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AKK entfacht Debatte um Nato-Einsatz in Syrien – erste Reaktionen

Annegret Kramp-Karrenbauer besucht Bundeswehrsoldaten im Irak: Sollten deutsche Truppen nach Syrien entsandt werden?
Annegret Kramp-Karrenbauer besucht Bundeswehrsoldaten im Irak: Sollten deutsche Truppen nach Syrien entsandt werden?Bild: Michael Kappeler/dpa
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Kramp-Karrenbauer entfacht Debatte um Nato-Einsatz in Syrien

22.10.2019, 07:1222.10.2019, 08:11
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Die Verteidigungsministerin will zur Lösung des Syrien-Konflikts Taten statt Worte – und macht einen internationalen Vorstoß. Außenminister Maas ist damit offenbar überrascht worden. Ob die Partner mitziehen?

Annegret Kramp-Karrenbauer will Bündnispartner und Konfliktparteien in Nordsyrien für eine international kontrollierte Sicherheitszone gewinnen. Einen entsprechenden Vorschlag habe sie am Montag mit Kanzlerin Angela Merkel abgestimmt und westlichen Verbündeten unterbreitet, sagte die CDU-Vorsitzende in Berlin. Sie werde ihren Vorstoß am Rande des Treffens der Nato-Verteidigungsminister in Brüssel am Donnerstag und Freitag mit Amtskollegen besprechen.

Über eine mögliche Beteiligung der Bundeswehr müsse der Bundestag entscheiden. Dies werde das Verteidigungsministerium dann mit der Bundeswehr auch umsetzen, sagte Kramp-Karrenbauer in einem Interview anlässlich ihrer ersten 100 Tage im Amt. Heute schon sei man im Einsatz gegen die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) in der Ausbildung wie in der Luftraumüberwachung aktiv. "Wenn die Frage ist, wie wir den Kampf gegen den IS auch weiter fortsetzen, wird das Gegenstand solcher Beratungen sein", sagte sie.

Die Türkei hatte am 9. Oktober im Norden Syriens eine Offensive gegen die Kurdenmiliz YPG gestartet, die von ihr als Terrororganisation angesehen wird. Ankara begründet das Vorgehen mit dem Recht auf Selbstverteidigung. Die Bundesregierung hält den Einmarsch für völkerrechtswidrig. Von Sanktionen hat sie bis auf eine Einschränkung der Rüstungsexporte an die Türkei bisher abgesehen.

Erste Reaktionen auf Kramp-Karrenbauers Foderung

Aus dem von SPD-Außenminister Heiko Maas geführten Auswärtigen Amt hieß es, es bestehe Diskussionsbedarf zu den Vorschlägen der Verteidigungsministerin. Aus der Opposition kam Kritik, aber auch Zustimmung für den Vorschlag.

"Bereits vor ein paar Tagen hat die FDP in Syrien eine Blauhelmmission gefordert", sagte die FDP-Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann. Unionspolitiker hätten dies zunächst noch belächelt. "Deutschland ist angesichts der türkischen Invasion viel zu lange sprachlos geblieben", kritisierte sie. Die FDP fordere ein Ende der Kampfhandlungen, einen Vertrag für eine internationale Sicherheitszone zwischen allen beteiligten Konfliktparteien und eine UN-Resolution. "Deutschland muss dann auch bereit sein, mit der Bundeswehr diese Mission aktiv zu unterstützen", so Strack-Zimmermann.

Der Grünen-Außenpolitiker Omid Nouripour sagte: "Die Angst vor Flüchtlingen hat Teilen der CDU wohl die Sicht auf die Realität vernebelt." Kramp-Karrenbauer widerspreche damit auch dem Außenminister. "So desavouiert sie mit unabgesprochenen Ansagen nicht nur die Verlässlichkeit Deutschlands in unseren Bündnissen. Sie verfestigt auch den Eindruck, Erdogan könne uns mit Flüchtlingen erpressen."

Ein Sprecher der kurdischen Gemeinde Deutschland begrüßte Kramp-Karrenbauers Forderung: "Es wurde höchste Zeit, dass Deutschland reagiert und Europa reagiert", sagte Ali Ertan Toprak im ZDF-"Heute-Journal".

Der Außenpolitische Sprecher der Linken, Stefan Liebich, sagte, die Nato sei allerdings die falsche Adresse. "Wenn man so etwas diskutieren will, dann gehört das in den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen, dort ist Deutschland Mitglied, dort gehört es auf den Tisch," so Liebich im ZDF.

