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"Hart aber fair" ohne Frank Plasberg: So lief der Zins-Talk mit Vertretung Susan Link

ARD-Moderatorin Susan Link.
ARD-Moderatorin Susan Link. Bild: screenshot ard
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"Hart aber fair" ohne Plasberg: So lief der Zins-Talk

28.01.2020, 14:58
dirk krampitz
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Die Talkshow "Hart aber fair" ist untrennbar mit ihrem Moderator Frank Plasberg verbunden. Am 31. Januar 2001 lief die erste Ausgabe im WDR, 2007 wanderten Moderator und Sendung in die ARD. In der Ausgabe am Montag wird Plasberg allerdings vertreten.

Die neue Moderatorin weiß, dass sich die Stamm-Zuschauer wundern: "Wenn Sie sich fragen: Warum ist sie da und er nicht? Frank Plasberg ist krank. Lieber Frank, gute Besserung, komm bald wieder. Das ist dein Platz, ich halte ihn warm, bis du wieder da bist", stellt die Ersatz-Moderatorin Susan Link kurz nach Beginn der Sendung gleich einmal klar.

Frank Plasberg leidet an einem Ausfall des Gleichgewichtsorgans, teilt die ARD mit, darum falle er aus. In der vergangenen Woche ist die Sendung ausgefallen, ab dieser Woche übernimmt Susan Link für einige Ausgaben.

In der ARD ist sie keine Unbekannte: Sie führte – ebenfalls als Vertretung – schon durch den "Kölner Treff" im WDR, ist Teil der Expertenriege bei "Maischberger" und dürfte den Zuschauern auch aus ihrer Zeit beim "Morgenmagazin" bekannt sein. Und kurz gesagt: Sie macht ihre Sache gut.

Sie hat ihre Gesprächsrunde im Griff, manchen spöttischen Einwurf parat und führt kompetent durch den Abend. Außerdem tippt sie nicht so albern auf dem Tablet herum, wie es Plasberg immer tut, um Filme zu starten. Das Thema an diesem Abend lautet: "Wer jetzt noch spart, ist selber schuld: Muss uns die Politik vor den Minuszinsen retten?". Fünf Gäste hat sie dafür im Studio:

  • CSU-Generalsekretär Markus Blume
  • Christian Achilles, Leiter Kommunikation des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV)
  • Linke-Bundestagsabgeordnete Sahra Wagenknecht (Linke)
  • ARD-Börsenexpertin Anja Kohl
  • Dorothea Mohn, Leiterin des Teams Finanzmarkt beim Verbraucherzentrale-Bundesverband

"Hart aber fair" und die Negativzinsen

Die Deutschen sind ein Volk der Sparer, so sagt man, aufgewachsen mit Knax-Sparbuch und "Wer den Pfennig nicht ehrt"-Rhetorik. Die Einlagen von deutschen Privatsparern betragen insgesamt sechs Billionen Euro. Doch eine "Hart aber fair"-Zuschauerin der Straßenumfrage befürchtet: "Unsere Kinder wissen ja schon gar nicht mehr, was Zinsen sind."

Denn Zinsen gibt es kaum noch auf Gespartes, mittlerweile berechnen sogar 61 Geldinstitute schon neuen Privatkunden unter bestimmten Umständen Negativzinsen, das heißt, wer sein Geld dort parkt, muss dafür zahlen. Zum Beispiel die Kreissparkasse Euskirchen – für Einlagen ab 50.000 Euro bei Neukunden. Moderatorin Susan Link wirft in die Runde, eigentlich seien die Sparkassen ja da, "um Sparen zu fördern".

Christian Achilles, Kommunikationschef des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV) hingegen erklärt wortreich, die Gebühr sei unter anderem das Mittel, um sich vor "vagabundierenden Geldern" zu schützen. Also vor vermögende Kunden, die ihr Millionenvermögen in kleinen Portionen auf verschiedene Geldinstitute aufsplitten, um den Gebühren zu entgehen. Schließlich müssten die Banken ja auch Negativzinsen bei der Europäischen Zentralbank zahlen. Alles klar.

