Christine Lambrecht (SPD) macht ihren Posten im Verteidigungsministerium frei. Durch ihre Pannen rückte sie immer wieder in den Fokus der Öffentlichkeit. Gerade in Zeiten des Ukraine-Kriegs stand Lambrecht schnell unter Dauerbeschuss. Erst kürzlich durch ein kurioses Neujahrsvideo.
Nun tritt die 57-jährige Juristin zurück.
Wie Koalitionspartner und Oppositionspolitiker:innen diese Entscheidung einschätzen, dazu hat sich watson umgehört.
Laut des FDP-Generalsekretärs Bijan Djir-Sarai nehme die FDP die Entscheidung von Lambrecht mit Respekt entgegen. "Was jetzt gilt, ist, dass die Ministeriumsleitung zügig nachbesetzt wird", sagt Djir-Sarai auf watson-Anfrage. Hier sehe er die SPD in der Pflicht.
Eine Hängepartie an der Spitze des Bundesverteidigungsministeriums müsse vermieden werden. "Es gibt viele Herausforderungen zu schultern und Probleme zu lösen, etwa die Umsetzung der sicherheitspolitischen Zeitenwende", meint Djir-Sarai. Der oder die Nachfolger:in von Lambrecht muss sich ihm zufolge in der Verteidigungspolitik auskennen, kompetent und anpackend sein.
Die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann habe großen Respekt davor, dass Lambrecht ihr Amt zur Verfügung stellt. "Die Ampel hat in den letzten zwölf Monaten eine Menge auf den Weg gebracht", meint die stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende. Umso bedauerlicher sei es, dass die Kommunikation nach innen und nach außen nicht der Ernsthaftigkeit der sicherheitspolitischen Lage gerecht wurde.
Weiter sagt sie:
Der Rücktritt von Verteidigungsministerin Lambrecht habe sich in den letzten Tagen abgezeichnet, meint FDP-Politiker Ulrich Lechte gegenüber watson. "Daher ist die nun getroffene Entscheidung nur konsequent und verdient meinen Respekt", sagt er.
In Anbetracht der gegenwärtigen Situation sollte Lechte zufolge jetzt schnell eine Nachfolger:in gefunden werden. Dazu sagt er:
Laut Lechte gebieten es die dynamischen Entwicklungen, dass wir hier eine überzeugende Lösung finden – auch um unseren europäischen und transatlantischen Verpflichtungen gerecht zu werden.
Laut Marcus Faber habe sich Lambrecht in eine Sackgasse manövriert und zieht nun die Konsequenzen. "Das nötigt mir Respekt ab", sagt der FDP-Politiker auf watson-Anfrage.
Die Verteidigungspolitik in Deutschland brauche nun eine politische Führung. "Das fängt an bei der Ausrüstung unserer Soldaten, damit sie unsere Rolle in den Bündnissen der NATO und der EU adäquat erfüllen können", meint Faber. Es ginge aber auch um die solidarische Hilfe für die überfallene Ukraine. "Mir ist jeder willkommen, der dieses Amt sinnvoll ausfüllen will", sagt er.
Auch der Parteikollege Alexander Müller hege Respekt für Lambrechts Entscheidung. Weiter sagt er gegenüber watson:
Die Lage gebietet es, nun spürbar an Tempo zuzulegen, meint Müller. Auch, um den internationalen Verpflichtungen gerecht zu werden. Ihm zufolge muss die Beschaffung schneller und erfolgreicher erfolgen, die Bürokratie abgebaut werden und die Bundeswehr modernes Gerät und ausreichend Personal haben, um unser Land verteidigen zu können.
Müller wünscht sich einen klugen und erfahrenen Kopf für das Bundesministerium der Verteidigung. "Jemanden mit Mut zur konsequenten Umsetzung der Zeitenwende", sagt er.
"Wer in der Politik zurücktritt, hat es sich vorher sicher nicht einfach gemacht", meint Agnieszka Brugger gegenüber watson. Die Grünen-Politikerin habe großen Respekt für die Entscheidung von Lambrecht. Sie habe damit die Sache über die eigene Person gestellt. Zur Nachfolge Lambrechts sagt sie:
Das Amt zu verlassen, sei laut Grünen-Politikerin Merle Spellerberg die richtige Entscheidung. Allerdings sollte Lambrechts Nachfolge sofort startklar sein. Sie sagt dazu:
Dabei sollte das Versprechen des Bundeskanzlers, das Kabinett paritätisch zu besetzen, nicht in Vergessenheit geraten, fügt Spellerberg hinzu.
Nach der Welle von Pleiten, Pech und Pannen sei der Rücktritt der Ministerin überfällig, erklärt die Linken-Politikerin Żaklin Nastić auf watson-Anfrage.
"Gerade jetzt sollte der Posten Verteidigung von einer besonnenen und verantwortungsvollen Person besetzt werden, die angesichts der gefährlichen Kriegssituation mit kühlem Kopf arbeitet", meint Nastić.
"Der Rücktritt der Verteidigungsministerin ist längst überfällig", sagt der Linken-Politiker Ali Al-Dailami gegenüber watson. Ihm zufolge wurde Lambrecht letztlich von Union, Grünen und FDP aus dem Amt gejagt. "Weil sie ihnen in Sachen Waffenlieferungen ins ukrainische Kriegsgebiet zu zögerlich war." Weiter sagt er:
Im Sinne des Friedens in Europa bräuchte es laut ihm jemanden mit kühlem Kopf, die oder der die rein militärische Logik zur Beendigung des Ukraine-Kriegs durchbrechen will.
Auch die CDU-Politikerin Serap Güler drückt ihren Respekt für Lambrechts Entschluss aus. Laut ihr ist es die richtige Entscheidung im Sinne des Landes und im Sinne der Soldat:innen der Bundeswehr. "Dass sie nun zurücktritt und den Weg freimacht für einen offensichtlich notwendigen Neuanfang, ist nur folgerichtig", meint Güler auf watson-Anfrage.
Ein neue:r Verteidigungsminister:in brauche die nötige Durchsetzungskraft gegenüber dem Kanzler und den Kabinettskollegen. Weiter sagt Güler:
Der CDU-Politiker Armin Schwarz halte den Rücktritt für längst überfällig. "Ministerin Lambrecht schadete durch ihr Agieren der Bundeswehr, der Sicherheit unseres Landes und dem Ansehen bei unseren Partnern", meint Schwarz gegenüber watson.
Er hoffe, dass Bundeskanzler Scholz diesmal bei der Besetzung des Amtes ausschließlich auf die Befähigung achtet und nicht auf Faktoren wie Regionalproporz, Alter oder Geschlecht. "Einen weiteren personellen Fehlgriff von Bundeskanzler Scholz kann sich unser Land nicht leisten."
Watson hat auch bei der SPD, der Partei von Christine Lambrecht nachgefragt, aber keine Rückmeldung erhalten.