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Obama-Stratege zu Trump: Auch Obama war vorbereitet, vor US-Gericht zu ziehen

January 20, 2017 - Washington, United States - U.S. President Donald Trump and former President Barack Obama head toward the east steps at the U.S. Capitol for the departure ceremony during the 58th P ...
Donald Trump kündigte an, rechtliche Schritte gegen die Auszählung in verschiedenen Staaten einzuleiten.Bild: imago stock&people / ZUMA Press
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Obama-Stratege zu Trumps Plan, vor Gericht zu ziehen: "Auch bei uns standen die Anwälte schon in den Startlöchern"

Joe Biden holt durch die Briefwahlstimmen immer mehr auf und steht kurz davor, US-Präsident zu werden. Noch-Amtsinhaber Donald Trump gefällt das gar nicht und sein Lager kündigt wütend an, die Auszählungen stoppen sowie bereits feststehende Ergebnisse überprüfen zu lassen. Wahlkampf-Experte Julius van de Laar analysiert für watson das bisherige Ergebnis der US-Wahl und erklärt, warum auch Barack Obama notfalls geklagt hätte, um Präsident zu werden.
05.11.2020, 16:3606.11.2020, 07:20
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Noch in der Wahlnacht machte Donald Trump wahr, was er angekündigt hatte: Er erklärte sich selbst zum Sieger. Obwohl er in den Hochrechnungen hinten lag, reklamierte er die Präsidentschaft für sich und forderte, das Auszählen der Briefwahlstimmen einzustellen. Außerdem kündigte er an, gegen das Wahlergebnis vor Gericht ziehen zu wollen und eine Neuauszählung der Stimmen in einigen Bundesstaaten einzuklagen.

Ob dieser Schritt Donald Trump näher zu einer zweiten Amtszeit als US-Präsident bringen wird? Fraglich.

Julius van de Laar war 2008 und 2012 Teil des Kampagnenteams von Ex-Präsident Barack Obama. Inzwischen hat van de Laar sich selbstständig gemacht und berät politische Parteien. Er ist gefragter Experte in politischen Talkshows.

Watson wollte von ihm wissen, wie er mit seiner Erfahrung aus dem Kampagnen-Bereich auf das Wahlergebnis blickt, was ihn an der US-Wahl überrascht hat, ob es ungewöhnlich ist, dass ein Präsidentschaftskandidat von langer Hand plant, das Wahlergebnis anzuzweifeln und ob auch Obama im Zweifelsfall vor Gericht gezogen wäre, um seine Präsidentschaft per Neuauszählung der Stimmen einzuklagen.

"Dass Donald Trump nach diesen vier Jahren Amtszeit und der Corona-Pandemie noch fast 50 Prozent des Electoral College holt, zeigt, dass seine Kampagne eine Strategie hatte."

Watson: Herr Van de Laar, Sie sind Experte in Sachen politischer Kampagne und beschäftigen sich seit Wochen intensiv mit der US-Wahl. Haben Sie so ein knappes Rennen erwartet?

Julius van de Laar:
Ich habe die Erwartung eines Erdrutsch-Sieges für Joe Biden von Anfang an für unwahrscheinlich gehalten. Die Prognose, dass Präsident Trump kurz nach der Schließung der Wahllokale vorne liegt und dieser Vorsprung mit der sukzessiven Auszählung der Briefwahlstimmen erodiert, hat sich bewahrheitet.

Haben wir Donald Trump unterschätzt?

Sicherlich haben das viele Kommentatoren und auch einige Demokraten getan. Seine Botschaft, die im Kern ein krudes, wirtschaftliches Argument war – "let’s open up the economy" hat in vielen Teilen der Bevölkerung funktioniert – insbesondere bei Latinos und Afroamerikanern. In diesen Wählerkohorten konnte Trump Zuwächse im Vergleich zu 2016 verbuchen.

Welchen Anteil hat daran die Wahlkampagne von Donald Trump?

Dass Donald Trump nach diesen vier Jahren Amtszeit und der Corona-Pandemie noch fast 50 Prozent des Electoral College holt, zeigt, dass seine Kampagne eine Strategie hatte. Selbst wenn er – und so sieht es aktuell aus – nicht gewinnen sollte, ist das ein bemerkenswertes Ergebnis für Präsident Trump, angesichts dessen, wie niedrig sein persönlicher Beliebtheitswert war und wie stark die Bürgerinnen und Bürger und die Wirtschaft von Covid-19 betroffen waren. Er und sein Team haben eine Comeback-Story erzählt, die im Kern die Identität vieler Amerikanerinnen und Amerikanern getroffen hat. Nämlich: Aufstehen und den amerikanischen Traum zu verwirklichen.

Wahlkampf-Experte Julius van de Laar.
Wahlkampf-Experte Julius van de Laar.Bild: www.imago-images.de / bimago stock&people

Welche Fehler haben die Demokraten gemacht?

Die Biden-Kampagne wurde extrem professionell geführt. Der Wahlkampf war ein Referendum über den Amtsinhaber –quasi "Fire Donald Trump". Was oft gefehlt hat, war die positive und zukunftsorientierte Vision.

