Mit einer neuen Kommission will die Bundesregierung grundlegende Reformen bei Deutschlands Krankenhäusern anstoßen. Gesundheitsminister Karl Lauterbach berief dafür am Montag ein Expertengremium, dem 16 Expertinnen und Experten aus Pflege und Medizin, Ökonomie, Rechtswissenschaften und ein Koordinator angehören. Es brauche eine große Reform, sagte der SPD-Politiker in Berlin. Das Ziel sei eine bessere Versorgung. Die Krankenhäuser und Krankenkassen sollen der Kommission nicht angehören, aber bei deren Arbeit angehört werden. Angestrebt werde am Ende ein Ergebnis "aus einem Guss" und eine Umsetzung gemeinsam mit den Ländern.
Lauterbach sagte in Berlin, Deutschland verfüge über die leistungsfähigsten Kliniken der Welt. Gerade die Pandemie habe gezeigt, "dass wir uns auf diese Krankenhäuser verlasen können". Dennoch bestehe Reformbedarf. Die bislang letzte Reform mit der Einführung der Fallpauschalen liege bereits 20 Jahre zurück.
Konkret soll es unter anderem darum gehen, wie die Notfallversorgung besser sicherzustellen und der Mangel an Pflegekräften zu beheben sei, machte Lauterbach deutlich. Zudem gehe es etwa um Qualitätsanreize für die Vergütung sowie um Änderungen am System der Finanzierung über Pauschalen für Behandlungsfälle.
Die Einsetzung der Kommission wurde im Koalitionsvertrag von SPD, FDP und Grünen vereinbart. Reformen sollen demnach auch dazu dienen, Krankenhäuser stärker nach Versorgungsstufen zu ordnen. Genannt sind eine Primär-, Grund-, Regel- und eine Maximalversorgung sowie die Universitätskliniken. Die Planung solle sich an guter Erreichbarkeit der Kliniken und einem steigenden Anteil älterer Menschen orientieren.
Leiter der Kommission ist der langjährige Chefarzt der Abteilung für Psychiatrie der Schlosspark-Klinik Berlin, Tom Bschor. Er zeichnete ein düsteres Bild der Lage. Die Krankenkassen sähen sich mit einem Milliardendefizit konfrontiert. Viele Krankenhäuser fürchteten die Insolvenz und litten unter dem Personalmangel. Die Leidtragenden seien letztlich immer die Patienten.
Der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkassen (GKV) drückte aufs Tempo. "Mit der Bekanntgabe der Kommissionsmitglieder startet nun endlich der dringend notwendige Reformprozess im Krankenhausbereich", erklärte Verbandssprecher Florian Lanz. "Es gilt jetzt keine Zeit mehr zu verlieren, denn bei der stationären Versorgung muss von der Versorgungsqualität über die Personalausstattung in der Pflege bis zu Fragen der Wirtschaftlichkeit vieles gleichzeitig angepackt werden."
Es wäre besser gewesen, die Kommission angemessen im Gesundheitswesen zu verankern, kritisierte Lanz. "Denn neben der wissenschaftlichen Theorie braucht ein solches Reformprojekt auch die konzeptionelle und die Umsetzungskompetenz der Selbstverwaltung."
Unzufrieden mit der Besetzung des Gremiums zeigte sich auch die Deutsche Stiftung Patientenschutz. "Ohne Zweifel müssen die knapp 2000 Krankenhäuser in Deutschland zukunftsfest gemacht werden", sagte Stiftungsvorstand Eugen Brysch der Nachrichtenagentur AFP. "Zentrale Aufgabe wird es hier sein, besonders eine altersgerechte Medizin anzubieten." Es sei deshalb unerklärlich, dass der Bundesgesundheitsminister keinen Experten dazu in die Kommission berufen habe.
Lauterbach sagte, viele Mitglieder seien auch als Praktiker tätig. Die Kommission solle ein Arbeitsgremium sein, das sich ähnlich wie der Corona-Expertenrat der Bundesregierung regelmäßig treffen solle. Es gehe also nicht darum, am Ende einen Bericht zu überreichen. Die genaue Arbeitsweise solle aber noch festgelegt werden.
Die Ampel-Parteien hatten sich in ihrem Koalitionsvertrag auf die Einsetzung der Kommission verständigt, die Empfehlungen für Krankenhausreformen ab dem Jahr 2023 erarbeiten soll. Die Kommission wird sich den Angaben zufolge in den kommenden Tagen konstituieren und ihre Arbeit aufnehmen. Lauterbach hatte kürzlich angekündigt, dass es im Zuge der Reform keine pauschalen Klinikschließungen geben soll.
(crl/dpa/afxp)