Ein im Kalten Krieg an der Entwicklung des Nervengiftes Nowitschok beteiligter Wissenschaftler hat sich bei dem russischen Oppositionellen Alexej Nawalny entschuldigt. Der Chemiker Wil Mirsajanow, der Anfang der 90er-Jahre die Öffentlichkeit über die geheime Entwicklung von Nowitschok in der Sowjetunion informierte, sagte dem russischen Sender TV Rain am Samstagabend, er bedauere seinen Beitrag zur Entwicklung des Giftes.
"Ich entschuldige mich zutiefst bei Nawalny für die Tatsache, dass ich mich an diesem kriminellen Geschäft beteiligt habe, diese Substanz zu entwickeln, mit der er vergiftet wurde", sagte Mirsajanow, der heute in den Vereinigten Staaten lebt. Er äußerte die Erwartung, dass sich Nawalny von der Vergiftung wahrscheinlich erholen werde. "Nawalny muss Geduld haben aber am Ende sollte er wieder gesund werden", sagte Mirsajanow. Er gehe von "fast einem Jahr" zur Genesung aus.
Nawalny war am 20. August auf einem Inlandsflug zusammengebrochen. Zunächst wurde der Gegner von Staatschef Wladimir Putin nach einer Notlandung in einem Krankenhaus in Omsk behandelt, zwei Tage später wurde er dann auf Drängen seiner Familie und seiner Unterstützer zur Behandlung in die Berliner Universitätsklinik Charité gebracht.
Nach Angaben der Bundesregierung wurde der Oppositionelle "zweifelsfrei" mit einem chemischen Nervenkampfstoff aus der Nowitschok-Gruppe vergiftet. Die Bundesregierung stützt sich auf die Analyse-Ergebnisse eines Bundeswehr-Speziallabors; Labore in Frankreich und Schweden bestätigten den Befund.
Die russische Seite weist jede Verantwortung für die Giftattacke zurück, teils wird auch die Vergiftung als solche bestritten. Außer Mirsajanow meldeten sich noch zwei weitere Wissenschaftler zu Wort, die damals an dem geheimen sowjetischen Projekt beteiligt waren.
Der Wissenschaftler Leonid Rink schloss eine Vergiftung Nawalnys mit Nowitschok im Gespräch mit der Nachrichtenagentur RIA Nowosti aus. Dieser hätte "nicht überlebt, wenn es Nowitschok gewesen wäre", sagte Rink. Außerdem warf er Mirsajanow vor, dieser habe zwar im selben Forschungszentrum gearbeitet, sei aber an der Entwicklung von Nowitschok nicht direkt beteiligt gewesen.
Der Wissenschaftler Wladimir Uglew hatte gesagt, dass Nawalny überlebt habe, deute darauf hin, dass er nur Hautkontakt mit dem Gift hatte und dieses nicht einnahm.
(vdv/afp)