"Bei uns standen die Anwälte schon am Wahlabend in den Startlöchern. Für den Fall, dass so etwas eintritt."

Auch die Umfragen deuteten nicht darauf hin, dass Donald Trump ein derart gutes Ergebnis einfährt. Sie sagten einen hohen Wahlsieg für Joe Biden voraus. Kann man den Umfragen überhaupt noch trauen?

Ich dachte die ganze Zeit schon, dass die Umfragen viel zu positiv für Biden waren. Republikaner waren in der Vergangenheit oft unterrepräsentiert in den Umfragen, die Institute haben seit den Wahlen 2016 daher viel nachgebessert – und trotzdem war es ganz anders. Allerdings war es auch schwierig zu prognostizieren, wer wirklich wählen wird, aufgrund der historisch hohen Briefwahlbeteligung und den vielen Erstwählern, die das Elektorat maßgeblich verändert haben.

Donald Trump hat direkt nach der Wahl angekündigt, in einigen Staaten eine Neuauszählung zu beantragen. Ist so etwas ungewöhnlich?

Nein. Das ist ein absolut normaler Vorgang. Beispielsweise in Wisconsin kann jeder Kandidat das Ergebnis infrage stellen und eine Neuauszählung beantragen, wenn der Unterschied unterhalb eines Prozentpunktes liegt. Bei einigen Bundesstaaten gibt es sogar eine automatische Nachzählung, wenn das Ergebnis entsprechend knapp ist. Allerdings muss der Kandidat dafür auch die Rechnung tragen – in Wisconsin wird das Donald Trump sein, dessen Kampagne drei Millionen Dollar für den Re-Count bezahlen muss. Dazu kommen die Honorare der Juristen.

Dass Donald Trump die Wahl anfechten könnte, war schon seit einigen Wochen Thema, auch die Biden-Kampagne bereitete sich bereits länger darauf vor. Sie waren 2008 und 2012 in der Kampagne von Barack Obama tätig. Hatten Sie damals als Team auch einen Plan parat?

Natürlich. Das gehört zu einem professionellen Kampagnenmanagement dazu. Seit der Wahl zwischen Al Gore und George W. Bush im Jahr 2000, bei der die Wahl in Florida mit 537 Stimmen entschieden wurde, hat jede Kampagne ein "Election-Protection-Team" sowie einen sogenannten "Recount-Plan". Auch die Obama-Kampagne war darauf vorbereitet. Bei uns standen die Anwälte schon am Wahlabend in den Startlöchern. Für den Fall, dass so etwas eintritt.

"Es ist rein rechnerisch äußerst unwahrscheinlich, dass er das durch Neuauszählungen ausgleichen kann."

Das heißt, es ist nicht so skandalös, dass Donald Trump das Wahlergebnis infrage stellt?

Mein Demokratieverständnis sagt mir, dass jede rechtmäßig abgegeben Stimme zählt. Überraschend war es aber nicht, dass Präsident Trump das Ergebnis infrage stellt. Sein Team hatte es ja bereits in den Tagen vor der Wahl signalisiert. Er hatte gesagt, dass er sich am Wahlabend zum Sieger erklären würde und was er von der Briefwahl hält.

Und was ist dran an Trumps Kritik, bei der Briefwahl könnte Wahlfälschung entstehen?

Es gibt bisher keinen Beleg, dass es zu Irregularitäten oder sogar Foul-Play bei der Stimmabgabe, sowohl physisch als auch bei der Briefwahl gekommen ist. Aber: Durch die Briefwahlstimmen ist es auch deutlich komplizierter geworden schnell ein Ergebnis zu präsentieren, was zu Unsicherheit führt. In vielen Staaten müssen die Briefwahlunterlagen zweifach unterschrieben werden – einmal auf dem Umschlag, einmal auf dem Zettel. Beim Auszählen wird die Unterschrift auf dem Stimmzettel mit der hinterlegten Unterschrift abgeglichen, die bei der Registrierung geleistet wurde. Diese Unterschrift kann aber einige Jahre alt sein, inzwischen hat sich die Schrift vielleicht verändert. Diese Diskrepanz kann wiederum dazu führen, dass einzelne Stimmzettel nicht gezählt werden, was in einem knappen Wahlergebnis, wie zum Beispiel in Georgia den Unterschied machen kann.

Kann die Anfechtung des Wahlergebnis Trump eine zweite Präsidentschaft sichern?

Die Chancen, dass Präsident Trump durch rechtliche Schritte die Wahl noch gewinnen kann, halte ich für gering. Im Fall der Wahl zwischen George W. Bush und Al Gore im Jahr 2000 handelte es sich um einige hundert Stimmen Unterschied in einem einzigen Bundesstaat. Jetzt liegt Trump aber einige tausend Stimmen hinter Biden in mehreren wahlentscheidenden Staaten. Es ist rein rechnerisch äußerst unwahrscheinlich, dass er das durch Neuauszählungen ausgleichen kann. Allerdings gibt es für Situationen wie diese auch kaum Präzedenzfälle, daher ist die Prognose schwierig.

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