Mehr als Hunderttausend Menschen haben in Frankreich an den landesweiten Demonstrationen gegen Polizeigewalt und ein neues Sicherheitsgesetz teilgenommen. Laut dem französischen Innenministerium gingen am Samstag 133.000 Menschen in rund hundert Städten auf die Straße. Nach Angaben der Organisatoren hingegen nahmen alleine in Paris 200.000 Menschen an den Protesten teil. Überschattet wurden die Demonstrationen von Krawallen und Festnahmen, dutzende Menschen wurden zudem verletzt.
Nach einer zunächst friedlichen Phase kam es am Rande der Proteste in Paris zu Ausschreitungen, wie Journalisten der Nachrichtenagentur AFP berichteten. Die Polizei setzte Tränengas gegen Demonstranten ein, die Barrikaden errichteten und Steine auf die Sicherheitskräfte warfen. Am Bastille-Platz steckten Demonstranten einen Zeitungskiosk, den Eingang eines Gebäudes der französischen Zentralbank und eine benachbarte Brasserie in Brand. In der Umgebung brannten auch mehrere Autos.
Ein Fotograf, der unter anderem für die Nachrichtenagentur AFP arbeitet, wurde bei einem Polizeieinsatz in Paris zusammen mit mehreren Demonstranten verletzt, wie ein AFP-Journalist berichtete. Reporter ohne Grenzen (RSF) kritisierte die Polizei für die "inakzeptable" Gewalt. Der Fotograf sei mit einem Schlagstock im Gesicht verletzt worden, erklärte RSF-Generalsekretär Christophe Deloire auf Twitter. Zu Ausschreitungen kam es auch in der nordwestfranzösischen Stadt Rennes.
Wie das Innenministerium mitteilte, wurden bei den Protesten landesweit 37 Beamte verletzt, 23 von ihnen in der Hauptstadt. Die Polizei nahm in Paris und in der Region 46 Demonstranten fest. Frankreichs Innenminister Gérald Darmanin verurteilte die Angriffe auf Polizisten bei den Kundgebungen. Diese seien "inakzeptabel", schrieb er im Online-Dienst Twitter. Auch in Städten wie Straßburg, Bordeaux, Lyon, Marseille, Lille, Nantes und Montpellier gingen tausende Menschen auf die Straße.
Ausgangspunkt der Demonstrationen war ein neues Sicherheitsgesetz, das laut Regierung die Polizei besser schützen und Videoaufnahmen von Polizeieinsätzen einschränken soll. Ein Artikel des Gesetzes sieht vor, die Veröffentlichung von Bildern von Sicherheitsbeamten im Einsatz unter Strafe zu stellen, wenn diese mit dem Ziel erfolgt, die körperliche oder seelische Unversehrtheit der Polizistinnen oder Polizisten zu verletzen. Eine Gefängnisstrafe von einem Jahr oder eine Strafe von 45.000 Euro könnten demnach die Konsequenz sein. Journalistenverbände befürchten eine massive Einschränkung der Pressefreiheit.
Angefacht wurden die Proteste von zwei neuen Fällen von Polizeigewalt, die in dieser Woche durch Videoaufnahmen bekannt geworden waren und landesweit für Entsetzen gesorgt hatten.
Präsident Emmanuel Macron zeigt sich am Freitag "schockiert" über Aufnahmen von Polizisten, die einen schwarzen Musikproduzenten in seinem Pariser Studio zusammenschlugen und rassistisch beleidigten. Er sprach von einer "inakzeptablen Aggression" und nannte die Bilder "beschämend". Zuvor hatte es bereits massive Kritik an der Polizei wegen der gewaltsamen Räumung eines Flüchtlingslagers in Paris gegeben.
Aufgerufen zum "Marsch der Freiheiten" hatte ein Bündnis von Journalistengewerkschaften und Menschenrechtsorganisationen. Nach Angaben der Organisatoren nahmen insgesamt 500.000 Menschen an den landesweiten Demonstrationen teil, in Paris seien es 200.000 gewesen. Das Innenministerium sprach hingegen von insgesamt 133.000 Demonstranten und 46.000 Teilnehmern in Paris.
(lau/afp/dpa)