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15.05.2018, 18:0615.05.2018, 18:52
Ganz in Weiß, mit Maßanzug und Hut, so
spazierte Tom Wolfe bis zuletzt noch hin und wieder durch sein New
York, durch seine Upper East Side. Langsam, aber stolz und aufrecht.
Spätestens seit seinem Weltbestseller "Fegefeuer der Eitelkeiten"
galt Wolfe als fester Teil des Literatur-Olymp. Am Montag starb der
US-Schriftsteller in einem Krankenhaus in Manhattan, wie seine
Agentin am Dienstag bestätigte.
Wolfe umgab immer etwas Mystisches, auch aus seinem Alter hatte
er immer gerne ein Geheimnis gemacht. Während sein deutscher Verlag
1931 als Geburtsjahr angab, sprachen andere Quellen von 1930.
Wolfe hatte sich in den vergangenen Jahren zunehmend aus der
Öffentlichkeit zurückgezogen. Zwischendurch hatte er sich immer mal
wieder zurückgemeldet, streitlustig wie eh und je.
- 2016 griff er in "Das Königreich der Sprache" Charles Darwins
Evolutionstheorie und den Literaturwissenschaftler Noam Chomsky an.
- 2012 legte er sich in "Back to Blood" mit den Eliten der
Sonnen-Metropole Miami an.
Wolfe hat schon immer polarisiert. Millionenfach verkaufte und
erfolgreich verfilmte Bücher sowie treue Fans auf der einen Seite,
scharfe Kritik des literarischen Establishments auf der anderen.
- "Massenunterhaltung" sahen Größen der amerikanischen Literatur wie
Norman Mailer und John Updike in seinen Werken.
- John Irving lästerte
über die «Geschwätzigkeit» seines Kollegen und erklärte sich unfähig,
Wolfes ersten Roman zu Ende zu lesen.
Der Erfinder des Pop-Journalismus
An seinem Status
als "erster Pop-Journalist" und zumindest Miterfinder
des New Journalism, der literarisches und nichtfiktionales mischt,
wurde nie gerüttelt. Wolfe galt als Gesellschafts- und
Zeitdiagnostiker, der für jedes Jahrzehnt das passende literarische
Sittengemälde lieferte.
Aber der Autor galt auch als eitler
Selbstdarsteller, als "Amerikas größter Satz-für-Satz-Angeber", der genüsslich die Schwächen anderer Menschen
beschrieb.
Wolfe leugnete das nie:
"Wenn die meisten Schriftsteller
ehrlich mit sich selbst wären, würden sie zugeben, dass sie nur das
erreichen wollen: Vorher nahm sie niemand wahr, jetzt schon."
Geboren wurde Wolfe in Richmond im US-Virginia in eine reiche
Professoren- und Plantagenbesitzer-Familie. Seine Mutter führte ihn
in die Künste ein, ließ den kleinen Tom in Ballett- und Stepptanz
ausbilden, zeichnete und las viel mit ihm. Kaum neun, soll der Junge
versucht haben, eine Biografie über Napoleon sowie einen
illustrierten Band über Mozarts Leben zu schreiben. Er studierte an
der Elite-Universität Yale und bewarb sich dann als Journalist.
Einmal erzählte Wolfe
Ich
habe mehr als hundert Bewerbungen an Zeitungen geschrieben. Drei Antworten habe ich bekommen. Zwei
Absagen.
Paris Review
Die "Springfield Union" in Massachusetts stellte ihn an.
Über einige andere Zeitungsjobs landete Wolfe schließlich in New
York und bei der Belletristik.
Über diese Zeit erzählte er:
"Acht Monate lang saß ich jeden Tag an
meiner Schreibmaschine und wollte das 'Fegefeuer der Eitelkeiten'
anfangen und nichts passierte. Mir wurde klar, dass ich es nur
schaffen kann, wenn ich mir eine Abgabefrist setze."
Das Werk
erschien Mitte der 80er Jahre zunächst als Fortsetzungsroman in der
Zeitschrift "Rolling Stone" und wurde dann als Roman ein Welterfolg
und mit Tom Hanks, Melanie Griffith und Bruce Willis verfilmt. Später
folgten Erfolge wie "Ein ganzer Kerl" und "Ich bin Charlotte Simmons"
sowie zahlreiche Reportagen und Essays.
Die Selbstzweifel seien geblieben, sagte der zweifache Vater
Wolfe, der mit seiner Frau im 14. Stock eines eleganten
Appartementhauses direkt am Central Park wohnte. "Man geht jeden
Abend ins Bett und denkt, dass man die brillantesten Seiten aller
Zeiten geschrieben hat, und am nächsten Tag merkst du, dass es nur
Gefasel ist. Manchmal auch erst sechs Monate später. Das ist eine
konstante Gefahr." Trotzdem sei ihm die Lust an seinem Job nie
vergangen, sagte er einmal in einem Interview. "Der größte Spaß am
Schreiben ist das Entdecken."
(mbi/dpa)
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