Das Coronavirus ist nicht nur für die Gesundheit gefährlich, auch auf die Wirtschaft hat das Virus massive Auswirkungen – oder genauer genommen der Lockdown und die weiteren Beschränkungen. Während sich in den USA die Corona-Krise immer weiter zuspitzt und selbst das Tragen von Schutzmasken für den Wahlkampf genutzt wird, beschäftigt sich die deutsche Klimaaktivistin Luisa Neubauer damit, wie es nun auch aus ökologischer Sicht weitergehen soll. Bei "Markus Lanz" war sie am Dienstagabend genauso zu Gast, wie CDU-Politiker Friedrich Merz, Unternehmerin Sarna Röser sowie der Video zugeschaltete ZDF-Amerikakorrespondent Elmar Theveßen.
Beim Thema Donald Trump herrschte in der Runde wohl zunächst noch Einigkeit: Er gibt als Präsident keine gute Figur ab – oder wie es Merz formuliert: "Diese Präsidentschaft finde ich furchtbar". Aber bei einer anderen Sache kochten die Emotionen hoch: der Klimaschutz in Deutschland.
Merz gab erst kürzlich dem Magazin "Der Spiegel" ein Interview, in dem es unter anderem um die Grünen ging. Für die Fotos posierte er im grünen Anzug – ein Symbol, fragten sich viele. Er sagte nun bei Lanz: "Wir dürfen das Thema Ökologie den Grünen nicht überlassen." Er beschäftige sich schon lange damit, erklärte er. Luisa Neubauer wirkte wenig überzeugt und setzte freundlich aber sehr bestimmt zur Verbalattacke an:
Das hat gesessen. Während Merz mit einem Dauerlächeln im Gesicht die Worte über sich ergehen ließ, brach Lanz in Gelächter aus und hakte nach: "Haben Sie gerade gesagt: Sie, der Sie mandatsmäßig gar nichts sind?" Und Luisa Neubauer setzte nach: "Das ist de facto ja, wo wir gerade sind." Da konnte auch Lanz nur noch ein "nicht schlecht" entgegen.
Neubauer ist der Meinung, es bräuchte nicht noch mehr Politiker, die behaupten, sie fänden das mit dem Klima gut, es dann aber nicht zu Ende dachten. Es sei "wunderbar", wenn Merz das nun ernst meine, aber die CDU hätte in der Richtung bislang nichts vorgelegt, was darauf hindeute, "dass das Thema bei Ihnen in guten Händen ist".
Lanz räumte dem CDU-Politiker daraufhin eine Minute Zeit ein, die Klimaaktivistin davon zu überzeugen, dass er der Richtige für Schwarz-Grün sei. Doch überzeugende Argumente lieferte er nicht. Es gehe ihm um die Themen und nicht um taktische Spiele, erklärte Merz. Die Klimaziele hätte Deutschland bislang erfüllt, führte er außerdem aus. "Klimapolitik fängt ja nicht erst heute an, sondern schon vor 30 Jahren", argumentierte er.
Ob er somit der erste Umweltkanzler werden wolle, fragte Lanz nach. Aber Merz winkte ab, denn mit Angela Merkel hätte man bereits die erste Umweltkanzlerin, "die ja auch viel gemacht hat in dem Bereich". Doch Neubauer wollte das nicht gelten lassen: Nach hinten blicken bringe nichts, denn nur der Blick nach vorne zähle. Sie erklärte weiter, wenn man die Klimaziele marktwirtschaftlich angehen wolle, so wie es Merz immer wieder anregt, müsse die CO2-Bepreisung "relativ sofort auf 50, 60, 70 Euro angehoben werden".
Merz erklärte, dass man die Klimaforscher natürlich ernst nehmen müsse, aber auch die Ökonomen nicht außer Acht lassen sollte. Der Politiker sprach sich zwar ebenfalls für eine höhere CO2-Bepreisung aus, wollte sich aber nur ungern auf eine konkrete Summe festlegen. Erst später in der Diskussion lenkte er ein und bekräftigte, dass heute ein "Preis von 50 Euro pro Tonne CO2" angemessener wäre.
Doch bevor er sich zu dieser Zahl durchringen konnte, merkte er noch an: Ein Auto solle weiterhin für eine Familie leistbar sein. Neubauer hielt dagegen: "Das Günstigste, was man jetzt machen kann, ist radikaler Klimaschutz." Als reiches Land müsste Deutschland beim Klimaschutz als gutes Beispiel vorangehen, um anderen Ländern überhaupt in dieser Hinsicht etwas sagen zu können, argumentierte sie.
Auch die Familienunternehmerin Sarna Röser kam bei der Klimadebatte zu Wort. Sie verdeutlichte, dass das Thema Klimaschutz in Familienunternehmen schon immer großgeschrieben wird, aber man sich Klimaschutz auch leisten können müsse. Sie verwies dabei beispielsweise auf ressourcenschonendes Arbeiten oder die Nutzung von LEDs im Betrieb. Dass sie sich mit dem Thema Klimaschutz nicht erst jetzt auseinandergesetzt hat, merkte man ihr an. Sie kam unter anderem auch auf das Aufforsten von Wäldern zu sprechen. Doch bei diesem Punkt lenkte Luisa Neubauer ein:
Damit kam die Talkrunde auch auf den Kohleausstieg zu sprechen, der Deutschland teuer zu stehen kommt. Etwas, das Neubauer heftig kritisierte. Sie ist der Meinung, es hätte besser verhandelt werden müssen. Merz konterte, dass die Politik sehr wohl verhandelt hätte, es aber Verträge einzuhalten gebe. Und er setzte nach: "Wir machen uns das Leben auch künstlich schwer in Deutschland. Wir haben die Kernenergie abgeschaltet, wir haben die Steinkohle abgeschaltet. Alle Länder, die in Europa die Klimaziele erreichen, haben Kernenergie. Wir machen uns das Leben wirklich zusätzlich schwer." Merz' wichtigster Punkt: Man müsse an die Menschen und die Arbeitsplätze denken.
