Der Konsum von Tabakerzeugnissen ist bekanntlich vor allem für junge Menschen gesundheitsschädlich – aber auch unter der Produktion können Kinder und Jugendliche enorm leiden.
Auf die gefährliche Kinderarbeit im globalen Süden machen das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) und das Projekt Unfairtobacco aufmerksam. "Die Tabakindustrie ist in der Pflicht für sichere und faire Arbeitsbedingungen zu sorgen und Kinderarbeit zu verhindern", sagt Ute Mons vom DKFZ in Heidelberg.
Davor verschließe die Branche die Augen.
Jacob verweist auf Schätzungen, dass weltweit 1,3 Millionen Minderjährige für die Tabakindustrie schuften. Der Deutsche Zigarettenverband (DZV) verweist auf Erfolge einer Stiftung gegen Kinderarbeit.
Am stärksten betroffen sind laut den Expertinnen Malawi, Sambia, Tansania, Zimbabwe Argentinien, Brasilien, Indonesien, Vietnam, Kambodscha, aber auch die USA. Der Tabak wird in kleinbäuerlichen Betrieben angebaut. Diese erhalten etwa 1,30 bis 3 Dollar (1,2 bis 2,7 Euro) pro Kilo.
"Dieser lächerlich geringe Preis steht in krassem Gegensatz zu den Gewinnen der von wenigen Großkonzernen dominierten Tabakindustrie", sagt Sonja von Eichborn von Unfairtobacco, einem Projekt der Berliner Landesarbeitsgemeinschaft Umwelt und Entwicklung.
Oft kämen die Familien nur über die Runden, wenn sie ihre Kinder mitarbeiten lassen, anstatt fremde Arbeiter zu bezahlen.
Das hat nicht nur Folgen für den Schulbesuch, sondern auch für die Gesundheit der Kinder. "Man muss wissen, dass Tabakanbau Handarbeit ist, weltweit sind 17 Millionen Menschen damit beschäftigt", sagt von Eichborn.
Laut Unfairtobacco handelt es sich damit nach den Standards der Internationalen Arbeitsorganisation um eine der schlimmsten Formen der Kinderarbeit.
In Deutschland spielt der Tabakanbau nach dem Wegfall von EU-Subventionen 2009 kaum noch eine Rolle. Das Land gehört aber mit 109,8 Milliarden ausgeführten Zigaretten (2018) zu den größten Exporteuren der Welt und ist Standort einer der größten Anbieter von Maschinen für die Zigarettenproduktion.
Der Zigarettenverband ist sich der Problematik durchaus bewusst. Kinderarbeit sei im gesamten Landwirtschaftssektor in Entwicklungsländern zu finden, nicht nur im Tabakanbau.
"Wir möchten nicht, dass Tabak unter diesen Bedingungen angebaut wird", betont Geschäftsführer Jan Mücke. Deshalb hätten global tätige Verbandsmitglieder mit anderen Partnern die Stiftung "Eliminating Child Labour in Tobacco Foundation (ECLT)" gegründet.
Diese Stiftung gegen Kinderarbeit im Tabakanbau hat laut Mücke seit 2011 über 650.000 Kinder und ihre Familien erreicht. In sechs Ländern werde versucht, Kinder aus dem Tabakanbau in die Schule umzulenken.
Verbandsmann Mücke betont, es sei "internationaler Konsens", dass Kinderarbeit nicht durch eine einseitige Fokussierung auf einzelne Rohstoffe oder Lieferketten überwunden werden könne. Für nachhaltige Verbesserungen in den betroffenen Regionen sei ein umfassender von der Regierung über die Wirtschaft bis hin zu lokalen Gemeinschaften unterstützter Ansatz notwendig.
Bei Unfairtobacco findet das wenig Beifall. Von Eichborn sagt dazu: "Das führt nicht zu strukturellen Veränderungen im Tabakanbau und erfüllt nur das Maß, das man braucht, um gute Presse zu bekommen."
Beide Expertinnen von DKFZ und Unfairtobacco sprechen sich für ein Lieferkettengesetz aus. Damit könnte die deutsche Zigarettenindustrie haftbar gemacht werden für Verstöße gegen Kinder- und Menschenrechte an jeder Station der Lieferkette, auch im Ausland. Entsprechende gesetzliche Rahmen gebe es bereits in den Niederlanden und Frankreich.
Von freiwilligen Selbstverpflichtungen halten sie nichts. Die Firmen scheuten den Aufwand, für die einzelnen Teile ihrer Produkten Kinderarbeit auszuschließen.
(pcl/dpa)