Der Außenpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Bijan Djir-Sarai, schrieb auf Twitter, die Situation in Syrien sei eine Bedrohung für die Sicherheitsinteressen Europas. "In der Bundesregierungen sind die Vorstellungen, wie man mit dem Konflikt umgehen soll, völlig unterschiedlich. Handlungsfähig in der Außenpolitik wieder nicht vorhanden", so Djir-Sarai.

Aus der CDU gab es zunächst mehrere positive Reaktionen. Der frühere CDU-Generalsekretär Ruprecht Polenz schrieb auf Twitter, er freue sich über Kramp-Karrenbauers Initiative. Der Bundestagsabgeordnete und Augsburger CSU-Vorsitzender Volker Ullrich twitterte: "Die Übernahme von mehr Verantwortung in der Außen- und Sicherheitspolitik kann nicht nur als Wunsch formuliert werden, sondern wir müssen uns ihr stellen, wenn es geboten ist." Der Vorstoß der Verteidigungsministerin sei richtig und habe Unterstützung verdient.

Das sagt Kramp-Karrenbauer zu ihrem Vorstoß

Angesichts der deutschen und europäischen Sicherheitsinteressen "ist ein Impuls und eine politische Initiative von Deutschland ausgehend für einen europäischen Vorstoß in der Nato sinnvoll", sagte die Ministerin. Bisher hätten sich Deutschland und die Europäer zu passiv verhalten, "wie Zaungäste", ergänzte Kramp-Karrenbauer. "Deswegen müssen wir auf Dauer Strukturen schaffen, die zum Beispiel eine freiwillig Rückkehr von Geflüchteten in diese Region auch möglich macht. Dann brauchen wir in dieser Region über die aktuelle Situation hinaus eine Lösung, die für Stabilität und Sicherheit steht."

Eine Lösung "liegt in der Schaffung einer international kontrollierten Sicherheitszone unter Einbeziehung der Türkei und Russlands, mit dem Ziel, die Lage dort zu deeskalieren", sagte Kramp-Karrenbauer. Diese Lösung müsse deutlich machen, dass die Türkei die Zone in Nordsyrien nicht dauerhaft besetze, was völkerrechtswidrig sei. Zudem müsse man der bestehenden UN-Resolution zu Syrien gerecht werden und das Land als gemeinsames Gebiet erhalten. Es solle keine autonomen anderen Gebiete in Syrien geben.

Der Kampf gegen den IS müsse fortgesetzt werden, forderte Kramp-Karrenbauer weiter. Ihr Vorschlag habe zudem das Ziel, "den gerade begonnenen Verfassungsprozess nach der UN-Resolution auch wirklich fortsetzen zu können."

Zur Vorbereitung eines geplanten Treffens der Kanzlerin mit ihren Amtskollegen aus Frankreich, Großbritannien sowie der Türkei und Russland zur Lage in Syrien solle der deutsch-französische Verteidigungs- und Sicherheitsrat zu einem außerordentlichen Treffen zusammenkommen. Dazu sollten der Verteidigungs- und der Außenminister von Großbritannien eingeladen werden, sagte Kramp-Karrenbauer. "Parallel dazu sollten bilaterale Gespräche mit der Türkei und Russland aufgenommen werden."

Deutschland solle seine Position als nichtständiges Mitglied im UN-Sicherheitsrat nutzen, um auf der Grundlage der bestehenden UN-Resolution die Grundlage für eine international kontrollierte Sicherheitszone zu schaffen, erklärte die Ministerin. "Das Zeitfenster für den Vorschlag ist jetzt günstig, denn in den nächsten Tagen und Wochen wird sich auch die Frage entscheiden, wie eine dauerhafte Lösung für diese Region aussehen sollte. Ich bin der Auffassung, es ist an uns Europäern, hier eine Antwort zu geben."

AKK: Kritik an eigener Partei

Kramp-Karrenbauer hatte am Samstag auf dem CSU-Parteitag kritisiert, Deutschland und die Union hätten sich in der Vergangenheit zu sehr in der Außenpolitik zurückgehalten. "Wir sind stark, es kommt auf uns an, und wir müssen irgendwann endlich auch mal eigene politische Antworten geben – und zwar insbesondere als Union", hatte sie in München gesagt.

Einen Tag vor dem Ende der fünftägigen Waffenruhe in Nordsyrien setzten die US-Truppen ihren Abzug unter Beschimpfungen der dort lebenden Kurden fort. US-Verteidigungsminister Mark Esper verteidigte den Abzug mit der Begründung, dass die "Invasion der Türken" in Nordsyrien unmittelbar bevorgestanden habe. Die Feuerpause endet an diesem Dienstag um 21.00 Uhr deutscher Zeit.

(hd/dpa)

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