Die Konzepte liegen auf dem Tisch, nun stehen politische Entscheidungen an – von großer Tragweite. Es geht darum, wie genau Deutschland seine Klimaziele einhalten kann.
Die selbst gesetzten Ziele für 2020 wird die Bundesregierung nicht schaffen. Um aufzuholen, will die große Koalition aus Union und SPD das komplizierte Geflecht von Steuern und Abgaben umbauen, Milliarden an Fördergeldern und Steuer-Boni ausschütten – und den Ausstoß des klimaschädlichen Treibhausgases CO2 verteuern.
Am Freitagabend tagen erneut die Koalitionsspitzen. Am 20. September will die Regierung – genauer gesagt, das sogenannte Klimakabinett – ein "Gesamtpaket" vorlegen.
In vielem sind die Koalitionspartner schon einig oder schrauben nur noch an Details:
Über diese Punkte aber wird noch gestritten:
Alle Förderprogramme und Anreize zusammen werden nicht ausreichen, um bis 2030 den CO2-Ausstoß wie geplant um 55 Prozent zu senken im Vergleich zu 1990. Deshalb sollen Diesel, Benzin und Heizen mit Öl und Erdgas teurer werden. Im Ziel sind sich Union und SPD weitgehend einig – und auch darin, dass die Bürger an anderer Stelle entlastet werden sollen. Aber wie soll das passieren?
Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) warb lange für einen CO2-Preis über eine Erhöhung der Energiesteuern, der recht schnell umsetzbar wäre. Das eingenommene Geld soll als "Klimaprämie" zurückgehen an die Bürger. Auch Unternehmen sollen etwas zurückbekommen. Der CO2-Steueraufschlag könnte bereits ab 2020 erhoben werden und dann schrittweise steigen.
Die Union dagegen will auf keinen Fall das Wort "Steuererhöhung" im Klimakonzept stehen haben. Sie setzt auf einen anderen Weg: fossile Kraft- und Heizstoffe sollen über einen nationalen Handel mit CO2-Verschmutzungsrechten auch im Verkehr und bei Gebäuden teurer gemacht werden. Ein solches System gibt es bereits für die Energiewirtschaft und Teile der Industrie auf EU-Ebene. Im Endeffekt bewirkt auch so ein Handel, dass Tanken und Heizen teurer wird.
Die Kosten der Vorschläge für mehr Klimaschutz summieren sich auf rund 50 Milliarden Euro. Unklar ist, wie sich die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung entwickeln – die dann pro Kopf (SPD) oder vor allem über eine Senkung der Strompreise (Union) an die Bürger zurückgehen sollen.
Woher also sollen die Milliarden kommen? Bisher hält die Koalition an der "schwarzen Null" fest, einer Politik ohne neue Schulden. Außerdem liegen im bereits bestehenden Energie- und Klimafonds noch ein paar Milliarden. Das wird aber nicht reichen. In Konzepten von Union und SPD ist deswegen die Rede davon, die Bürger anzupumpen. Die CSU spricht von einer "Klimaanleihe", Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) von einer "Bürger-Anleihe".
Das Prinzip: Der Staat gibt fest verzinste Anleihen heraus, um für Projekte zum CO2-Sparen privates Kapital von Wirtschaft und Privatleuten zu mobilisieren. Nur wären dies am Ende auch Schulden des Staates – der sich derzeit angesichts extrem niedriger Zinsen am Kapitalmarkt eigentlich günstigeres Geld besorgen könnte.
Umweltministerin Schulze will Verantwortlichkeiten beim CO2-Sparen klar den einzelnen Ressorts zuteilen, also etwa dem Verkehrsminister oder der Landwirtschaftsministerin. Ein "Rahmengesetz" soll für Sektoren wie Energieerzeugung, Industrie, Landwirtschaft, Gebäude und Verkehr verbindliche Budgets an Kohlendioxid festschreiben. Wer sein Ressortziel reißt, dem drohen Strafzahlungen und Sofortprogramme – so müsste nicht jedes Mal wieder grundlegend verhandelt werden.
Gegen diese Pläne aber gibt es großen Widerstand in CDU und CSU, weil sie vor allem unionsgeführte Ministerien treffen würden.
Ziel der Koalition ist es, bis 2030 den Ökostrom-Anteil auf 65 Prozent zu steigern – gerade sind es etwa 38 Prozent. 2022 geht das letzte Atomkraftwerk vom Netz, 2038 soll spätestens Schluss sein mit dem Strom aus Kohle.
Aber wie und wo genau mehr Solaranlagen und Windräder entstehen sollen, ist höchst umstritten. Denn vor Ort gibt es oft heftigen Widerstand der Anwohner. Die SPD will zum Beispiel Kommunen an den Erträgen der Windkraft beteiligen.