Megan Rapinoe wurde am Montag zur Spielerin des Spiels gewählt. Sie schoss den Titelverteidiger aus den USA mit ihren zwei Toren beim 2:1-Erfolg gegen Spanien ins Viertelfinale der Frauenfußball-WM. Die Kapitänin fällt aber nicht nur wegen ihrer Tore auf – sondern auch, weil sie den mächtigsten Mann der Welt kritisiert.
Denn US-Präsident Donald Trump dürften die Bilder nicht gefallen haben, die da aus Frankreich über die heimischen Bildschirme flimmerten. Megan Rapinoe wird als Matchwinnerin gefeiert, Megan Rapinoe formt freudestrahlend das Victory-Zeichen mit den Fingern, Megan Rapinoe hält die Trophäe für die beste Spielerin im Arm...
Ausgerechnet diese Rapinoe, die aus Protest gegen den US-Präsidenten die Nationalhymne nicht mitsingt und dem Anführer der freien Welt über die sozialen Netzwerke gerne mal ein "F*** you" entgegenschleudert, hat die USA ins Viertelfinale der Frauenfußball-WM geschossen. Doch der Fußball ist für die 33-Jährige mittlerweile vor allem ein Mittel zum Zweck.
Die Weltmeisterin und Olympiasiegerin mit den pinkfarbenen Haaren nutzt ihre Bekanntheit, um als Aktivistin auf die Missstände in ihrer Heimat aufmerksam zu machen. "Als ich älter geworden bin, habe ich erkannt, wie mächtig eine Stimme sein kann – meine Stimme, und die Stimme der Mannschaft", sagte Rapinoe in einem Interview mit der englischen Zeitung "The Guardian" vor der Endrunde.
Bevor sie ihre Stimme aber wieder zum Singen der Hymne erhebt, muss noch viel passieren. Erst müsse das Strafrecht reformiert sowie die Rechte der Lesben und Schwulen gestärkt werden, betonte Rapinoe – vorher werde ihr kein Ton über die Lippen kommen.
Stattdessen kamen mittlerweile andere Worte über ihre Lippen: "Ich gehe nicht ins verdammte Weiße Haus", sagte Rapinoe in einem Videoclip, den das Magazin "Eight by Eight" bei Twitter am Dienstagabend hochlud.
Dabei ist es eigentlich eine US-Tradition, dass der Präsident Olympiasieger, NBA-Champions oder sonstige Gewinnerteams ins Weiße Haus einlädt. Sie erklärte weiter, dass sie davon ausgehe, dass das Team ohnehin nicht eingeladen werde. Es müsste sowieso erstmal der Titel gewonnen werden: Am Freitag trifft das US-Team im Viertelfinale der WM auf Gastgeber und Mitfavorit Frankreich.
Aufgrund ihrer Kritik ist die Offensivspielerin des Seattle Reign FC, die sich 2013 als erste US-Nationalspielerin offen zu ihrer Homosexualität bekannte, bei ihren patriotischen Landsleuten nicht sonderlich beliebt. Aus deren Reihen wird immer wieder der Rauswurf Rapinoes aus dem Nationalteam gefordert.
Schließlich war die gebürtige Kalifornierin die erste weiße Person und die erste Frau, die sich 2016 dem "Knie-Protest" von Football-Quarterback Colin Kaepernick gegen Rassismus und Polizeigewalt anschloss. Das gefiel dem US-Establishment gar nicht. Rapinoe durfte erst wieder in der Nationalmannschaft mitspielen, als sie beim Star-Spangled Banner aufrecht stehen blieb.
Dem US-Verband USSF blieb Rapinoe dennoch als "Quälgeist" erhalten. Sie war eine von fünf Spielerinnen, die den Verband wegen Geschlechterdiskriminierung verklagten. Als Rapinoe und Co. im Frühjahr von einem Bundesgericht das Recht zugesprochen wurde, weiter juristisch gegen die schlechtere Bezahlung im Vergleich zu den männlichen Kollegen vorgehen zu dürfen, schloss sich das gesamte Team den Vorkämpferinnen an.
Vorangehen will Rapinoe am Freitag auch auf Platz. "Wir müssen sehr gut organisiert sein, denn die Französinnen sind sehr gut mit dem Ball", sagte die Kapitänin mit Blick auf das Duell zweier Favoriten: "Wir dürfen uns auf keinen Fall zurücklehnen." Aber das tut die Frau mit den vielen Facetten ohnehin nur selten.
(bn/sid)