Der finnische Ministerpräsident Antti Rinne hat ambitionierte Ziele. Bild: Belga/imago
EU
01.07.2019, 06:4201.07.2019, 07:41
Das glücklichste Völkchen der Erde soll es
nun richten in Brüssel: Finnland hat am Montag Rumänien abgelöst und
übernimmt turnusgemäß für sechs Monate den Vorsitz der EU-Länder. Auf
die kühlen und pragmatischen Skandinavier warten einige schwierige
Aufgaben, darunter der für Ende Oktober geplante Brexit und das
Geschachere um den nächsten Haushaltsplan der Europäischen Union.
- Die neue sozialdemokratische Regierung in Helsinki mit starker Beteiligung der Grünen will aber vor allem ein Thema voranbringen: eine äußerst ehrgeizige Klimapolitik.
- "Die Zeit für eine Ja-Aber-Politik beim Klimawandel ist jetzt vorbei", sagte Ministerpräsident Antti Rinne dieser Tage in Helsinki.
Den Finnen wird zwar eine gewisse Sprachfaulheit nachgesagt, was
auch mit ihrer quasi unlernbar klingenden Sprache zusammenhängen mag.
Aber sie können sich durchaus beim Bier die Köpfe heißreden, wenn sie
an hellen Sommerabenden auf den kleinen Inseln aus der Sauna kommen.
Nicht selten treffen die Finnen ihre Entscheidungen in der Sauna, ehe
sie erleichtert in den See hüpfen.
Ganz so entspannt dürften die nächsten sechs Monate in Brüssel
nicht werden. Nach der zähen Suche nach neuen Chefs der
EU-Institutionen wartet auf die Finnen gleich die nächste harte Nuss.
- Der Finanzrahmen für die Jahre 2021 bis 2027 soll bis zum Jahresende stehen. Aber wo sparen – wenn bald die Briten als starke Nettozahler fehlen? Wo neue Schwerpunkte setzen – wenn bisher mehr als zwei Drittel der EU-Gelder an Landwirtschaft und Hilfsfonds geht?
- Diese Finanzverhandlungen sind in Brüssel immer epische Verteilungskämpfe, aber diesmal dürfte es noch schwieriger werden. Denn Sozialdemokrat Rinne machte klar, dass Finnland als Nettozahler klare Kante zeigen will: Die Verteilung von Geldern soll daran gekoppelt werden, dass Empfängerländer Rechtsstaatlichkeit einhalten.
Spätestens im Oktober dürfte dann auch der britische EU-Austritt
wieder Krisensitzungen hervorrufen. Nach der absehbaren Wahl eines
Brexit-Hardliners zum neuen britischen Regierungschef wird sich die
EU entscheiden müssen, ob sie nach zwei Fristverlängerungen nun einen
harten Bruch riskiert.
Was nicht bedeutet, dass Finnland keine eigenen Ambitionen für
die kommenden sechs Monate hat. Sicherheit und Schutz vor "hybriden
Bedrohungen" will das Land zum Thema machen, das eine 1300 Kilometer
lange Grenze mit Russland hat und nicht Mitglied der Nato ist. Vor
allem aber soll es um Klimaschutz gehen. Als Symbol will die
finnische Regierung alle Emissionen ihrer Präsidentschaft – etwa die
vielen Flugreisen zu EU-Treffen in Finnland – kompensieren.
Finnland selbst soll schon bis 2035 "klimaneutral" werden. Das
heißt, ein kompletter Umbau von Energieversorgung, Wirtschaft und
Verkehr soll fast alle Treibhausgase einsparen, der Rest muss
ausgeglichen werden, etwa durch Aufforstung und Umstellung der
Landwirtschaft.
Für die gesamte EU soll dieses Ziel zumindest bis 2050 erreicht
werden, so wollen es die Finnen und fast alle anderen EU-Staaten.
Beim jüngsten Gipfel zogen Polen, Tschechien und Ungarn noch nicht
mit. Vor allem Polen will finanzielle Hilfe, weil es zum Großteil von
Kohlestrom abhängt und nun kräftig umsteuern muss. Rinne sagte noch
nicht, wie man Warschau umstimmen will. Doch zeigte sich der
Ministerpräsident sicher: "Diese drei Mitgliedstaaten werden das Ziel
binnen einiger Monate akzeptieren."
(pb/dpa)
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