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Corona-Demo von Attila Hildmann: So kam es zum Treffen mit Komiker Oli Pocher

Attila Hildmann wurde bekannt als veganer Koch. Zwischenzeitlich verkaufte er seine veganen Produkte sogar bei Kaufland und anderen großen Supermärkten.
Attila Hildmann wurde bekannt als veganer Koch. Zwischenzeitlich verkaufte er seine veganen Produkte sogar bei Kaufland und anderen großen Supermärkten.Bild: Sean Gallup/Getty Images
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Oliver Pocher und ein Apache: So scheiterte Attila Hildmann mit seiner Corona-Demo vor dem Reichstag

18.05.2020, 16:53
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Am 15. Mai hätte laut Attila Hildmann und der Meinung vieler gleichgesinnter Verschwörungstheoretiker die Neue Weltordnung beginnen sollen, eine weltweite Diktatur von globalen Eliten und geheimen Machtzirkeln. Einen Tag später veranstaltet Hildmann eine Demonstration, um die Bundesregierung zu stürzen. Es kommen mehrere hundert Teilnehmer und fast genauso viele Polizisten und Journalisten.

In den vergangenen Tagen hatte der vegane Koch und Unternehmer Attila Hildmann mehrfach in den sozialen Medien dazu aufgerufen, an seiner Demonstration teilzunehmen. Seitdem er vor einigen Wochen ein Video aus China gesehen hatte, in dem Hunde vermeintlich in Lehmgruben geworfen wurden, ist er der Meinung, von den Medien belogen zu werden. Er hat sich immer weiter in Verschwörungstheorien verloren, die besagen, dass Corona eine Lüge ist, um weitreichende Grundrechtseinschränkungen durchzusetzen und Deutschland in eine Diktatur zu verwandeln.

Auf seinem Instagram-Account verbreitet Hildmann seit Kurzem Videos über eine geheime Weltverschwörung, an der Gesundheitsminister Jens Spahn und Microsoft-Gründer Bill Gates beteiligt sein sollen. Letzteren bezichtigte er zudem der Pädophilie. Am Morgen vor der Demonstration hatte Instagram kurzerhand seinen Account gelöscht. Von seinem Vorhaben ließ sich der überzeugte Veganer allerdings nicht abhalten. Watson war vor Ort.

"Das ist ein gewollter Ausnahmezustand."
Demo-Teilnehmer

Es wird meditiert, Musik gehört und gekifft

Mehrere Hundert Leute haben sich eine halbe Stunde vor Beginn der Demo bereits vor dem Reichstag versammelt. Teilweise ist nicht klar, ob es sich um Teilnehmer handelt oder zufällig Beistehende, die in der Sonne entspannen. Die Stimmung ist gelassen. Manche meditieren, andere spielen Musik. Viele kiffen. Immer wieder fallen Sätze wie "Die Medien sind gekauft" oder "Das ist ein gewollter Ausnahmezustand".

Entspannte Stimmung auf dem Platz der Republik vor dem Beginn der Demonstration.
Entspannte Stimmung auf dem Platz der Republik vor dem Beginn der Demonstration.Bild: watson / Lukas Weyell

Einige Demo-Teilnehmer haben sich besonders herausgeputzt, unter ihnen Michael, der Apache. Er glaubt, dass außer dem Virologen Christian Drosten, Angela Merkel und RKI-Direktor Lothar Wieler in Deutschland niemand mehr etwas zu sagen hätte. Alle anderen Meinungen würden als Verschwörungstheorien abgestempelt.

Das Gespräch mit Michael, dem Apachen, wird jäh unterbrochen: Plötzlich steht da Oliver Pocher, mit ihm ein Kamerateam von RTL sowie Securitys, die offensichtlich zum Schutz des Crew angeheuert wurden. Pocher dreht gerade für seine neue Show "Gefährlich ehrlich" und hatte angekündigt, mit Attila Hildmann diskutieren zu wollen. Bevor er sich dem Koch stellt, begrüßt er Michael, den Apachen. Überraschenderweise kennen die beiden sich bereits.

Während Hildmann vermutlich noch mal seine Rede über den Untergang der Demokratie probt, haben Michael, der Apache, und Comedian Pocher etwas Wichtigeres zu tun: Tambourin spielen. Michael trommelt los, Pocher setzt mit Pseudo-Indianergeschrei ein. Wer hier nicht mehr alle Latten am Zaun hat, ist nicht mehr so genau zu sagen. Pocher zumindest beteuert noch einmal, zu wissen, dass Corona echt sei, weil er die Krankheit selbst gehabt habe. Apachen-Michael lässt sich davon nicht beeindrucken.

Michael der Apache (l.) und Oliver Pocher (r.) kennen sich bereits.
Michael der Apache (l.) und Oliver Pocher (r.) kennen sich bereits.Bild: watson / Lukas Weyell

Dass Pocher nun Richtung Reichstag zieht, vermutlich, weil er genügend Video-Material für seine neue Show gesammelt hat, wertet der Apache als Sieg, trotz mangelnden Konflikts. Eine Frau zumindest meint, er habe es Oli richtig gezeigt und drückt ihm einen Kuss auf. Michael fühlt sich bestätigt. Er ist sich sicher, auf der richtigen Seite zu stehen.

