Der Aufstand der Wagner-Söldner ist vorbei, Prigoschin darf wohl straffrei im Exil in Belarus leben. Alle Ereignisse des 24. Juni kannst Du hier im News-Ticker nachlesen:
Hinweis: Dieser News-Ticker wird nicht mehr aktualisiert.
Seit Monaten spitzt sich ein Streit zwischen Wagner-Chef Prigoschin – einst einem Vertrauten von Putin – und der Militärführung zu. Der Söldnerführer wirft dem Verteidigungsministerium schlechte Führung im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine vor. Nun haben Jewgeni Prigoschin und die Wagner-Gruppe Teile der russischen Stadt Rostow am Don eingenommen.
Knapp 200 Kilometer vor Moskau macht Wagner-Chef Prigoschin plötzlich eine Kehrtwende: Er ruft seine Söldner zurück! "Jetzt ist der Moment gekommen, an dem russisches Blut vergossen werden könnte. Deswegen, im Wissen dessen, dass es Blut geben könnte, werden wir unsere Kolonnen umkehren" schreibt er in einer Nachricht auf einem Wagner-Telegramm-Kanal. Die Truppen werden laut Prigoschin "gemäß dem Plan" wieder an ihre Stützpunkte zurückkehren.
Von verschiedenen Seiten wurde berichtet, dass sich die Elite um Wladimir Putin und auch der Präsident selbst auf der Flucht befindet. Sie seien mit dem Flugzeug auf dem Weg von Moskau in das nördlicher gelegene St. Petersburg. Der Kreml weist diese Spekulationen aber zurück.
"Putin arbeitet im Kreml", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Samstag Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Tass zufolge. Auch Ministerpräsident Michail Mischustin soll sich nach offiziellen Angaben noch an seinem Arbeitsplatz in Moskau aufhalten.
Nach dem Wagner-Einmarsch in Rostow werden immer mehr kuriose Szenen in den sozialen Medien veröffentlicht: So gibt es mehrere Videos, auf denen zu sehen ist, wie Wagner-Soldaten von den Einwohner:innen Wasser und Essen bekommen. "Wir sind hier alle freundlich und sie sehen müde und hungrig aus", antwortet eine Frau auf die Frage, warum sie das mache.
Der Krisenstab der Bundesregierung im Auswärtigen Amt kommt am Samstagnachmittag unter der Leitung von Außen-Staatssekretär Andreas Michaelis zusammen, um über die aktuelle Lage in Russland zu beraten. Das teilte das Ministerium mit.
"Außenministerin Baerbock hat sich gerade mit den Außenministerinnen und Außenministern der G7 über die Lage beraten", teilte ein Sprecher des Auswärtigen Amts am Samstagnachmittag in Berlin mit. Zu den G7 gehören neben Deutschland auch Frankreich, Italien, Japan, Kanada, die USA und Großbritannien.
Bereits am Vormittag wurden Reise- und Sicherheitswarnungen nach Russland angepasst. So solle beispielsweise bis auf Weiteres das Stadtzentrum Moskaus gemieden werden. Auch "staatliche, insbesondere militärische Einrichtungen" sollen weiträumig umgangen werden.
Die Lage in Russland spitzt sich zu: Wagner-Söldner haben Rostow eingenommen, sind auf dem Weg nach Moskau. In der Hauptstadt werden Vorbereitungen getroffen. Die Autobahn M4, auf der die Wagner-Söldner hauptsächlich unterwegs sind, bereits gesperrt.
Ein Foto, das aus Rostow stammen soll, zeigt währenddessen, wie wenig Widerstand die russischen Soldaten offenbar geleistet haben: Dort stehen mehrere Männer, die sich den Wagner-Söldnern ergeben haben.
Ganz widerstandslos wird es für die Wagner-Truppen nicht laufen. Tschetschenen-Chef Kadyrow hat seine Truppen entsandt, um Putin im Machtkampf mit Prigoschin zu unterstützen. "Kämpfer des Verteidigungsministeriums und der Nationalgarde der Republik Tschetschenien sind bereits in die spannungsgeladenen Gebiete aufgebrochen. Wir werden alles tun, um die Einheit Russlands zu bewahren und ihre Staatlichkeit zu schützen", teilte Kadyrow auf Telegram mit.
In der russischen Region Woronesch rund 600 Kilometer südlich von Moskau ist es offenbar zu Kämpfen zwischen den Wagner-Söldnern und der russischen Armee gekommen. Regionalgouverneur Alexander Gussew erklärte auf Telegram, dass "Streitkräfte der Russischen Föderation die notwendigen operativen Einsätze und Kampfhandlungen ausführen".
Auf Twitter sind Videos zu finden, auf denen ein Öl-Depot in Flammen steht. Hier ist zu sehen, wie kurz vor der Explosion ein Hubschrauber über das Gebäude fliegt.
Auch in Rostow soll es zu Explosionen gekommen sein. Auf einem Video ist zu sehen, wie mehrere Menschen nach einem Knall wegrennen. Einige sagen, dass sie Angst hätten.
Nikita Gerasimov, Konfliktberater und Russland-Experte, sieht keine große Gefahr für Putin durch den Wagner-Aufstand. "Der Überraschungseffekt ist vorbei", sagt er zu watson. Es habe keinen großen Fahnenwechsel von Soldaten der russischen Armee zu den Wagner-Truppen gegeben. "Prigoschin kontrolliert zwar die Stadt Rostow, ist aber von dort keine kritische Gefahr – weder für Putin noch für Schojgu", sagt der Experte weiter.
