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Interview

Youtube: LeFloid über das Altern auf Social Media, Rezo und seine Community

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Bild: iStockphoto/imago / FutureImage / C. Hardt/CSYou/watson montage
Interview

Youtube-Star LeFloid: "Selbst eine CDU kann einem heute nichts mehr anhaben"

26.09.2019, 10:3826.09.2019, 13:01
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Es ist knapp acht Jahre her, als Bewunderer und Kritiker zum ersten Mal um den "großen Meinungsmacher der Generation Youtube" streiten. Florian Mundt, alias LeFloid, erreicht 2012 schon hunderttausende Zuschauer pro Woche. Wegen seiner meinungsstarken Show "LeNews" stellen sich vor allem Politikerinnen und Politiker die Frage, wie groß der Einfluss der Youtube-Stars auf die deutsche Öffentlichkeit tatsächlich ist.

Heute heißt der umstrittene Protagonist Rezo. Und heute steht ein breites Bündnis an Youtubern, von Dagi Bee bis Unge, hinter ihm. Einiges ist anders als damals, aber vieles ist gleich.

Dieser Rezo mit den blauen Haaren schaffte es, die geballte Wut junger Menschen nach Artikel13-Demonstrationen und Klimaprotesten in sein berüchtigtes "CDU-Zerstörer"-Video zu packen. Und wieder fragten sich vor allem Politikerinnen und Politiker der Union: Was ist bloß die Krux an diesem Youtube? Ihre Antworten fielen durchaus ungeschickt aus. Zuletzt schickte die CSU dann sogar ihren eigenen Youtuber Armin ins Rennen um die Meinungsmacht. Der Internet-Spott ließ nicht lange auf sich warten.

Im Interview sagt LeFloid zu watson, er habe sich bei all dem Zirkus erst einmal zurückgelehnt und zugeschaut. Vielleicht ist es die Gelassenheit von einem, der die digitale Öffentlichkeit seit Jahren so gut kennt wie kaum ein anderer. Einer, der lieber seine Meinung abgibt, als selbst auf dem Platz mitzukicken.

Wir haben mit Florian Mundt über Politiker gesprochen, die noch immer ihre Schwierigkeiten mit dem Netz haben, über sein Altern als erster deutscher Youtube-Star vor der Kamera und natürlich über die Community der "Generation LeFloid".

Die CDU sucht gerade online nach Mitarbeitern für "dieses Internet". Sie verspricht: Erfolgreiche Bewerber dürften das geheime Antwort-Video von Philipp Amthor auf Rezos CDU-Video anschauen. Hast du deine Unterlagen schon geschickt?
Witzig. Nein, das habe ich noch nicht. Mit der Prämisse, Amthors Video in Auszügen veröffentlichen zu dürfen, würde mich das tatsächlich reizen. Die CDU darf sich bei mir melden, falls sie dazu bereit wäre.

Die Ausschreibung scheint einige Klischees über fehlende Online-Fähigkeiten der Christdemokraten zu bestätigen…
Man muss fair bleiben. Erst einmal finde ich es ok, dass die Union jetzt einmal extern rekrutieren will, anstatt Leute aus den eigenen Reihen zu blondieren und vor die Kamera zu stellen. Nur, wer ernsthaftes Interesse mitbringt und einen gewissen Grad an Professionalität, kann politische Inhalte auf Youtube authentisch rüberbringen.

Mit dem "Blondieren" spielst du auf Armin Petschner aus dem viel kritisierten CSYOU-Video der CSU an.
Sein Video ist ein gutes Beispiel dafür, wie Authentizität leiden kann, wenn man keine Ahnung hat. Da hat irgendwer geschaut, wie 2013 das Schema-F für einen News-Beitrag auf Youtube ausgesehen hat. Dann hieß es: "Aha! Wir brauchen Jump Cuts, viel zu viele Sounds, möglichst viele ablenkende Effekte." Gefühlt hat die CSU hier mit einem Handbuch von vor sechs Jahren gearbeitet.

Das CSYOU-Video ist eine regelrechte Parodie, die Jan Böhmermann kaum hätte besser machen können.

