Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) hatte 2014 große Gebiete im Norden und Westen des Iraks unter ihre Kontrolle gebracht. In dieser Zeit wurden Zehntausende Menschen getötet, verschleppt, versklavt und misshandelt. Ein Sonderermittlungsteam der Vereinten Nationen kam zu dem Schluss, dass die Extremisten im Irak einen Völkermord an der religiösen Minderheit der Jesiden begangen haben.
Auch Deutschland will das Leid der Jesid:innen nun anerkennen. Benennen, als das, was es ist: ein Genozid. Ein Antrag von den Ampel-Parteien sowie der Union fordert diese Kategorisierung ein. Darin wird auch auf eine besondere Verantwortung Deutschlands hingewiesen.
Diese leite sich sowohl daraus ab, dass viele Angehörige der kurdischen Gemeinschaft in Deutschland leben. Aber auch aus der Tatsache, dass an den Gräueltaten und massiven Menschenrechtsverletzungen gegen Jesid:innen im Irak und in Syrien auch islamistische Terroristen aus Deutschland beteiligt waren.
Außenministerin Annalena Baerbock findet deutliche Worte für die jesidische Diaspora in Deutschland – und weltweit.
In ihrer Rede erklärt Baerbock, dass das Gedenken an den Völkermord auch als Auftrag gesehen werden müsse. "Als Auftrag, nicht nachzulassen und nach jenen zu suchen, die noch vermisst und verschleppt sind", führt die Außenministerin aus. Sie selbst sei vor drei Jahren in einem jesidischen Camp im Nordirak gewesen. Die Erfahrungen, die sie dort gemacht habe, ließen sie bis heute nicht los.
Sie erzählt von einer Frau, die sie dort kennengelernt hat. Diese Frau war Sexsklavin gewesen, bis der Mann eine neue Sklavin gefunden hat. Die Jesidin durfte gehen und ihren Sohn mitnehmen. Ihre beiden kleinen Töchter mussten bleiben. Es ist ein Beispiel von vielen.
Auch in ihrer Instagram-Story klärt Baerbock über die vom IS verübten Verbrechen gegen die Menschlichkeit auf. In ihrer Rede im Bundestag sagt die Außenministerin:
Eine Frage, die die Grünen-Ministerin aber nicht loslasse: Durch die Handyortung sei 2014 bekannt gewesen, wo tausende Frauen und Mädchen sich befunden haben. In einer Schule eingepfercht. Baerbock sagt: "Wir wussten, wo die Frauen waren. Deswegen sollten wir uns auch fragen: 'Warum haben wir nicht gehandelt?'"
Natürlich, fügt sie an, spielten bei solchen Entscheidungen militärische Abwägungen eine Rolle. Trotzdem fordert Baerbock, diese Frage immer wieder zu stellen – um solche Verbrechen in Zukunft zu verhindern. Auf Instagram stellt die Ministerin außerdem klar: "Das mindeste, was wir tun können, ist unsere Stimme für Jesid:innen zu nutzen."
Auf Twitter erklärt Baerbock außerdem, ihr sei bewusst, dass kein Parlamentsbeschluss das Leid der Jesid:innen ungeschehen machen könne. Sie fügt an: "Aber ich bin zutiefst überzeugt, dass diese Entscheidung einen Unterschied macht: ein entscheidender Schritt zur Anerkennung des Leids und hin zu Gerechtigkeit für die Überlebenden."
Es sei ein wichtiger Beitrag dafür, dass sich der Völkermord nicht über Generationen vererbt, ist sich die Außenministerin sicher. "Wir können diesen Völkermord nicht rückgängig machen", sagt sie. Was Deutschland aber tun könne, sei dafür zu sorgen, dass die Opfer Gerechtigkeit erfahren.
(Mit Material von dpa)