Hape Kerkeling wurde 1991 durch einen Aktivisten zwangsweise öffentlich als schwul geoutet.Bild: imago images / Sebastian Gabsch
Deutschland
21.07.2023, 09:2021.07.2023, 10:15
Lange Zeit war der Comedian und Schauspieler Hape Kerkeling nicht mehr in den Medien aktiv. Zumindest nicht mit seinem Gesicht. Seine Stimme gab er allerdings auch zwischenzeitlich immer mal wieder her: etwa an den niedlichen Schneemann Olaf im Disneyfilm "Die Eiskönigin".
In diesem Jahr feiert der 58-Jährige sein Comeback und wird vor diesem Hintergrund auch zu einer politischen Debatte zur ZDF-Talkshow "Maybrit Illner" eingeladen.
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Mit ihm in der Sendung: die Journalistin und Menschenrechtsaktivistin Düzen Tekkal, die Historikerin und queere Influencerin Leonie Paar (Instagram: Frau Löwenherz) und der stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Ethikrats Julian Nida-Rümelin. Das Gesprächsthema: "Freiheit nur für meine Meinung – müssen wir wieder streiten lernen?"
Es wird viel diskutiert. Über das Gendern. Über Wokeness. Über den Einfluss dieser auf die Kunst und die Freiheit des oder der Schaffenden. Doch etwas, das Kerkeling – eher beiläufig – erwähnt, lässt viele zumindest einmal kurz zusammenzucken.
Denn: Kerkeling sagt, er sei von Berlin nach Köln gezogen. Und das aus einem besonders traurigen Grund, der die Berliner Bubble zum Nachdenken anregen sollte.
Kerkeling ist mit Ehemann nach Köln gezogen
Kerkeling hatte 1991 ein eher holpriges öffentliches Coming out. Aber was heißt, er hatte ...? Er wurde quasi zwangs-geoutet. Denn der queere Aktivist Rosa von Praunheim outete Kerkeling zusammen mit dem Moderator Alfred Biolek öffentlich bei der RTL-Sendung "Explosiv – der heiße Stuhl". Und das, ohne dass Kerkeling zuvor davon wusste.
Dazu sagte er damals in einem Interview mit dem "Spiegel": "Sensiblere Naturen als ich hätten sich in einer Kurzschlusshandlung womöglich mit dem Föhn in die Badewanne gelegt."
Berlin gilt eigentlich als "woke" und weltoffene Stadt. Doch Hape Kerkeling hat andere Erfahrungen gemacht.Bild: Pexels / XU CHEN
Nun lebt er also seit 32 Jahren offen schwul. Er lebte lange Zeit in der Hauptstadt. Doch bei Illner gab er jetzt preis: Er ist mit seinem Mann nach Köln gezogen. Und das, weil er die Atmosphäre in Berlin nicht mehr ertragen möchte.
Illner leitet während der Sendung zu Kerkeling über, indem sie sagt, es gebe heute einen Widerspruch in der Gesellschaft: "Dass es de jure eine viel liberalere Gesetzgebung gibt und auf der anderen Seite aber die Radikalität auf den Straßen gewachsen ist. Ich darf von Ihnen erzählen, dass Sie mit ihrem Mann von Berlin nach Bonn gezogen sind und der Grund war tatsächlich auch die Situation hier in Berlin?"
Illner verwechselt allerdings Bonn mit Köln, das berichtigt Kerkeling.
"Mir kommt es so vor: Als wären wir am Vorabend von etwas, das ich jetzt nicht dringend erleben möchte."
Hape Kerkeling
Kerkeling antwortet: "Die Atmosphäre ist deutlich homophober geworden, ja. Und dementsprechend haben wir uns dafür entschieden, Berlin schweren Herzens zu verlassen und nach Köln zurückzugehen. Was wir bisher nicht bereut haben."
Er habe das Gefühl, "dass wir in einer ähnlichen Zeit leben, wie in der Weimarer Republik".
Er sei zwar kein Historiker, aber er sagt:
"Auch da gab es diesen Fortschritt. Es gab Magnus Hirschfeld (Sexualwissenschaftler, Anm. d. Red.), es war kein Problem, Transgender zu sein, es gab erste Geschlechtsumwandlungen, alles das war völlig unproblematisch Anfang der 20er Jahre. Es gab sogar die Idee für ein Verpartnerungsgesetz. Sind wir in so einer ähnlichen Situation? Das frage ich mich manchmal. Mir kommt es so vor: Als wären wir am Vorabend von etwas, das ich jetzt nicht dringend erleben möchte."
Kerkeling geht natürlich darauf ein, dass die Weimarer Republik der "Vorabend" des Dritten Reichs war. Die Historikerin Leonie Paar steigt hier auch mit ein und erklärt, dass das Magnus-Hirschfeld-Institut eines der ersten war, das von den Nationalsozialisten niedergebrannt wurde.
Dass die Gesellschaft jetzt erst damit beginnt, die Verfolgung und Ermordung queerer Menschen während des Dritten Reiches aufzuarbeiten, macht die Historikerin ebenfalls deutlich.
Das Thema Abtreibung hat noch nie eine so große Rolle im US-Wahlkampf gespielt, wie dieses Mal. Denn vor zwei Jahren kippte der oberste Gerichtshof in Washington das Recht auf Schwangerschaftsabbrüche.