Aber erklärt das allein die übermäßige Häme, die die Video-Macher gerade abbekommen?
Ja, dieser Anbiederungsversuch an eine völlig fehleingeschätzte Community zeugt davon, dass sich keiner bei der CSU damit auseinandergesetzt hat, wie ein vernünftiger Diskurs funktioniert. Diese Leute glauben noch immer, dass es sich bei Youtube nur um eine hippe Videoplattform handelt. Sie ist aber ein gesellschaftliches Forum. Da ruft die CSU offensichtlich die falschen Leute an, um ihre Videos zu drehen.

Kannst du das genauer erklären?
Parteien dürfen natürlich für sich werben, aber wenn mir jetzt jemand wie in dem CSYou Video sagt: "Hier gibt es jetzt alles rund um die CSU und die Weltpolitik", dann lache ich einmal und denke: "Nein, ganz bestimmt geht es euch hier nicht um Weltpolitik. Das ist schon eine Art Populismus, die an Propaganda grenzt."

2012 hat man dir sehr Ähnliches vorgeworfen. Für die einen warst du der "Klaus Kleber der Generation Youtube". Für andere ein Populist mit zu großer Reichweite. Jetzt gibt es sie eben überall, die LeFloids inklusive News mit Meinungs-Einschlag.
Ich mache auch niemandem einen Vorwurf und bin nicht nachtragend. Ich selber sehe mich als Kolumnist mit einer liberalen bzw. linkspolitischen Meinung, da mach ich auch keinen Hehl draus. Ich finde es in Ordnung, wenn Parteien ähnliches tun, solange sie es schaffen, die Waage zu halten. Sie müssen allerdings unterscheiden zwischen Wahlkampf von einzelnen Mitgliedern und dem Aufklärungsauftrag, den eine Partei ebenso hat.

Du meinst, eine Partei hat mehr Verantwortung als einzelne Politiker, Youtuber oder Medien?
Richtig, Leute wie du oder ich zum Beispiel haben ja nicht die Verantwortung und den Einfluss auf die Gesellschaft, den eine Partei in Deutschland hat. Das wäre doch auch Quatsch, so etwas zu behaupten.

Viele schreiben YoutuberInnen offensichtlich exakt diesen Einfluss zu. Anders lässt sich der noch immer anhaltende Aufschrei wegen des Rezo-Videos kaum erklären. Sein Video hatte 16 Millionen Aufrufe, das 'CSYou'-Video nur knapp 1 Million.
Dieser Aufschrei kommt daher, dass Parteien die heftigen Reaktionen auf einem Medium wie Youtube noch immer nicht einordnen können. Wann ist denn beim letzten Mal bitte jemandem so sehr die Scheiße um die Ohren geflogen wie der CDU/CSU/SPD bei der Debatte um Artikel 13. So etwas war ohne Social Media früher eben nicht möglich. Und wer noch im Früher lebt, wird davon deshalb erschlagen.

Die CDU-Politiker verhielten sich wie Hasen, die auf der Flucht Haken schlagen. So daneben und unwissend waren ihre Versuche, mit den Protesten umzugehen.

Ist das Argument "Die Verstehen das Internet nicht" nicht seit Jahren das Gleiche, wenn es um Politiker und das Netz geht?
Das mag stimmen. Aber ich befürchte, es bleibt solange bestehen und relevant, bis es einen Generationenwechsel in den Parteien gegeben hat und die Jüngeren dran sind. Die jetzt am Drücker sitzen, werden sich nicht mehr anpassen. Frei nach dem Motto: "Einem alten Hund bringst du auch keine Tricks mehr bei." Leider gilt das nicht für alle.

Leider?
Es gibt Politiker, die das Internet sehr wohl verstanden haben. Die AfD hat eine hervorragende Social-Media-Strategie und eine ebenso hervorragende Social-Media-Arbeit, weil sie die Funktionsweisen von rechtem Populismus online sehr gut zu verstehen scheint. Ich habe das schon einmal in einem Video gesagt und ich stehe dazu: Auch die linke Seite der Politik braucht solchen Populismus. Und wenn ihn aus der Politik niemand übernimmt, machen das Leute wie ich.