Christian Achilles bei "Hart aber fair".
Christian Achilles bei "Hart aber fair".Bild: ard screenshot

"Die Banken sitzen in der Falle"

Verbraucherschützerin Mohn denkt allerdings, Banken seien trotz aller Beteuerungen des Sparkassen-Kommunikationschefs nicht gezwungen, die Negativzinsen der Europäischen Zentralbank an ihre Kunden weiterzugeben. Schließlich würden sie ja noch gute Geschäfte machen, zum Beispiel bei den Krediten. "Die Gewinne bei den Banken sehen ja gut aus." Aber sie nimmt auch gleich zu Anfang den Druck aus der Diskussion: Für Normalkunden würden Gebühren für Spargeld die Ausnahme bleiben.

Anja Kohl und Dorothea Mohn.
Anja Kohl und Dorothea Mohn. Bild: ard screenshot

ARD-Börsenexpertin Anja Kohl sieht die Lage für Sparer allerdings nicht rosig: "Die Banken sitzen in der Falle. Der Zins wird nicht wiederkommen. Auch nicht in den nächsten Jahren." Die Tragweite dieser Entwicklung erreiche auch gesellschaftliche Dimensionen. "Den Sparer verantwortlich machen für die Misere, die wir haben, ist aber schon fast zynisch und verantwortungslos."

Das findet auch Linke-Politikerin Sahra Wagenknecht: "Man nimmt es bei denen, die sich am wenigsten wehren können." Ein Kreissparkassenchef bekomme ein Gehalt von einer Million Euro im Jahr, das sei rund dreimal so viel wie die Bundeskanzlerin bekomme. "So schlecht kann die Gewinnlage nicht sein."

Und wenn Sparkassen nun Anlageformen aus besseren Zeiten unter Berufung auf ihr Sonderkündigungsrecht kündigen, weil die Konditionen für sie nun nicht mehr günstig seien, findet Wagenknecht das moralisch höchst fraglich. "Man muss nicht jede Gesetzeslücke ausnutzen."

"Mehr wert als Netflix"

Verbraucherschützerin Dorothea Mohn geht hingegen noch weiter und empfiehlt, wenn die Bank eine lukrative Anlageform kündigt: "Prüfen lassen und im Zweifel dagegen wehren." Nicht immer seien die Banken im Recht und sie würden ja auch viel an den Konto-Gebühren und Krediten verdienen.

Banken-Vertreter Christian Achilles entgegnet, dass ein Konto ja wohl "mehr wert als Netflix" sei und eine ganze Menge Dienstleistung hinter dem Geldkonto stecke. Die Zeiten, in denen Banken ihre Konten umsonst oder sogar mit Bonus verteilt haben, seien vorbei. Aber das sei normal, auch ein Metzger würde seine Wurst ja nicht kostenlos verteilen. Ähnlich wie der Metzger bei der Wurst weiß aber wohl auch nur ein Banker, was in einer Anlage so drin ist und wie die Erfolgsaussichten stehen. Auch wenn CSU-Generalsekretär Markus Blume sich das ganz einfach vorstellt.

ard screenshot
Sahra Wagenknecht bei "Hart aber fair".bild: ard screenshot

Er verlautbart, "dass sich sparen lohnen muss". Nach Staatenrettung und Bankenrettung sei es "Zeit, auch mal was für den deutschen Sparer zu tun". Blume ängstigt die Entwicklung, sagt er. "Wenn das Vertrauen ins Geld schwindet, schwindet auch Vertrauen in die Wirtschaftsordnung." Darum möchte er: "Dass der Sparer nicht der Dumme ist." Eine Staatsanleihe soll helfen. Bürger zahlen ein, der Staat investiert in Startups und die Bürger kassieren später den Gewinn.

Das klingt vermutlich nicht nur für alle, die das Platzen der Tech-Blase im Jahr 2000 miterlebt haben, windig. Börsenexpertin Kohl findet die Idee sogar "völlig halbgar". Ihre Meinung: "Nur noch Aktien und Immobilien werfen Gewinne ab", sie würde das schon lange predigen, aber die Deutschen kämen einfach nicht in Gang. Dorothea Mohn gibt ihr Recht und verweist darauf, dass man bisher bei Anlagen im DAX bei einer Anlagezeit von 15 Jahren kein Minus gemacht habe. Aber eine Garantie für die Zukunft könne sie natürlich nicht geben.

Nachdem sich das Thema von den Nullzinsen zur Altersvorsorge verschoben hat, wittert Sahra Wagenknecht ihre Chance und sagt: "Es ist fahrlässig, Kleinanleger auf das Casino der Aktienmärkte zu verweisen." Ihr Wunsch: Das Rentensystem, das mittlerweile eines der schlechtesten in Europa sei, verbessern. Dann sei Sparen gar nicht mehr nötig.

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