Ministerpräsident Benjamin Netanjahu am Mittwochabend in Jerusalem.Bild: www.imago-images.de
International
Israel bleibt im politischen Chaos: Das Land wählt nach der gescheiterten
Regierungsbildung am 17. September ein neues Parlament.
- Weil der rechtskonservative Ministerpräsident Benjamin Netanjahu keine tragfähige Koalition schmieden konnte, stimmte die Knesset in einem beispiellosen Schritt am Mittwochabend für ihre Auflösung - nur einen Monat nach ihrer Vereidigung. 74 Abgeordnete votierten für und 45 gegen den Antrag, einer war abwesend.
- Fassungslose TV-Moderatoren sprachen von einem "politischen Massenselbstmord": Viele der gerade erst vereidigten Abgeordneten können nicht damit rechnen, wieder ins Parlament gewählt zu werden.
Netanjahu hatte bis zum Ablauf einer sechswöchigen Frist um
Mitternacht noch versucht, eine Regierung vor allem rechter und
religiöser Parteien zu bilden. Es gelang ihm jedoch letztlich nicht,
in einem zentralen Streitpunkt eine Einigung zwischen dem
ultra-rechten Ex-Verteidigungsminister Avigdor Lieberman und zwei
strengreligiösen Parteien zu erzielen. Dabei geht es um ein Gesetz,
das schrittweise mehr strengreligiöse Männer zum Wehrdienst
verpflichten soll.
Lieberman pochte darauf, dass ein bereits in erster Lesung
gebilligter Gesetzesentwurf von der neuen Regierung ohne jegliche
Veränderung angenommen wird. Dazu waren Netanjahus strengreligiöse
potenzielle Koalitionspartner jedoch nicht bereit. Eine Neuwahl
dürfte nach Schätzung des Finanzministeriums umgerechnet fast 120
Millionen Euro kosten.
Nach Medienberichten stellten viele Parteien bei den
Verhandlungen mit Netanjahus rechtskonservativem Likud
Maximalforderungen. Der 69-jährige Regierungschef steht wegen einer
drohenden Korruptionsanklage stark unter Druck und gilt deshalb als
erpressbar.
Wahlen in Israel:
Israel hatte erst am 9. April vorzeitig sein Parlament gewählt. Netanjahus Likud erhielt 35 von 120 Sitzen, genau so viele wie das Oppositionsbündnis der Mitte von Ex-Militärchef Benny Gantz. Insgesamt hat das Lager rechter und religiöser Parteien eine Mehrheit. Eine fünfte Amtszeit als Regierungschef bleibt Netanjahu nun erst einmal verwehrt, mit Blick auf die Wahl im September äußerte er sich aber siegesgewiss.
Ein Mitglied Netanjahus eigener Partei hatte den Antrag auf Auflösung
des Parlaments gestellt. Damit sollte verhindert werden, dass nach
dem Scheitern der Verhandlungen wie sonst üblich der Staatspräsident
einen anderen Politiker mit der Regierungsbildung beauftragt.
(pb/dpa)
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