Der libanesische Ministerpräsident Hassan Diab will nach der verheerenden Explosion im Hafen von Beirut seinen Rücktritt erklären. Das teilte Gesundheitsminister Hassan Hamad am Montag nach einer Kabinettssitzung mit, wie der lokale Sender MTV meldete.
Zusammen mit Justizministerin Marie-Claude Nadschm und Finanzminister Ghasi Wasni erklärten am Montag weitere Mitglieder des Kabinetts von Regierungschef Hassan Diab ihren Rücktritt, wie der libanesische TV-Sender MTV berichtete.
Diab wollte seinen Ministern am Montag eine vorgezogene Neuwahl vorschlagen, um die Lage zu beruhigen und einen Weg aus der schweren Krise zu bahnen.
Zuvor hatten am Sonntag Informationsministerin Manal Abdel Samad und Umweltminister Damianos Kattar ihre Ämter aufgegeben.
Diab hatte erst im Januar nach einer monatelangen Hängepartie das Amt des Regierungschefs in dem Land am Mittelmeer übernommen. Er folgte auf Saad Hariri, der nach Massenprotesten Ende Oktober zurückgetreten war. Diabs Regierung wird unter anderem von der Iran-treuen Hisbollah unterstützt, die im Libanon extrem mächtig ist. Wegen einer schweren Wirtschaftskrise und der Corona-Pandemie sind in seiner Amtszeit große Teile der libanesischen Bevölkerung in die Armut abgerutscht.
Diab hatte am Wochenende zunächst angekündigt, dem Kabinett in seiner Sitzung an diesem Montag eine vorgezogene Neuwahl vorzuschlagen. Damit wollte er die Lage beruhigen. Die nächste Abstimmung über das Parlament stünde im Libanon eigentlich erst 2022 an.
Viele Libanesen machen die Regierung für die verheerende Explosion am vergangenen Dienstag mit mindestens 160 Toten und mehr als 6000 Verletzten verantwortlich. Die Armee erklärte am Montag, sie habe fünf weitere Leichen aus den Trümmern gezogen.
Die Detonation soll durch große Mengen der hochexplosiven Chemikalie Ammoniumnitrat ausgelöst worden sein, die dort über Jahre ohne Sicherheitsvorkehrungen lagerten. Die Ermittlungen zur genauen Ursache der Katastrophe laufen jedoch noch.
Justizministerin Nadschm begründete ihren Schritt mit der Explosion und den Demonstrationen, wie MTV meldete. Sie war in der vergangenen Woche bei einem Besuch am Ort der Katastrophe von aufgebrachten Menschen beschimpft und mit Wasser bespritzt worden, wie auf einem Video in den sozialen Medien zu sehen war.
Eine Trauer- und Protestkundgebung im Zentrum Beiruts war am Wochenende in Gewalt und Chaos umgeschlagen. Aufgebrachte Demonstranten wollten Absperrungen zum Parlament durchbrechen, Sicherheitskräfte setzten massiv Tränengas ein. Über Stunden kam es zu Zusammenstößen. Ein Polizist wurde nach offiziellen Angaben getötet, mehr als 200 Menschen erlitten Verletzungen. Aufgebrachte Demonstranten stürmten mehrere Ministerien.
(pcl/dpa)