Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat am Donnerstag Premiere gefeiert. Zum ersten Mal nahm er als Regierungschef in der Bundespressekonferenz Platz. Ganz in der Tradition seiner Vorgängerin Angela Merkel stellte er sich hier zum Ende der politischen Sommerpause den Fragen der versammelten Journalist:innen.
Und es gab viel zu besprechen: der Kurs der Bundesregierung beim Krieg in der Ukraine, die Energiekrise, die Inflation – und Scholz' Verwicklung in die Steueraffäre um die Hamburger Warburg Bank. Watson hat für dich die wichtigsten Aussagen des Kanzlers zusammengetragen.
Im Vorfeld wurden vor allem die Aussagen des Kanzlers zum sogenannten Cum-Ex-Skandal erwartet. In der Sommer-Pressekonferenz wies Scholz die Verantwortung dafür erneut von sich. "Es gibt keine Erkenntnisse darüber, dass es eine politische Beeinflussung gegeben hat", sagte Scholz und verwies auf die umfangreichen Untersuchungen der vergangenen zweieinhalb Jahre. "Ich bin sicher, dass diese Erkenntnis nicht mehr geändert werden wird."
Beim sogenannten "Cum-Ex"-Skandal verschoben Finanzakteur:innen Aktienpakete rund um den Dividenden-Stichtag in einem vertrackten System so, dass ihnen Steuern erstattet wurden, die sie nie gezahlt hatten. Ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft will eine mögliche Einflussnahme führender SPD-Politiker auf Steuerentscheidungen zur Warburg Bank klären. Dabei geht es auch um die Frage, welche Rolle Scholz als Hamburgs Erster Bürgermeister in der Affäre spielte.
Bei dem früheren SPD-Bundestagsabgeordneten Johannes Kahrs hat die Polizei jüngst eine große Menge Bargeld gefunden, die möglicherweise mit der Steueraffäre in Verbindung stehen könnte. Auf die Frage, was er über den Bargeldfund wisse, antwortete Scholz: "Nichts". Die Frage, ob er den Hamburger Sozialdemokraten Kahrs explizit zur Aufklärung auffordere, ließ der Kanzler unbeantwortet.
Ein weiteres zentrales Thema in der PK war der Kampf gegen die auch durch den Krieg in der Ukraine ausgelöste hohe Inflation. Scholz kündigte dabei weitere Entlastungen der Bürger:innen an. Man werde über die schon beschlossenen Pakete hinaus weitere Maßnahmen ergreifen müssen, sagte er. "Wir werden alles dafür tun, dass die Bürgerinnen und Bürger durch diese schwierige Zeit kommen." Dabei gehe es ihm um diejenigen, "die ganz wenig haben". Deshalb werde die Regierung beim Wohngeld etwas machen und das Bürgergeld einführen.
Watson-Politikredakteurin Joana Rettig wollte von Scholz wissen, welche konkreten Entlastungen für die bisher weitgehend unberücksichtigten Gruppe junger Menschen in Schule, Ausbildung und Studium geplant seien. Der Kanzler beteuerte, dass "alle Bevölkerungsgruppen" in den Blick genommen werden sollen. Konkrete Entlastungsschritte nannte er auch auf Nachfrage nicht.
Die von vielen befürchteten sozialen Ausschreitungen durch die gestiegenen Lebensmittel- und Energiepreise, sieht Scholz nicht kommen. Er ist sich sicher: "Wir werden uns unterhaken, das wird die deutsche Antwort sein."
Der Ukraine sagte Scholz weitere militärische und finanzielle Unterstützung zu, um sich gegen den russischen Angriffskrieg zur Wehr zu setzen. Der "verbrecherischer Krieg" des russischen Präsidenten Wladimir Putin bezeichnete Scholz als die aktuell "größte Herausforderung". Es werde keinen Diktatfrieden zu den Bedingungen Russlands geben, bekräftigte der Kanzler.
Im Umgang mit Russland will Scholz nicht auf die Dienste von Altkanzler Gerhard Schröder setzen. Der hatte sich im Vorfeld mehrfach als möglicher Verhandlungshelfer positioniert. Auf die Frage, ob Schröder für die Regierung noch mal nützlich sein könne, antwortete Scholz: "Ich wüsste nicht."
Bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie sicherte Scholz den Bundesländern zu, dass sie auch im Herbst und Winter Schutzmaßnahmen im Fall einer verschlechterten Corona-Lage ergreifen können. Die Bundesregierung habe einen Vorschlag für "gesetzliche Rahmenbedingungen für Handlungsmöglichkeiten der Länder" vorgestellt. Er verwies damit auf ein Anfang August vorgelegtes Schutzkonzept von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und Justizminister Marco Buschmann (FDP).
Scholz sagte weiter: "Unser Programm ist, dass wir, wenn der Bundestag im September zusammenkommt, diese Gesetze gleich beschließen, sodass es einen unmittelbaren Anschluss für Handlungsmöglichkeiten für den ganzen Winter gibt, wenn die Gesetze, die heute gelten, am 23. September auslaufen." Er versicherte: "Das wird klappen."
(nik/ mit Material von dpa)