in der Vergangenheit dafür kritisiert worden, dass es für chinesische User Änderungen vornahm, um das Regime in Peking zu besänftigen.
Bekanntlich lässt Apple in den chinesischen Fabriken von Foxconn und Co. einen großen Teil seiner neuen Hardware zusammenbauen. Um sich aus der Abhängigkeit von China etwas zu lösen, setzt Apple verstärkt auf andere Niedriglohn-Länder, was die Serienfertigung betrifft.
Dass die AirDrop-Funktion in Unrechtsstaaten von protestierenden Bürgerinnen und Bürgern genutzt wird, ist schon länger bekannt. 2019 gab es Berichte aus Hongkong. Dort geht das chinesische Regime unerbittlich gegen Demokratiebefürworter vor und überwacht deren Kommunikation. Darum lassen Aktivistinnen und Aktivisten Touristen aus Festlandchina Pro-Demokratie-Botschaften per AirDrop zukommen.
Schließlich ist auch an die Beziehungen zu erinnern, die Apple unter Tim Cook mit Peking pflegt. Trotz der von der US-Regierung erlassenen Wirtschaftssanktionen gegen chinesische Unternehmen (wie Huawei) kann Apple im Reich der Mitte weiter tätig sein und für seine Hardware-Produktion von einem riesigen Heer von Wanderarbeitern profitieren.
Elon Musk betätigte sich am Montag (28. November) erneut als geistiger Brandstifter, indem er Apple fälschlicherweise vorwarf, gegenüber seinem eigenen Unternehmen Zensur zu betreiben und die Meinungsfreiheit einzuschränken. Konkret geht es um den (seitens Apple nicht bestätigten) Vorwurf, man habe Twitter ohne Angabe von Gründen mit dem Rauswurf aus dem App-Store gedroht.
Zur Erinnerung: Apple ist ein privates Unternehmen, das für seine Plattformen Nutzungsbedingungen definieren und auch durchsetzen darf. Und Twitter wird immer mehr zum bevorzugten Sprachrohr der Extremisten – alles unter dem Deckmäntelchen freier Meinungsäußerung. Hingegen hat Apple unter CEO Tim Cook bekräftigt, entschieden gegen Hass, Gewalt, Belästigung und Rassismus vorzugehen.