Die "Musiker des Staatsstreichorchesters" lesen ihren Namen gerade überall. In einer E-Mail haben sie dem Chef der CDU in Thüringen gedroht. "Dies ist eine kleine Vorwarnung" schreiben sie an Mike Mohring und: "Wir werden Jagd auf Sie machen". Dann nennen sie Mohring einen "linksversifften Heuchler" und drohen mit "Niederstechen", "Autobomben", "Versklavung und Vernichtung". Gezeichnet: "Sieg Heil und Heil Hitler! Mit freundlichen Grüßen".
Nach Morddrohung: Flucht nach vorne
Und Mike Mohring? Der kennt diese Einschüchterungsversuche schon von früheren Drohungen. Er schreibt auf Twitter, er wolle sich keine Angst machen lassen. Er veröffentlicht die Mail, bringt sie damit am Wochenende in die bundesweiten Schlagzeilen. Eine Flucht nach vorne inklusive Message: "Kein Platz für Nazis. Die Angst darf nicht gewinnen." Mohrings Handeln ist nachvollziehbar.
Er bleibt nicht der einzige Politiker, der Drohungen gegen seine Person öffentlich macht. Auch der Thüringer Spitzenkandidat der Grünen, Dirk Adams, veröffentlicht am Montag ein Drohschreiben. Diesmal kommt es von einer ominösen "Cyber-Reichswehr" – auch hier kündigen die Verfasser ein Messer- oder ein Autobombenattentat an, wenn Adams nicht bei den Grünen austrete. Er nehme das nicht ernst, zitiert der Tagesspiegel Adams. Er veröffentlicht die Drohung trotzdem. Auch Adams Handeln ist nachvollziehbar.
Aber ist das die richtige Reaktion?
Die Veröffentlichung könnten auch schlechte Folgen haben
Kriminalpsychologin Karoline Roshdi stellt gegenüber watson fest: "Solche unkommentierten Veröffentlichungen durch einen Politiker sind aus seiner Perspektive verständlich." Sie sagt aber auch: "Sie führen dennoch dazu, dass ein unbekannter Verfasser hier öffentlich plötzlich als eine richtige und gefährliche Organisation wahrgenommen wird." In diesem Fall trägt sie den Namen "Staatsstreichorchester". Das wiederum habe Folgen.
Seit 13 Jahren setzt sich Roshdi professionell mit dem Thema Drohschreiben und Drohungen auseinander. Sie ist eine der Vorsitzenden des europäischen Fachverbands für Bedrohungsmanagement (AETAP). Seit Jahren auch berät sie Opfer von Drohschreiben darin, richtig auf diese zu reagieren.
Die Expertin sagt:
"Wer auch immer dahintersteckt, erfährt durch die öffentliche Bühne eine narzisstische Aufwertung"
Diese werde von den Verfassern dann als Erfolgserlebnis wahrgenommen. "Und ein Erfolg genügt so einem Täter nicht." Schon bald verfasse er den nächste Drohbrief, so Roshdi.
Gleichzeitig könnten auch Nachahmer ermuntert werden, "ihren Platz im Rampenlicht" zu suchen. Roshdi sagt: "Wir erleben gerade ein unheimliches Wachstum an Drohschreiben, weil es so einfach ist, sie anonym und in großer Zahl zu versenden". Sobald Prominente sie jetzt auch noch herausstellen, befeuerten sie diesen Trend damit weiter. Die Folge: Die Ermittler hätten noch mehr Aufklärungsarbeit zu leisten und das gesellschaftliche Sicherheitsempfinden verschlechtere sich.
Hätten Mohring und Adams also lieber gar nicht reagieren und die Polizeiermittlungen abwarten sollen?
"Keineswegs, wenn Ermittlungen zu keinem Ergebnis kommen, hat das eine entmutigende Wirkung auf alle Beteiligten", sagt Roshdi. Sie findet es durchaus sinnvoll, dass Prominente jeglicher Branche mit den gefährlichen Schreiben an die Öffentlichkeit treten. "Das steigert die Sensibilität für die Drohbriefe und schafft so stärkere gesellschaftliche Aufmerksamkeit auf das Problem".
Roshdi erklärt aber auch:
"In Zukunft sollten Politikerinnen und Politiker besser vorher alle "Identitäten" aus den Drohbriefen entfernen"
So könne den Verfassern das Erfolgsmoment genommen werden. Nachahmer unter gleichem Pseudonym blieben aus. Die Polizei könne ungestörter ermitteln und es entstehe kein öffentlicher Eindruck von gefährlichen organisierten Gruppen, wo vielleicht gar keine sind.
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