Nahles am Montagabend.Bild: Thomas Frey/dpa
Deutschland
Andrea Nahles (49) wollte am Montagabend eigentlich nicht über die SPD
reden. Aber so ganz ließ es sich doch nicht vermeiden. Anfang Juni
hatte sie sich mit einem "Machen Sie's gut" in Berlin aus dem Amt der
SPD-Vorsitzenden und auch aus dem Scheinwerferlicht des
Politikbetriebes verabschiedet – nun tauchte sie in der
Benediktinerabtei Maria Laach in Glees wieder auf. Ein Heimspiel in
beschützender Umgebung sozusagen: Die Abtei liegt nur etwa 15
Kilometer von ihrem Wohnort im Eifeldorf Weiler entfernt.
"Klar fühle ich mich wohl hier in Maria Laach", sagte Nahles nach
eineinhalb Stunden im mächtigen Kloster, das eine fast 1000-jährige
Geschichte hat. Hinter den hohen Mauern war 1933 Konrad Adenauer ein
Jahr lang vor den Nazis untergetaucht. Und Andrea Nahles hat hier in
früheren Jahren auch schon oft gebetet. Sie ist Mitglied im Verein
der Freunde des Klosters, kennt viele Menschen in der Abtei. Aus der
Klosterwerkstatt von Maria Laach hatte die bekennende Katholikin ein
Kreuz für ihr Büro mitgenommen, als sie aus der heimatlichen Eifel
nach Berlin zog, um dort in der Bundespolitik mitzumischen.
Erst gegen Ende der Veranstaltung, nachdem viel über
Gleichberechtigung geredet worden war, wurde sie gefragt, ob sie für
dieses Ziel denn künftig auch im Bundestag kämpfen werde. Noch ist
die einstige SPD-Vorsitzende Bundestagsabgeordnete. Und bisher hat
sie sich mit klaren Aussagen darüber zurückgehalten, ob und wann sie
ihr Mandat aufgeben will.
Zunächst zog sie sich auf die Formel "Die Frage wird sich zügig,
zeitig und in absehbarer Zeit beantworten" zurück. Um dann doch noch
hinzuzufügen: "Man muss auch manchmal wissen, wenn man etwas Neues
anfangen muss." Ende der Durchsage. Später antwortete sie auf die
Frage, ob ihr nach dem Rücktritt vom SPD-Chefposten etwas fehle,
kurz: "Nein."
Seit ihrem Rücktritt sucht die SPD nach neuer Führung.Bild: Stefan Boness/imago
Aber natürlich konnte Nahles über die Gleichberechtigung von Mann und
Frau nicht reden, ohne auch über eigene Erfahrungen zu sprechen. Und
damit auch über die SPD. "Ich bin in die Vorstände und Präsidien
gekommen, aber die Macht war ein flüchtiges Reh", erinnerte sie sich
an die eigene Karriere. Die Frau, die der damalige SPD-Vorsitzende
Oskar Lafontaine ein "Gottesgeschenk an die SPD" genannt hatte, sagte
über den Grund für mangelnde Macht von Frauen in wichtigen Gremien:
"Die Jungs haben sich vor und nach dem Präsidium getroffen."
Und dann fügt sie vor rund 300 Zuhörern über ihre Zeit als
SPD-Vorsitzende noch hinzu: "Als ich dann an der Spitze war, da gab
es nicht so viele Zirkel, wo ich nicht dabei war. Aber doch zu viel."
In Sachen Gleichberechtigung sei noch viel zu tun, das war Nahles'
Botschaft. Es gebe "einen Rollback, es geht wieder rückwärts", befand
sie. Der Frauenanteil im Bundestag sei von 36 Prozent in der
vergangenen Legislaturperiode auf nun 30 Prozent gesunken. Noch
schlimmer sehe es in den Chefetagen der großen Unternehmen aus. Und:
"Mir scheinen auch die materiellen Voraussetzungen für
Gleichberechtigung noch nicht da zu sein."
2009 hatte sie eine Art politischer Autobiografie unter dem Titel
"Frau, gläubig, links" geschrieben. Beispielsweise gehörte der Satz
"Man kann nicht durch das beste politische Programm die letzten
Menschheitsfragen klären" zu ihrem politischen Credo. Die Religion
trieb sie auch an diesem Abend im Kloster um.
Wie es mit den Frauen
und der Gleichberechtigung in der katholischen Kirche sei, wurde sie
gefragt. Nein, sie fordere keine weiblichen Priester, versicherte
sie. Aber: "Das Diakonat für Frauen ist erreichbar zu meinen
Lebzeiten. Und dafür werde ich mich einsetzen."
(pb/dpa)
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