getty images/watson montatge
Deutschland
Auf ihrem 70. Parteitag haben die Liberalen einen "Monday for Economy" ins Spiel gebracht. So richtig weiß niemand, was das sein soll. Wir sind auf (nicht ganz ernst gemeinte) Spurensuche gegangen.
29.04.2019, 19:2329.04.2019, 19:46
Es ist Montag, und Montag ist jetzt der Tag des liberalen Protests. FDP-Chef Christian Lindner hat es selbst mit einigem Tamtam verkündet, seine Partei goss es sofort in eine knallige Form:
Einfach wow. Eine klassische FDP-Forderung auf den Punkt! Nur... was ist so ein #MondaysforEconomy überhaupt?
Wir bei watson wollten zumindest den Versuch wagen, uns auf die Suche nach diesem angekündigten Event zu begeben.
Social Media für die Wirtschaft?
Christian Lindner hatte zuvor heftig gegen Schülerinnen und Schüler ausgeteilt, die jeden Freitag für das Klima auf die Straße gehen:
In einem Interview sagte er:
"Von Kindern und Jugendlichen kann man nicht erwarten, dass sie bereits alle globalen Zusammenhänge, das technisch Sinnvolle und das ökonomisch Machbare sehen. Das ist eine Sache für Profis"
Es scheint nahe liegend: Die #MondaysForEconomy sind eine direkte Anspielung auf die freitäglichen Schulstreiks für das Klima. Die FDP, so vermuten wir, will also am Montag ebenfalls zusammen mit Managern, Geschäftsbesitzern und Finanzexperten streiken. Frei Nach dem Motto: Der Wirtschaftswandel muss endlich ein Ende haben.
Wir suchen also auf Social Media nach dem Hashtag und den wichtigsten Demo-Accounts. Diese beiden Zutaten, das weiß sicher auch die FDP, braucht heutzutage jeder gute Protest.
Und tatsächlich: Wir finden einen Account.
Andere User behaupten unter #MondaysForEconomy, die Liberalen würden heute allesamt zusammen in Einkaufszentren shoppen gehen, dass die Politiker gerade gemeinsam zum Autohändler unterwegs sind, oder dass sie sich in Frankfurt an der Börse zum Sit-In für die Wirtschaft treffen.
Wir haben das überprüft: Keine Sit-Ins. Der Spargel-Account ist leider auch nicht echt. Nein, aus irgendeinem Grund hilft Social Media bei diesem Protest nicht so weiter wie sonst.
Wir entschließen, die Suche analog weiterzuführen.
Die Demo, die es nicht gibt
Wir laufen zum Brandenburger Tor. Dort spannen uns zwar einige französische Touristen für Fotos ein, sie sehen aber nicht so recht nach FDP aus.
Auch die Grünen bauen gerade einen Stand auf, sie wissen aber nichts von einer Liberalen-Veranstaltung in Berlin. Dann entscheiden wir, zum Bundestag, zu gehen, wo auch die Fraktion der FDP hockt. Mittlerweile regnet es, und wie zu erwarten: Auch im Zentrum der Macht gibt es keinen einzigen liberalen Kämpfer für die Wirtschaft auf der Straße.
Enttäuscht streifen wir weiter zum Hans-Dietrich-Genscher-Haus, der Parteizentrale der FDP. Hier muss was passieren! Falsch, gähnende Leere. Wir fragen am Eingang: "Nö, nichts geplant", sagt der Security-Mitarbeiter. Er mag uns und fragt im Büro der Liberalen nach, ob jemand Lust hat, mit uns zusammen auf die Straße zu gehen. (Das waren sicher nicht seine genauen Worte.) Die Antwort kommt binnen Minuten: Da kommt keiner runter.
Hallo liebe FDP, ist da wer?
Uns dämmert es: Es könnte sein, dass bei den Liberalen gar keiner für die Wirtschaft auf die Straße gehen will. Aber noch geben wir nicht auf! Wir rufen noch einmal bei der FDP-Zentrale an:
Hallo, wir sind von watson und stehen vor Ihrer Tür, um mit Ihnen zu demonstrieren.
So spontan können wir nicht, schreiben Sie uns bitte erst eine Mail.
Aber es ist doch Montag, Ihre Leute sind sicher schon draußen, wir könnten zusammen hin?
Keine Zeit. Sowas müssen Sie vorher absprechen. Mail schreiben.
Vielleicht nächsten Montag? Können Sie uns kurz Ihre Kernforderungen auf der Straße...?
Mail! Auf Wiedersehen.
Hach FDP, du machst es einem schwer. Wir warten dann noch eine halbe Stunde vor dem Eingang. Ein Sprachschüler kommt raus, ein paar Leute aus einem Restaurant, das die Liberalen im Erdgeschoss haben. Schließlich brechen wir enttäuscht ab. Hat die FDP etwa gleich wieder aufgegeben? Vielleicht hat sie auch einfach nur beschlossen: Der Markt regelt das schon selbst.
(mbi)
Politiker, die aus Tassen trinken
1 / 10
Politiker, die aus Tassen trinken
Die Symboldichte in diesem Bild ist so hoch, wir müssen sie unkommentiert lassen. Gesagt sei lediglich: Das ist Wladimir Putin.
quelle: epa / epa/alexey druzhinyn
Vor mehr als 1000 Tagen fing es mit 5000 Helmen an. Russland startete völkerrechtswidrig einen Großangriff auf die Ukraine – und Deutschland antwortete mit der Lieferung von Militärhelmen.