Wladimir Putin bei seiner Fernsehansprache. Hier verkündete er am Mittwoch eine Teilmobilmachung für den Krieg in der Ukraine.Bild: www.imago-images.de / imago images
Russland
21.09.2022, 11:4521.09.2022, 13:14
Nachdem Wladimir Putin am Mittwochmorgen mit einem Dekret zur Teilmobilmachung Druck auf die Ukraine und den Westen gemacht hatte, hat sich Unsicherheit in Deutschland breit gemacht. Der Militär-Experte Ralph Thiele vom Institut für Strategie-, Politik-, Sicherheits- und Wirtschaftsberatung (ISPSW) warnt unter anderem vor einem atomaren Konflikt.
Ukrainische Soldaten hatten vor wenigen Tagen weite Teile russisch besetzten Gebiets zurückerobert.Bild: AP / Kostiantyn Liberov
Thiele meinte auf watson-Anfrage:
"Bei aller Freude über taktische Erfolge und aktuelle Geländegewinne für die Ukraine, wir stehen vor einem absehbar langen Konflikt. Dies wirft die Frage auf: Was wird Präsident Wladimir Putin tun? Würde er auf den Einsatz von Atomwaffen zurückgreifen? Auch wenn es vielen unwahrscheinlich erscheint, dass Moskau in nächster Zeit Atomwaffen einsetzen wird, die russische Militärdoktrin schließt im Gegensatz zu der des Westens den Einsatz von taktischen Atomwaffen für militärische Operationen ein. Die Wahrscheinlichkeit ihres Einsatzes könne sich ändern, wenn sich die Dynamik auf dem Schlachtfeld verändert."
Am Mittwoch hatte Putin eine Teilmobilmachung angekündigt. Er unterstütze den Vorschlag des Verteidigungsministeriums, Reservisten, die bereits gedient hätten und über "einschlägige Erfahrungen verfügen, zu mobilisieren", sagte Putin in einer aufgezeichneten Fernsehansprache.
Ein entsprechender Erlass sei bereits unterzeichnet worden und trete noch am Mittwoch in Kraft. Nach Angaben von Verteidigungsminister Sergej Schoigu sollen 300.000 Reservisten mobilisiert werden.
Wladimir Putin (l.) und Verteidigungsminister Sergej Schoigu.Bild: AP / Alexander Zemlianichenko
Thiele meint: "Auch den möglichen Einsatz von Nuklearwaffen – wenn erforderlich – hat Putin avisiert." Zur Begründung habe Putin erläutert, dass er durch die USA in einem Stellvertreterkrieg in der Ukraine die territoriale Integrität Russlands bedroht sehe und er zum Schutz Russlands und seiner Menschen alle zur Verfügung stehenden Mittel nutzen werde.
Sanktionen auch für den Westen teuer
Insgesamt könnten potenziell 25 Millionen Russen mobilisiert werden, sagte Schoigu in einem Interview mit dem Staatssender "Russland 24". Zuvor hatte es Gerüchte über eine bevorstehende Generalmobilmachung gegeben.
"Die Zeit ist nicht auf der Seite des Westens", meinte Thiele. "Die Sanktionen gegen Russland kosten den Westen viel und bringen ihm bislang wenig. Putins Energieeinnahmen sind dank der Preiserhöhungen gestiegen. Das gilt auch für seine öffentliche Unterstützung in Russland dank einer Kombination aus Nationalismus, Propaganda und Angst."
Große Teile der Welt, darunter China, Indien oder auch Südafrika, ließen sich nicht in die "Sanktionsfront" gegen Putin einbinden. Und Thiele sieht keine Strategie des Westens. Er sagte: "Die Hoffnung mancher, dass er bald an einer Krankheit à la Parkinson oder Blutkrebs stirbt, ist wohl nur ein frommer Wunsch und keine Strategie."
Warnung vor Eskalation
Kritische Engpässe bei Lebensmitteln, Energie und Düngemitteln sowie die unweigerlich folgenden Versorgungsunterbrechungen und Preissteigerungen manövrierten die Solidarität der westlichen demokratischen Gesellschaften in einen bitteren Stresstest. "Nicht nur von den europäischen Staaten, auch vom Rest der Welt fordern die Sanktionen einen nur schwer zu ertragenden Tribut", sagte Thiele.
Und der ISPSW-Experte rechnet mit neuen Eskalationen. Er meinte, dieser Tribut verstärke die Dringlichkeit eines baldigen ukrainischen Sieges – oder zumindest eines Rückzugs der russischen Streitkräfte auf breiter Front.
Und weiter:
"Von daher ist mit einer Eskalationsspirale zu rechnen. Der Westen wird die militärische Unterstützung der Ukraine mit Waffen und Munition hochfahren müssen. Putin wird zeigen müssen, welche Pfunde er in der Hinterhand hat."
Das Duell der Vize-Präsidentschaftskandidaten in der Nacht zu Mittwoch hat gleich durch mehrere Erkenntnisse überrascht. Tim Walz von den Demokraten und Republikaner J.D. Vance traten dabei unter deutlich gegensätzlichen Vorzeichen an. Die Debatte zwischen den "Running Mates" von Donald Trump und Kamala Harris könnte das letzte Duell im US-Wahlkampf gewesen sein.