Ein Foto geht um die Welt. Es zeigt einen Ameisenbären, sein Fell ist verkohlt, die Augen blind. Das Tier steht aufrecht und breitet dabei die Vorderläufe aus. Geschossen hat das Bild Araquém Alcântara, ein berühmter brasilianischer Naturfotograf, im Jahr 2005. Im August dieses Jahres verbreitete er es erneut auf seinem Instagram-Account.
Damit will Alcântara sinnbildlich auf das Leid der Tiere aufmerksam machen, die im Amazonas-Regenwald leben, wo aktuell die schwersten Waldbrände seit Jahren wüten.
Denn in dem Biodiversitätssammelsurium verbrennen augenblicklich nicht nur unzählige Pflanzen und Bäume, sondern es verenden auch sehr viele Tiere durch Flammen, Hitze, Rauch, darunter seltene Arten.
Wie viele bereits ums Leben gekommen sind, darüber gibt es keine genauen Informationen.
Zehn Prozent aller bekannten Tierarten auf der Welt leben im Amazonas-Gebiet. (nationalgeographic.de)
Das Amazonas-Gebiet ist die Heimat von 2,5 Millionen Arten Insekten. Außerdem leben dort rund 1300 Vogelarten, mehr als 400 verschiedene Säugetierarten sowie etwa 800 Reptilien- bzw. Amphibienarten. Hinzu kommen etwa 40.000 Pflanzenarten.
Gesche Jürgens von Greenpeace erklärte gegenüber RTL, dass durch die Waldbrände im Grunde genommen alle Tierarten im Amazonas-Gebiet in Gefahr seien. Manche Tiere, zum Beispiel große, schnelle Tiere oder Vögel, könnten zwar rechtzeitig fliehen, aber Küken oder Amphibien und Reptilien hätten in der Regel keine Chance und würden im Feuer sterben. (rtl.de)
Im Südwestrundfunk (SWR) hat Roberto Maldonado, der Brasilien-Experte der Umweltschutzorganisation WWF Deutschland, gewarnt, dass zum Beispiel der sogenannte "Feuerschwänzige Springaffe" akut gefährdet sei. Die erst im Jahr 2014 beschriebene kleine Primatenart lebt im Süden des Amazonas-Gebietes, dort brennt es derzeit am stärksten. Außerdem seien viele Insektenarten bedroht, die man erst seit kurzem kennt. (swr.de)
Carlos César Durigan, Direktor der "Wildlife Conservation Society of Brazil", sieht auch eine Unterart des Braunrückentamarins in Gefahr. Die Primatenart aus der Familie der Krallenaffen, die ebenfalls erst kürzlich entdeckt wurde, lebt nur in einem kleinen Gebiet in Zentralbrasilien, das ebenfalls von den Waldbränden bedroht ist. (nationalgeographic.de)
Im Schnitt haben Forscher in den vergangenen Jahren alle drei Tage eine neue Art im Amazonas-Gebiet entdeckt. Viele Gegenden sind dort aber auch noch fast unerforscht. Die Befürchtung: Viele Arten im Amazonas-Regenwald könnten wegen der Brände aussterben, ehe man sie entdeckt. (zdf.de)
Laut Schätzungen von Forschern gibt es zudem mehr als 16.000 Arten von Bäumen, die noch nicht entdeckt wurden. Auch hier müsse man davon ausgehen, dass diese nie entdeckt werden. (rtl.de)
Der Amazonas-Regenwald funktioniert anders als einige andere Wälder der Erde, in denen Waldbrände zur Erhaltung des Öksystems dazugehören. Die große Artenvielfalt im Amazonas ist unter anderem darauf zurückzuführen, weil er eigentlich nie brennt.
"Im Amazonas ist nichts an Waldbrände angepasst", sagt William Magnusson, ein Forscher des brasilianischen National Institute of Amazonian Research (Inpa), gegenüber "National Geographic". Zwar komme es auch im Amazonas-Gebiet immer mal zu Waldbränden, doch die seien eher klein, sodass sie vom nächsten Regen schnell gelöscht werden könnten. Der Amazonas habe auf natürliche Weise "seit hunderten oder gar tausenden Millionen Jahren nicht mehr gebrannt", sagt Magnusson. Der Regenwald sei einfach nicht für Brände gemacht.
Mazeika Sullivan, Professor an der Ohio State University, erklärt, dass es in einem Ökoystem, das nicht auf Waldbrände ausgelegt ist, deutlich mehr Verlierer als andernorts geben werde. (nationalgeographic.de)
(as)