Nach gescheiterten Gesprächen über eine Rettung des Reisekonzerns Thomas Cook hat das britische Traditionsunternehmen Insolvenz angemeldet. Unmittelbar betroffen von der Firmenpleite sind rund 600.000 Touristen.
Der britische Touristikkonzern stellte nach Angaben der britischen Behörden das Geschäft ein. Alle Flüge seien daher gestrichen worden, teilte die britische Flugbehörde in der Nacht auf Montag mit. Noch bis Sonntagabend war mit Investoren über eine zusätzliche Finanzierung in Höhe von 200 Millionen Pfund verhandelt worden.
Konzernchef Peter Frankhauser bedauerte das Scheitern der Gespräche und sprach in der Erklärung von einem "tief traurigen Tag" für den Konzern. Er selbst und der gesamte Verwaltungsrat bedauerten zutiefst, "dass wir nicht erfolgreich waren". Nach dem Insolvenzantrag müssen nicht nur alle Flüge des Unternehmens am Boden bleiben, sondern auch alle Filialen geschlossen werden.
Mit deutschen Veranstaltermarken des insolventen britischen Reisekonzerns Thomas Cook sind derzeit etwa rund 140.000 Gäste auf Reisen. Das teilte die deutsche Landesgesellschaft Thomas Cook GmbH am Montag mit. Etwa 21.000 Personen wollten heute oder morgen mit diesen Veranstaltern ihre Reise antreten. Die deutsche Gesellschaft hat wegen der Pleite der Muttergesellschaft auf Notgeschäftsführung umgestellt.
Man lote letzte Optionen aus. "Sollten diese scheitern, sieht sich die Geschäftsführung gezwungen, für die Thomas Cook GmbH, Thomas Cook Touristik GmbH, die Bucher Reisen & Öger Tours GmbH und möglicherweise auch weitere Gesellschaften Insolvenzantrag zu stellen", hieß es in einer Pressemitteilung.
Das Auswärtige Amt hat im Ausland gestrandeten deutschen Urlaubern Unterstützung zugesagt. Ein Sprecher sagte am Montag in Berlin, in diesem Fall stünde das weltweite Netz von deutschen Auslandsvertretungen bereit, Urlauber zu betreuen. Das Ministerium sei auf alle Szenarien vorbereitet. Angesichts der unterschiedlichen Rechtslage in Deutschland gebe es aber keine "Aktion Matterhorn" wie in Großbritannien.
Doch. Der deutsche Ferienflieger Condor versicherte jedoch kurz nach Bekanntwerden der Insolvenzpläne, dass der Flugbetrieb weitergehe. "Condor Flüge werden weiterhin durchgeführt, obwohl die Muttergesellschaft Thomas Cook Group plc Insolvenz eingereicht hat", heißt es in einer Mitteilung vom frühen Montagmorgen.
"Um Liquiditätsengpässe bei Condor zu verhindern, wurde ein staatlich verbürgter Überbrückungskredit beantragt. Dieser wird derzeit von der (deutschen) Bundesregierung geprüft", heißt es.
Großbritanniens Regierung kündigte die größte Rückführungsaktion seit dem Zweiten Weltkrieg an, um die gestrandeten britischen Urlauber zurückzuholen. Betroffen sind rund 150.000 Personen.
Angesichts der Streichung sämtlicher Thomas-Cook-Flüge hätten die Regierung und die Zivilluftfahrtbehörde "dutzende Chartermaschinen angemietet, um die Kunden kostenlos nach Hause zu fliegen", teilte die Regierung in London mit.
Die Rückholaktion trägt nach BBC-Angaben den Codenamen "Matterhorn". In der Nacht seien bereits die ersten Flugzeuge zu verschiedenen Zielen gestartet, um britische Urlauber nach Hause zu holen. Alle Thomas-Cook-Kunden würden innerhalb der nächsten zwei Wochen und "so nah wie möglich an ihrem geplanten Rückkehrtermin" nach Hause gebracht, hieß es weiter.
Inzwischen steht fest: Der Ferienflieger Condor darf aus rechtlichen Gründen Urlauber, die mit Thomas-Cook-Veranstaltern gebucht haben, nicht mehr an ihr Reiseziel bringen, teilte die Airline am Montag mit. Die deutsche Thomas Cook hatte nach der Insolvenz der britischen Mutter mitgeteilt, man könne nicht gewährleisten, dass gebuchte Reisen mit Abreisedatum 23. und 24. September stattfänden.
Thomas Cook war in den vergangenen Jahren immer wieder in Schieflage geraten. Bereits 2012 retteten mehrere Banken den Konzern nach immensen Abschreibungen auf das britische Geschäft und IT-Systeme mit frischem Geld vor dem Untergang. Auch dadurch sitzt Thomas Cook auf einem Schuldenberg in Milliardenhöhe und ächzt unter der hohen Zinslast.
Der jüngste Preiskampf im Reise- und Fluggeschäft kam erschwerend hinzu, ebenso wie die anhaltende Unsicherheit um den Brexit, die die Urlaubsfreude der britischen Kundschaft dämpft.
Der 1841 gegründete Reiseveranstalter Thomas Cook betrieb Hotels, Ferienressorts, Airlines und veranstaltete Kreuzfahrten. Von den 105 Flugzeugen im Konzern fliegen 58 für den deutschen Ferienflieger Condor. Weltweit hat Thomas Cook rund 21.000 Mitarbeiter in 16 Ländern.
(hd/dfr/reu/dpa/afp)