Aber Luisa Neubeuer wollte das so nicht gelten lassen. Man würde mit der Arbeitsplatzargumentation eine ohnehin stattfindende Transformation herauszögern. Da gab auch Lanz ihr recht und sprach in diesem Zusammenhang die früheren Investitionen in Solarenergie und Fotovoltaik an. "Das war eine gigantische Fehleinschätzung", lenkte Merz ein, aber der Moderator hatte sich bereits in Fahrt geredet: "Das ist doch nicht unser Ernst. Wenn das nicht grottenschlecht ist, dann weiß ich auch nicht."
Letztlich nannte Merz allerdings noch einen Punkt, bei dem er ganz bei Luisa Neubauer sei: "Wir sind nicht schnell genug, da bin ich völlig bei ihr." Aber man müsse eben auch auf das Gemeinwohl achten und nicht nur auf Forderungen einzelner Gruppen. Das wollte Neubauer nicht einfach so stehen lassen und wendete sich prompt mit einer Drohung, wie Lanz es nannte, an den Politiker:
Einzig und allein die "blanken Emissionen" müssten stimmen, meinte sie. Daraufhin platzte dem bislang sehr besonnenen CDU-Politiker dann doch ein wenig der Kragen und er gab der 24-Jährigen einen eindringlichen Rat mit auf den Weg: "Kandidieren Sie im nächsten Jahr für den Bundestag und kämpfen Sie in Deutschland für Mehrheiten. Das ist Demokratie!"
Lanz fragte nach, für welche Partei Neubauer denn antreten solle. "Für Grüne, SPD, CDU, das ist mir völlig wurscht. Sie soll kandidieren und dafür kämpfen, dass wir für solche Themen eine Mehrheit bekommen." Fridays for Future in der CDU also, fragte Lanz.
Innerhalb weniger Sekunden schien Merz dann doch Gefallen daran gefunden zu haben, die bekannteste deutsche Klimakämpferin in der eigenen Partei zu haben. "Ja wunderbar, kommen Sie zu uns", meinte er in Richtung Neubauer. Darauf fehlten selbst der sonst so wortgewandten Aktivistin erst mal die Worte.
Aus ihrem Gesicht konnte man jedoch ablesen, dass die CDU-Idee bei ihr wohl eher auf Skepsis stößt. Neubauer trank einen großen Schluck Wasser, zog die Augenbrauen nach oben und presste im Anschluss die Lippen aufeinander. Das mit der CDU wird vermutlich eher nichts – Neubauer ist schließlich auch Mitglied der Grünen.
Abschließend wollte Lanz noch von Merz wissen, ob seine Chancen auf den CDU-Parteivorsitz angesichts der Corona-Krise besser oder schlechter geworden seien. Das könne er derzeit schwer beurteilen, erklärte der Politiker. Ein Blick auf die Umfragen würde ihm allerdings verraten, dass sie nicht schlechter geworden seien. "Weil Laschet so versagt?", hakte Lanz nach. "Nein, weil ich nach wie vor viel Zustimmung bekomme", machte Merz deutlich. Hinsichtlich Laschets Krisenmanagement erklärte er:
Auch Angela Merkel mache, wie er sagt, Fehler. Sie reagiere teilweise spät, aber insgesamt könne man sagen, dass sowohl die Bundes- als auch die Landesregierungen in Deutschland "die richtigen Entscheidungen treffen". Er wolle zum jetzigen Zeitpunkt in keinem anderen Land leben, betonte er.
Auf die Frage, wer den besseren Job gemacht habe, Laschet oder Söder, hielt sich Merz zurück. Das sei schwer zu sagen. In den Augen der Bevölkerung sei es vermutlich Söder gewesen, erklärte er und betonte noch einmal: Die Kritik an Armin Laschet "ist überzogen und nicht fair". Was hätte er gemacht, wollte Lanz daraufhin wissen. "Ich hätte vielleicht versucht mit Markus Söder viel enger zusammen und abgestimmter vorzugehen", sagte Merz. Das Laschet nun raus aus dem Rennen um den Parteivorsitz sei, glaube er nicht. Und bei der Frage, ob ein Kanzlerkandidat Söder unter einem Parteichef Merz denkbar sei, hielt sich der Politiker ebenfalls bedeckt: "Das entscheiden wir, wenn es so weit ist." Aktuell denke er darüber gar nicht erst nach.
Und auch das Thema Merkel musste Lanz kurz vor Schluss noch einmal ansprechen. "Tatsächlich haben wir einen ganz guten Gesprächskontakt miteinander", verriet Merz daraufhin über eine mögliche Zusammenarbeit als CDU-Parteichef mit Kanzlerin Merkel, die ja noch bis nächstes Jahr im Amt ist. Er sei nach wie vor mit einigen Entscheidungen, die sie in den vergangenen Jahren getroffen hat, nicht einverstanden. Aber über die alte Rechnung aus dem Jahr 2002, damals löste Merkel ihren Dauerrivalen Merz als Vorsitzenden der CDU/CSU ab, habe er mal mit ihr persönlich gesprochen. "Wir haben das abgehakt. Das Thema ist vorbei – für sie und für mich", schloss Merz das Thema ab.
(jei)