Pocher trifft Hildmann – und die Polizei greift ein

Pocher hat inzwischen Attila Hildmann vor dem Reichstag gefunden und unterhält sich angeregt mit ihm. Die beiden sind umringt von einer Traube von Menschen, größtenteils Kamerateams und Reporter, teilweise auch Demo-Teilnehmer. Man hält Smalltalk, Oli Pocher fragt scherzhaft, ob Attila Hildmann ein Megafon und eine Kiste zum Draufstehen besorgt hat. Hildmann bejaht.

Eigentlich hatten die beiden sich zum Diskutieren verabredet. Bevor aber ein Gespräch entstehen kann, mischt sich ein Demonstrant ein und geht Hildmann an. Das ruft die Polizei auf den Plan, die sowieso schon nervös zugeschaut hatte. Sie nimmt Pocher in Gewahrsam und führt ihn vom Platz. Nach Bekunden der Polizei, um selbigen zu schützen.

Die Situation wirkt fast wie inszeniert. Denn kaum ist Oliver Pocher abgeführt, ist es 16.30 Uhr und Attila Hildmann beginnt pünktlich seine angekündigte Rede.

"Attila for President!"
Eine Demo-Teilnehmerin

Hildmann setzt an: "Diese Regierung fürchtet die Wahrheit." Großer Applaus. Zwischendurch schreit jemand "Attila for President". Einige haben Hildmanns Energydrinks in der Hand. Man könnte meinen, es sei ein PR-Event. Hildmann macht weiter: "Ich habe selbst Physik studiert. In der Wissenschaft gibt es verschiedene Meinungen. Man kann niemanden als Aluhutträger bezeichnen, nur weil er eine andere Meinung hat!" Wieder großer Applaus.

Attila Hildmann vor dem Reichstag. Seine Demonstration wurde schnell aufgelöst.
Attila Hildmann vor dem Reichstag. Seine Demonstration wurde schnell aufgelöst.Bild: watson / Lukas Weyell

Ein Polizist flüstert Hildmann etwas ins Ohr

Plötzlich wird Hildmanns Rede unterbrochen. Ein Polizist flüstert ihm ins Ohr. Er hört kurz zu und sagt schließlich: "Bitte auch die Presse, 1,50 Meter Abstand." Keiner hält hier Abstand. Die wenigsten tragen Mundschutz. Corona scheint ironischerweise kein Thema zu sein. Ein Mann trägt ein T-Shirt auf dem "Erkennen, Erwachen, Verändern" zu lesen ist. Alle schieben sich dicht an dicht, um etwas zu sehen, denn der 1,77 Meter große Attila Hildmann steht hinter Absperrgittern und auf keinerlei Podest oder "Kiste", wie ihm Pocher geraten hatte. Plötzlich mahnt einer der Demonstranten: "Haltet bitte den Abstand ein!" Aber es ist bereits zu spät.

"Sie haben die Abstände nicht eingehalten. Wir räumen jetzt."
Polizist auf der Hildmann-Demo

Bereits wenige Minuten nach Beginn von Hildmanns Rede wird es der Polizei offenbar zu bunt. Sie räumt den Platz und schiebt die Menschenmenge Richtung Hauptbahnhof. Einige widersetzen sich und werden von den Polizisten nonchalant zu Boden gebracht und weggeführt. Es gibt empörte Schreie aus der Menge. Ein Polizist erklärt: "Sie haben die Abstände nicht eingehalten. Wir räumen jetzt." "Das ist ein Vorwand!", schreit ein älterer Herr mit grauen Haaren. Es ist kein Vorwand. Hier werden gerade sämtliche infektionsschutzrechtlichen Vorgaben nicht beachtet.

Immer wieder kommt es zu Gewalt durch die Beamten, weil sich Demonstrationsteilnehmer dagegen wehren, den Platz zu räumen.
Immer wieder kommt es zu Gewalt durch die Beamten, weil sich Demonstrationsteilnehmer dagegen wehren, den Platz zu räumen. Bild: watson / Lukas Weyell

Die Menschen versammeln sich an der nächstgelegenen Straße. Keiner versteht mehr, was Attila Hildmann da vorne von sich gibt. Gehen will trotzdem niemand. Als sich ein Demonstrant lautstark weigert, zu gehen, wird er von den Beamten schmerzhaft in Gewahrsam genommen und zu Boden gedrückt. Seine Begleiter wehren sich: "Ihr Schweine!". Die umstehenden Demo-Teilnehmer drängen sich um die Beamten. Nach wie vor hält hier niemand Abstand.

Irgendwann bemerkt auch die Polizei, dass immer noch viel zu viele Menschen viel zu dicht aufeinander stehen und beendet schließlich auch diesen Teil der Demonstration. Die letzten Teilnehmer machen sich größtenteils zu Fuß auf den Heimweg. Viele holen sich aber vorher noch bei einem der Fastfood-Läden am Brandenburger Tor eine Kleinigkeit zu essen, höchstwahrscheinlich nicht vegan.

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