Unklar bleibe jedoch für ihn, worauf Prigoschin eigentlich gesetzt habe, als er in Rostow einrückte und dem Generalstab quasi den Krieg erklärte. "Laut einigen russischen Quellen befanden sich gestern womöglich Schojgu und Gerassimow, der Chef vom Generalstab, in Rostow. Sollte das stimmen, hatte Prigoschin womöglich erhofft, mit seinem Coup die russische Armeeführung festzusetzen und damit die Kontrolle über das gesamte russische Militär zu übernehmen. Dies scheiterte offensichtlich", erklärt Gerasimov. Es sei aber nur eine Vermutung, basierend auf unbestätigten Meldungen, betont er.
Videos zeigen, wie Wagner-Söldner durch die Stadt marschieren – und das offenbar ohne großen Widerstand. Das Verteidigungsministerium in London bestätigt die Vermutung. Es gebe bisher nur "sehr begrenzte Beweise" für Kämpfe zwischen den Wagner-Söldnern und den russischen Truppen. Das deute darauf hin, dass die russischen Soldaten eher passiv geblieben seien.
Selenskyj-Berater Mychailo Podoljak twitterte derweil, dass der Aufstand "erst der Anfang" sei. Und auch das britische Verteidigungsministerium fürchtet Unruhen im ganzen Land.
Die russische Armee hat den Wagner-Söldnern Sicherheit garantiert, wenn diese ihre "Rebellion" beenden. "Sie wurden zu dem kriminellen Unterfangen von (Anm. d. Red.: Wagner-Chef Jewgeni) Prigoschin und zur Teilnahme an einem bewaffneten Aufstand verleitet", hieß es in einer Erklärung des Militärs am Samstag. "Wir bitten Sie, vernünftig zu sein und sich mit Vertretern des russischen Verteidigungsministeriums oder der Strafverfolgungsbehörden in Verbindung zu setzen. Wir garantieren die Sicherheit jedes Einzelnen."
Das Militär rief die Söldner auf, an ihre "Einsatzorte" zurückzukehren und erklärte, viele Söldner hätten sich bereits gemeldet und gebeten, ihre Kasernen wieder aufsuchen zu dürfen.
Russlands Präsident Wladimir Putin hat nach dem bewaffneten Aufstand des Chefs der Söldnerarmee Wagner, Jewgeni Prigoschin, von "Verrat" gesprochen. Wer Waffen erhebe und bewaffneten Aufstand organisiere, werde bestraft, sagte Putin in einer Rede am Samstag. Der Kremlchef forderte die Wagner-Kämpfer auf, ihre Teilnahme an kriminellen Handlungen umgehend zu beenden.
Weiter hat Putin den Aufstand der Wagner-Söldner gegen die russische Militärführung als "Dolchstoß in den Rücken" Russlands gegeißelt. Dem Chef der Söldner-Truppe, Jewgeni Prigoschin, warf Putin vor, wegen "übermäßigem Ehrgeiz" sein Land "verraten" zu haben.
Angesichts des bewaffneten Aufstands des russischen Söldnerchefs Jewgeni Prigoschin haben die Behörden in Moskau und Umgebung den Anti-Terror-Notstand ausgerufen. "Um mögliche Terroranschläge in der Stadt und dem Gebiet Moskau zu verhindern, ist ein Regime für Operationen zur Terrorbekämpfung eingeführt worden", teilte das nationale Anti-Terror-Komitee am Samstag mit. Die Sicherheitsvorkehrungen wurden verschärft. Auch in der Region Woronesch im Südwesten an der Grenze zur Ukraine wurde der Notstand verhängt.
Der Anti-Terror-Notstand ermöglicht den russischen Behörden verstärkte Kontrollen und erleichtert Festnahmen. Auch Telefongespräche können vermehrt abgehört werden. Welche Maßnahmen nun aber konkret in Moskau und Woronesch eingeleitet werden sollen, war zunächst unklar. Zuvor hatte bereits Moskaus Bürgermeister Sergej Sobjanin "Anti-Terror-Maßnahmen" verkündet. In der Metropole mit mehr als 13 Millionen Einwohnern seien bereits verstärkte Verkehrskontrollen eingeführt worden, hieß es. In der Nacht waren auch Militärfahrzeuge im Stadtzentrum unterwegs.
Nachdem sich der russische Söldnerchef Jewgeni Prigoschin zuvor offen gegen die Militärführung Moskaus gewandt hat, soll er jetzt mit seiner Truppe Wagner nach eigenen Angaben wichtige militärische Objekte in Rostow am Don im Süden Russlands besetzt haben. "Unter unserer Kontrolle befinden sich Militärobjekte Rostows, darunter auch der Flugplatz", sagte Prigoschin in einem am Samstagmorgen veröffentlichten Video.
Er behauptet, dass seine Kämpfer auch das Hauptquartier der russischen Armee in der Stadt kontrollieren würden. Unabhängig überprüfen lässt sich das zum aktuellen Zeitpunkt allerdings nicht. Eine Stellungnahme des russischen Verteidigungsministeriums gab es nicht dazu.
Prigoschin sagte in dem Video außerdem, vom Flugplatz in Rostow starteten weiter planmäßig Kampfflugzeuge für den Krieg gegen die Ukraine.
Gegen Prigoschin ermitteln die Behörden in Moskau wegen Aufrufs zu einem bewaffneten Aufstand. Der Inlandsgeheimdienst FSB hatte die Wagner-Söldner aufgerufen, Prigoschin festzusetzen. Der Kreml in Moskau teilte mit, dass Präsident Wladimir Putin fortlaufend über die Lage informiert werde. Die Sicherheitsvorkehrungen wurden in der russischen Hauptstadt deutlich ausgeweitet. In der Nacht waren Militärfahrzeuge im Stadtzentrum unterwegs gewesen.