Der frühere US-Präsident Barack Obama hat seinem Nachfolger Donald Trump in drastischen Worten Versagen bei der Eindämmung der Coronavirus-Pandemie vorgeworfen.Bild: www.imago-images.de / C-Span
International
22.10.2020, 07:5422.10.2020, 08:15
Der frühere US-Präsident Barack Obama
hat seinem Nachfolger Donald Trump in drastischen Worten Versagen bei
der Eindämmung der Coronavirus-Pandemie vorgeworfen. Trump habe die
Pandemie ignoriert und dann mit "Inkompetenz", "Falschinformationen"
und Planlosigkeit alles noch schlimmer gemacht, sagte der Demokrat am
Mittwoch (Ortszeit) bei einer Wahlkampfveranstaltung. Viele Menschen
in den USA hätten nicht sterben müssen, wenn die Regierung auch nur
"grundlegende" Maßnahmen ergriffen hätte, sagte Obama. Der Vergleich
mit anderen Ländern wie Südkorea oder Kanada zeige, dass die Zahl der
Corona-Toten deutlich geringer hätte ausfallen können.
Trump habe "kein Interesse gezeigt", den Menschen in Amerika zu
helfen und das Präsidentenamt nur als "Reality Show" genutzt,
kritisierte Obama. Der Republikaner sei nicht fähig, "den Job ernst
zu nehmen", sagte der Ex-Präsident. "Und der Rest von uns muss mit
den Konsequenzen leben." Obamas Fazit: "Wenn er die ganze Zeit seinen
Job gemacht hätte, dann wäre es nie so schlimm geworden."
"Pandemie wäre für jeden Präsidenten schwierig gewesen"
Die beiden Auftritte in der Stadt Philadelphia im umkämpften
Bundesstaat Pennsylvania waren Obamas erste große
Wahlkampfveranstaltungen für seinen früheren Vizepräsidenten Joe
Biden, der am 3. November gegen Trump antritt.
"Die Pandemie wäre für jeden Präsidenten schwierig gewesen",
räumte Obama ein. Das "Ausmaß der Inkompetenz und der
Falschinformationen" seitens der Regierung habe die Situation aber
weiter verschlimmert. "Die Idee, dass dieses Weiße Haus irgendetwas
anderes getan hat, als es komplett zu vermasseln, das stimmt einfach
nicht", sagte Obama.
Südkorea und die USA hätten am gleichen Tag die
erste bestätigte Infektion gehabt, aber die US-Regierung habe nicht
gehandelt. "Am Fernseher twittern oder Sachen erfinden löst keine
Probleme", sagte Obama weiter. Er zeigte sich zuversichtlich, dass
Biden die Lage in den Griff bekommen werde. "Das heißt nicht, dass
alles schon morgen gelöst sein wird. Wir werden immer noch zu kämpfen
haben, aber ich weiß, dass wir es besser machen können", sagte er.
Obama hatte sich nach dem Ausscheiden aus dem Amt – wie üblich
bei ehemaligen US-Präsidenten – mit öffentlicher Kritik an seinem
Nachfolger zurückgehalten. Erst seit Mai, als der Afroamerikaner
George Floyd bei einem Polizeieinsatz ums Leben kam und Menschen im
ganzen Land gegen Rassismus und Polizeigewalt protestierten, hat sich
Obama wieder vermehrt zu Wort gemeldet. Seine beißende Kritik an
Trump in Philadelphia - pünktlich zum Endspurt des Wahlkampfes -
stellt aber eine deutliche Verschärfung seiner Tonlage dar.
Daten der Universität Johns Hopkins zufolge gibt es in den USA,
einem Land mit 330 Millionen Einwohnern, bislang gut 8.3 Millionen
bestätigte Coronavirus-Infektionen. Die Zahl der Neuinfektionen stieg
zuletzt wieder auf gut 50 000 pro Tag an. Mehr als 221 000 Menschen
starben bislang - mehr als in jedem anderen Land der Welt.
Hohe Sterberate in den USA
In den USA starben diesen Daten zufolge pro 100.000 Einwohner
bislang 68 Menschen nach einer Infektion mit dem Coronavirus. Das
entspricht in etwa der Rate in Großbritannien (66) und in Spanien
(73). In anderen Ländern ergab sich jedoch eine deutlich geringere
Sterblichkeitsrate. In Kanada starben pro 100.000 Einwohnern 27
Menschen, in Deutschland 12 und in Südkorea nur einer.
Trump behauptet, durch sein Management der Pandemie inklusive der
Einreisesperren für Menschen aus China und Europa womöglich Millionen
weitere Todesfälle verhindert zu haben. Biden wirft ihm dagegen
Versagen in der Corona-Krise vor und beschuldigt Trump, für den Tod
Zehntausender US-Bürger verantwortlich zu sein.
Trump infizierte sich zu Monatsbeginn selbst mit dem Coronavirus
und wurde wegen einer Covid-19-Erkrankung im Krankenhaus behandelt.
Nach seiner Rückkehr ins Weiße Haus rief der Präsident die Amerikaner
dazu auf, "keine Angst" vor dem Virus zu haben und versprach erneut
ein baldiges Ende der Pandemie. Obama erklärte dazu: "Donald Trump
wird uns nicht plötzlich alle beschützen. Er kann nicht mal die
grundlegenden Schritte machen, um sich selbst zu beschützen."
Obama warb mit Nachdruck dafür, Trump abzuwählen. Falls dieser
die Wahl erneut gewinnen sollte, würde das Land in den nächsten vier
Jahren so weit zurückgeworfen, dass es "wirklich schwierig" würde,
"sich aus diesem Loch wieder zu befreien", sagte Obama. "Wir befinden
uns in einem tiefen Loch."
(mse/dpa)
Matthias Miersch sitzt seit 2005 für die SPD im Bundestag. Parteiintern wird er seit vielen Jahren geschätzt, der ganz breiten Öffentlichkeit war er eher kein Begriff. Das änderte sich am 7. Oktober 2024: Miersch soll Nachfolger von Kevin Kühnert als SPD-Generalsekretär werden.