Hat das Prinzip 'Populismus' für dich also etwas Sinnvolles?
In Zeiten, in denen Rechte solch starke Wahlergebnisse mit ihrer Wut einfahren, brauchen wir eine Gegenstimme. In diesem Sinne wäre eine gesunde Portion Linkspopulismus als direkte Attacke auf die Rechten zu verstehen. Die machen es ja genauso. Ich will sagen: Wir lassen uns das nicht gefallen und gehen genauso nach vorne. Das ist meine Haltung.

Um das Thema Haltung gab es in Zusammenhang mit Rezo viel Diskussion. Ähnlich wie bei dir schon vor Jahren. Das Ganze wirkt wie ein Generationenwechsel auf YouTube. Bist du also der erste Youtube-Veteran Deutschlands?
Definitiv ja, das Wort "Veteran" trifft es. Ich habe auch einen gewissen Erfahrungsschatz mittlerweile. Und früher hatte ich auch ein anderes organisches Wachstum, als das heute der Fall ist. Ich würde allerdings nicht sagen, dass ich zum alten Eisen gehöre.

Was gehört für dich zur "Veteranen"-Klasse?
Wir haben ja eine Künstler-Agentur und eine Produktionsfirma gegründet. Wir haben mehrere Büroräume und etliche hunderte Quadratmeter Studiofläche in Berlin. Alles ist darauf ausgelegt, unsere Künstler zu vertreten und ihnen Sets und Drehmöglichkeiten zur Verfügung zu stellen. An all diese Dinge hätte ich früher nicht gedacht, aber heute weiß ich: Vielleicht will ich mit 35 nicht nur noch vor der Kamera rumhopsen und den News-Anchor der Generation LeFloid geben. Ich habe jetzt ein Haus und zwei Kinder, da will man auch mal von der 70-Stunden-Woche als Selbstständiger wegkommen.

Klingt fast nach Ruhestand.
Quatsch! Momentan macht es einfach noch zu viel Spaß und es läuft auch noch viel zu gut, als dass ich mich mit sowas auseinandersetze. Aber: Wenn wieder so etwas Heftiges wie das Rezo-Video passiert, beobachte ich das erst einmal mit einem gewissen Lächeln, bevor ich mich im Stuhl zurücklehne, mit den Knöcheln knacke und sage: "Haaallooo Twitter, ich komme!"

Dein Eindruck vom Rezo-Skandal?
Er hat genau das abbekommen, was ich früher abbekommen habe. Ich war in gutem Kontakt mit ihm, während die Schlagzeilen losgingen. Große Sorgen hatten wir keine, weil selbst eine CDU einem ja heutzutage eigentlich nichts mehr anhaben kann. Das klingt ein wenig hochnäsig, aber ich lehne mich mal aus dem Fenster und sage: Was wollen sie tun, sie sind im Unrecht und das verstehen die Leute.

War das damals anders?
Es gab einen anderen Tenor gegenüber Youtubern wie mir. Bei meinem Merkel-Interview sagten etwa viele: "Nee, das geht nicht, das darf ein Youtuber einfach nicht machen!" Ein Youtuber darf nicht jemanden, der zehn Jahre als Politik-Reporter arbeitet, auf einmal den Rang ablaufen. Und einfach so der Kanzlerin Zuschauer-Fragen stellen. Einige waren in dieser Zeit richtig sauer. Es dauerte viele Jahre, bis die ersten gecheckt haben, dass mittlerweile das Internet die Themen-Agenda auch ein Stück weit vorgibt.

Deine Reichweite gehört seit Jahren zu deinem täglichen Geschäft, ohne Community gäbe es auch keinen LeFloid. Sind die Leute dir ins Veteranentum gefolgt?
In der Tat, viele sind mit mir zusammen erwachsen geworden. Allerdings gibt es noch immer schlicht genauso 40- wie 13-Jährige in meiner Community. Eine Zeit lang war es in meinen Kommentaren ziemlich grob, um ehrlich zu sein. Da habe ich den Rechtsruck in der Gesellschaft wirklich gespürt. Viele User kamen mit meiner Meinung nicht mehr klar. Gerade mit AfD-Kritik. Es gab negative Bewertungen und nicht unbedingt die nettesten Kommentare. Aber seit einiger Zeit hat sich das wieder gebessert. Tatsächlich denke ich seit einigen Monaten: "Endlich macht das Lesen der Kommentare wieder richtig Spaß."

Ab jetzt AfD-Osten? So ein Quatsch!
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