Joe Biden hat einen guten Lauf.Bild: ap / Gerald Herbert
International
11.03.2020, 06:5911.03.2020, 07:24
Im Rennen um die
Präsidentschaftskandidatur der US-Demokraten hat der frühere
US-Vizepräsident Joe Biden seine Siegesserie fortgesetzt. Nach
Prognosen konnte der gemäßigte Kandidat sich im wichtigen
Vorwahlstaat Michigan gegen seinen Konkurrenten, den linken Senator
Bernie Sanders, durchsetzen. Das berichteten die Fernsehsender Fox
News, CNN und NBC am Dienstagabend (Ortszeit) übereinstimmend.
Biden siegte demnach bei den Vorwahlen in insgesamt sechs
Bundesstaaten auch in Mississippi und Missouri. Keinen eindeutigen
Gewinner sahen TV-Sender in der Nacht zu Mittwoch zunächst in den
Bundesstaaten Washington, Idaho und North Dakota.
Die Abstimmung in Michigan – ein Industriestaat im Mittleren
Westen der USA – galt bei dem Rennen als wichtiger Indikator für die
Stärke der Bewerber. Sein Sieg in Michigan bringt Biden (77) einen
besonderen Schub – und bedeutet für Sanders (78) einen herben
Rückschlag. Biden sprach auf Twitter von "einer großartigen Nacht".
Sieben Erkenntnisse aus den jüngsten Vorwahlen
Bidens Comeback ist kein Strohfeuer
Keine zwei Wochen ist es her, da war Bidens Wahlkampf beinahe
schon totgesagt worden. Nach Niederlagen bei den Vorwahlen in Iowa,
New Hampshire und Nevada schien seine letzte Chance in South Carolina
zu liegen. Diese Chance konnte Biden dort Ende vergangenen Monats in
einen spektakulären Erfolg verwandeln, dem am "Super Tuesday" eine
ganze Siegesserie folgte: Biden gewann am Dienstag vergangener Woche
in 10 von 14 Bundesstaaten gegen Sanders. Die Fortsetzung folgte an
diesem Dienstag vor allem mit dem Erfolg in Michigan. Auch in
nationalen Umfragen hat Biden wieder klar die Führung übernommen.
Sanders strauchelt
Im Februar hatte es für Sanders noch rosig ausgesehen: Über
längere Zeit führte er in nationalen Umfragen und startete stark in
die Vorwahlserie. Doch Bidens plötzliches Comeback erwischte auch
Sanders kalt und bremste seinen Lauf jäh aus. Seine Konkurrentin
Elizabeth Warren, die wie Sanders für eine linke Agenda steht, machte
diesem am "Super Tuesday" noch Stimmen streitig und schied erst
danach aus. Außerdem sprach sie ihm – zumindest bislang – nicht die
erhoffte öffentliche Unterstützung aus. Sanders hatte sehr auf einen
Sieg in dem wichtigen Vorwahlstaat Michigan gehofft, um das Rennen zu
drehen und zu Biden aufzuholen. 2016 hatte er dort bei der Vorwahl
noch gewonnen. Doch der Befreiungsschlag für ihn blieb aus.
Noch ist das Rennen nicht gelaufen
Bei den Vorwahlen wurden bisher die Stimmen von knapp 47 Prozent
der 3979 regulären Delegierten für den Parteitag der Demokraten im
Juli vergeben, auf dem der Präsidentschaftskandidat gekürt wird.
Derzeit hat Biden mehr Delegiertenstimmen als Sanders. Die Mehrheit
dieser Stimmen wird in den kommenden Wochen aber erst noch verteilt.
1991 Delegiertenstimmen sind am Ende nötig für eine Nominierung. Am
kommenden Dienstag steht wieder eine wichtige Vorwahl-Runde mit
Abstimmungen in vier Bundesstaaten an: Arizona, Florida, Illinois und
Ohio. Insgesamt geht es um 577 Delegiertenstimmen - allein 219 davon
in Florida. Dort liegt Biden in Umfragen weit in Führung. Sollte
Biden in Florida und auch in den anderen Staaten siegen, könnte dies
das Aus für Sanders bedeuten.
