Nach einer neuen Vereinbarung über ein Ende aller Kämpfe um die Konfliktregion Berg-Karabach haben russische Friedenstruppen ihren Einsatz begonnen. Die ersten vier Flugzeuge vom Typ Iljuschin Il-76 seien in der Nacht zum Dienstag mit Soldaten und gepanzerten Fahrzeugen in die Krisenregion geflogen, teilte das russische Verteidigungsministerium in Moskau der Agentur Interfax zufolge mit. Als offizieller Beginn der Mission sei 7.00 Uhr Ortszeit (4.00 Uhr MEZ) vereinbart worden.
Die Vereinbarung über ein Ende aller Kampfhandlungen war am späten Montagabend zwischen dem Präsidenten von Aserbaidschan und dem armenischen Regierungschef unter Vermittlung von Kremlchef Wladimir Putin zustande gekommen. Sie sieht die Entsendung von 1960 russischen Friedenssoldaten und territoriale Zugeständnisse vor.
In der Krisenregion selbst blieb es am Dienstagmorgen zunächst ruhig. Weder das armenische Verteidigungsministerium noch das von Aserbaidschan meldeten Gefechte um die bergige Region. Noch am Vortag hatten die Behörden von Berg-Karabach den Verlust der strategisch wichtigen Stadt Schuscha eingeräumt. Zudem war ein russischer Militärhubschrauber von Aserbaidschan abgeschossen worden.
Vor allem in Armenien löste die Nachricht vom Ende der Kämpfe heftige Proteste aus. In der Hauptstadt Eriwan kam es in der Nacht zu Ausschreitungen. Demonstranten besetzten den Regierungssitz und das Parlament. Sie beschimpften den armenischen Regierungschef Nikol Paschinjan als Verräter. Paschinjan schrieb am Morgen bei Facebook, er halte sich weiter in Armenien auf und erfülle seine Aufgaben als Ministerpräsident "weiterhin voll und ganz".
Die Gefechte um Berg-Karabach dauern bereits seit Ende September an. Der Konflikt selbst ist schon jahrzehntealt.
Aserbaidschan verlor in einem Krieg nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion vor rund 30 Jahren die Kontrolle über das bergige Gebiet mit etwa 145 000 Bewohnern. Seit 1994 galt eine brüchige Waffenruhe. Aserbaidschan beruft sich in dem neuen Krieg auf das Völkerrecht und sucht immer wieder die Unterstützung von seinem "Bruderstaat" Türkei. Armenien wiederum setzt auf Russland als Schutzmacht.
(lau/dpa)