Vier ganze Legislaturperioden amtet Angela Merkel (CDU) als Bundeskanzlerin. Im Herbst ist damit Schluss. Zu ihren Aufgaben gehört es auch, den Abgeordneten des Bundestags Rede und Antwort zu stehen. Heute Mittwoch stellte sich die Kanzlerin voraussichtlich zum letzten Mal den Fragen im Bundestag in der offiziellen Regierungsbefragung.
Ihre Karriere als Kanzlerin beendet Merkel mitten in der Coronavirus-Pandemie, die wohl größte Aufgabe, die die 66-Jährige für Deutschland bestreiten musste. Dementsprechend betrafen die Fragen hauptsächlich dieses Themengebiet.
Doch die AfD-Abgeordnete Beatrix von Storch spricht die Kanzlerin noch auf ein anderes Thema an, das Deutschland, ja sogar ganz Europa und die Fußballwelt bewegt: Die UEFA hat entschieden, dass die EM-Arena in München während des Spiels gegen Ungarn nicht in Regenbogenfarben leuchten darf. Die UEFA sei "nicht politisch", so die Argumentation des Verbands. Übersetzt heißt dies, man wolle auf eine Provokation Ungarns, wo strenge Gesetze gegen Homosexuelle auf den Weg gebracht werden, verzichten.
Von Storch zitiert die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, die das ungarische Homosexuellen-Gesetz als "eine Schande" bezeichnet. Es will die Informationsrechte von Jugendlichen zu Homosexualität und Transsexualität einschränken. Gleichgeschlechtliche Partnerschaften sind im EU-Mitgliedsstaat jedoch erlaubt: "Unterstützen Sie diese Linie der Kommission gegen den souveränen demokratischen Staat Ungarn? Und sind Sie der Ansicht, dass dies Auswirkungen auf die Beziehungen zu den islamischen Golfstaaten hat?"
Die Kanzlerin findet dafür klare Worte: "Erstmal halte ich dieses Gesetz für falsch und auch mit meiner Vorstellung von Politik nicht vereinbar, wenn man Homosexuellen gleichgeschlechtliche Partnerschaften erlaubt, aber die Aufklärung darüber an anderer Stelle einschränkt. Dann hat das mit Einschränkung von Bildung und Freiheit zu tun. Das ist etwas, was ich ablehne." Sie wisse nicht, ob das Gesetz überhaupt schon gilt oder noch in der Mache sei, aber es finde ihre "deutliche Kritik". Was von Storchs Frage mit den Golfstaaten zu tun hat, habe sich Merkel jedoch nicht erschlossen.
Von Storch spricht dann die bald aufkommende WM an, die in Katar stattfindet, wo die Scharia gilt. 65 Prozent der Deutschen hätten in einer Umfrage vom WDR zugestimmt, dass man auf eine Teilnahme bei der WM aufgrund des strengen Regimes im Golfstaat verzichten soll. "Welche Maßnahmen wollen Sie ergreifen, wenn Sie sich doch so klar gemacht haben, dass Ihre Haltung gegenüber Ungarn so unerbittlich ist?", fragt von Storch.
"Meine Haltung Ungarn gegenüber ist sehr freundschaftlich verbunden. Aber wenn es politische Differenzen gibt, werden die benannt", antwortet Merkel. Das Austragen von Sportveranstaltungen in Ländern mit anderen gesellschaftlichen Gegebenheiten sei zudem ein sehr weites Feld, weicht die Kanzlerin dann aus. "Ich als Bundeskanzlerin habe nur meine Meinung zu diesem ungarischen Gesetz gesagt. Die UEFA hat aufgrund ihrer Statuten ihre Entscheidung zum Stadion und seiner Beleuchtung getroffen, die kann ich nicht bewerten." Mit leichter Genugtuung fügt Merkel dann noch an: "Ich habe aber festgestellt, dass die UEFA einen Unterschied macht, wenn es um das Tragen der Regenbogenbinde von Manuel Neuer geht."
(ogo)