Sanders Chance: die Debatten-Bühne
Am kommenden Sonntag steht in Arizona die nächste Fernsehdebatte
an - dann nur noch zwischen Biden und Sanders. Biden hat sich in den
vergangenen Monaten nicht als begnadeter Redner hervorgetan, und das
ist noch vorsichtig ausgedrückt. Mit Patzern, Versprechern und
Aussetzern zog er viel Spott auf sich. Dass er durch das
zusammengeschrumpfte Format viel Redezeit im TV-Duell mit Sanders
bekommen wird, spielt ihm nicht in die Hände. Sanders dagegen liegen
öffentliche Debatten. Er dürfte dort glänzen und Biden zusetzen.
Womöglich könnte ihm das Schwung für die nächsten Vorwahlen geben.
Biden kann auf schwarze Wähler bauen und aufs Partei-Establishment
Schwarze sind bei den Demokraten eine wichtige Wählergruppe.
Bidens Erfolge haben gezeigt, dass er auf ihre Unterstützung setzen
kann. In südlichen Bundesstaaten, in denen relativ viele Schwarze
leben, konnte er teils fulminante Siege verbuchen: etwa in South
Carolina oder nun in Mississippi. Auch die Parteiführung sähe lieber
Biden als den selbst ernannten "demokratischen Sozialisten" Sanders
als Kandidaten. Sanders sagte dem Sender ABC am Sonntag, er glaube,
"das Establishment" der Demokraten habe die
Ex-Präsidentschaftsbewerber Pete Buttigieg und Amy Klobuchar zur
Aufgabe gedrängt, um Biden zu stärken. Buttigieg, Klobuchar und
andere Ex-Mitbewerber schlugen sich nach ihrem Ausscheiden auf Bidens
Seite. Das gab ihm einigen Schub.
Trump hat gewaltigen Rückhalt bei den Republikanern
Die Republikaner hielten am Dienstag zwar ebenfalls Vorwahlen ab,
das aber pro forma. Trump hat intern keinen ernsthaften
Herausforderer und ist als Kandidat seiner Partei für die Wahl im
November gesetzt. Die Republikaner haben daher in mehreren
Bundesstaaten die Vorwahlen gleich ganz abgesagt. Von den bislang bei
den Republikaner-Vorwahlen vergebenen Delegiertenstimmen für den
Nominierungsparteitag im August hat Trump so gut wie alle gewonnen.
Der unbekannte Faktor im US-Wahlkampf: das Coronavirus
Das neuartige Coronavirus breitet sich auch in den USA aus und
beeinflusst dort inzwischen den Wahlkampf. Sowohl Biden als auch
Sanders sagten am Dienstagabend Wahlkampfauftritte im US-Bundesstaat
Ohio wegen Warnungen der dortigen Behörden vor Großveranstaltung ab.
Zudem wird die TV-Debatte zwischen Biden und Sanders am Sonntag in
Phoenix entgegen der Planungen nun ohne Studiopublikum stattfinden.
Trump sagte am Samstag zwar noch, er wolle weiterhin "gewaltige"
Wahlkampfveranstaltungen abhalten.
Sein jüngster Wahlkampfauftritt
liegt allerdings bereits mehr als eine Woche zurück und neue
Veranstaltungen sind derzeit nicht angekündigt.
(dpa/lin)
Alexej Nawalny war das bekannteste Gesicht der politischen Opposition in Russland. Er stand für den Kampf gegen korrupte und menschenfeindliche Machenschaften des Regimes, er begeisterte damit zahlreiche Russ:innen. Nicht umsonst fürchtete der russische Machthaber Wladimir Putin ihn wie keinen anderen.