Thomas Schaaf prägte bei Werder Bremen eine Ära.Bild: IMAGO / Nordphoto
Fußball
Jetzt hat Werder Bremen doch noch reagiert. Trainer Florian Kohfeldt
ist weg – ein Spieltag vor dem Saisonende. Die Bosse trauten dem
Coach die Rettung nicht mehr zu. Vereins-Legende Thomas Schaaf soll
nun den Abstieg verhindern. Zur neuen Saison soll ein Neuer kommen.
Bremen droht der Abstieg: Schaaf soll es verhindern
Fast auf den Tag genau acht Jahre nach dem Ende seiner
Double-Ära bei Werder Bremen soll Schaaf den sportlich und
finanziell taumelnden Fußball-Bundesligisten vor dem ersten Abstieg
seit 1980 bewahren. In grauer Strickjacke und die FFP-2-Maske tief
ins Gesicht gezogen traf Schaaf am Sonntagmittag im Sporthotel
Fuchsbachtal in Barsinghausen ein, wo die Grün-Weißen derzeit ihr
Quarantäne-Trainingslager absolvieren. Im Schlepptau hatte die
60 Jahre alte Werder-Legende Wolfgang Rolff, der schon von 2004 bis
2013 sein Assistent an der Weser gewesen war.
Florian Kohfeldt war zu diesem Zeitpunkt schon lange zurück in
Bremen. Nachdem ihn Sport-Geschäftsführer Frank Baumann am späten
Samstagabend um kurz vor Mitternacht von seiner Freistellung
informiert hatte, verließ der langjährige Hoffnungsträger sofort das
Team-Quartier. Eine erneute Rettung auf den letzten Drücker trauten
ihm die Werder-Bosse dieses Mal nicht zu. Last-Minute-Trennung statt
Last-Minute-Rettung hieß es dieses Mal für Kohfeldt.
Einen Tag nach der bitteren 0:2-Niederlage im Kellerduell beim
FC Augsburg beendeten die Grün-Weißen doch noch die Zusammenarbeit
mit dem 38-Jährigen. Vor allem die Art und Weise der Niederlage in
langer Überzahl erschreckte die Werder-Bosse – weshalb sie sich trotz
des ungewöhnlichen Zeitpunkts einen Spieltag vor Saisonende für einen
Trainerwechsel entschieden.
"Leider hatten wir nach dem Spiel in Augsburg nicht mehr die
Überzeugung, mit Florian Kohfeldt den Klassenerhalt schaffen zu
können", sagte Baumann. Man habe den Eindruck gewonnen, "dass der
Mannschaft der Glaube an diese Konstellation verloren gegangen ist",
sagte Baumann im "Doppelpass" bei Sport1.
Kohfeldts letztes Spiel an der Seitenlinie für Werder Bremen war die deutliche Niederlage gegen den FC Augsburg.Bild: IMAGO / Team 2
Letztes Saison-Spiel gegen Gladbach wird entscheidend
Vergangene Saison, als die Rettung in der Relegation gelang, habe es
den Glauben an die Konstellation noch zu hundert Prozent gegeben. Nun
sei das nicht mehr der Fall gewesen, sagte der Sportchef, der trotz
der sportlichen Talfahrt lange an Kohfeldt festgehalten hatte. Anders
als der FC Augsburg, der sich früher von Heiko Herrlich trennte und
nun mit Markus Weinzierl vorzeitig den Klassenerhalt feierte.
Im letzten Saisonspiel gegen Gladbach und in einer möglichen
Relegation soll nun Schaaf Werder vor dem Abstieg bewahren. "Thomas
kann mit seiner Erfahrung und seiner Art und Weise für Begeisterung
sorgen und den Spielern Selbstvertrauen vermitteln", sagte Baumann
über Schaaf, der bereits 14 Jahre Trainer in Bremen war und 2004 mit
den Grün-Weißen das Double gewann. "Es ist wichtig, dass wir einen
Trainer haben, der keine lange Eingewöhnung braucht", sagte Baumann.
Schaaf war zuletzt bereits als Technischer Direktor bei Werder tätig.
"Das ist natürlich eine riesige Herausforderung, aber wir haben noch
alle Möglichkeiten, um in der Liga zu bleiben", sagte Schaaf, der
nach seiner Zeit an der Weser zwei erfolglose Engagements in
Frankfurt und Hannover hatte. "Wir haben nur wenig Zeit, werden aber
alles tun, um mit Leidenschaft, Zuversicht und dem Glauben an unsere
eigene Stärke in die Partie zu gehen und am Ende erfolgreich zu
sein", sagte der Coach mit Blick auf das Gladbach-Spiel.
Werder steht nach der Pleite in Augsburg, der achten Niederlage in
den vergangenen neun Spielen, auf dem Relegationsplatz 16. Der
Vorsprung auf den 1. FC Köln, der am Samstag gegen das bereite
abgestiegene FC Schalke 04 spielt, auf dem ersten direkten
Abstiegsplatz beträgt nur noch einen Punkt.
Kohfeldt galt in Bremen als unantastbar
Das Engagement des Trainer-Routiniers ist aber bis zum Saisonende
begrenzt, dann soll ein neuer Chefcoach kommen - anders als zuletzt
aber nicht aus den eigenen Reihen. "Im eigenen Stall haben wir dieses
Mal niemanden, von daher werden wir uns intensiv mit dem externen
Trainermarkt beschäftigen", sagte Baumann. Zuletzt hatte Werder oft
einen Assistenten oder Jugend-Trainer zum Chefcoach gemacht. So auch
bei Kohfeldt, der Ende Oktober 2017 die Nachfolge von Alexander Nouri
angetreten hatte.
Lange Zeit galt Kohfeldt als unantastbar an der Weser. Vom Bund
Deutscher Fußball-Lehrer wurde er zum Trainer des Jahres 2018
ernannt, Werder verlängerte den Vertrag mit dem in Bremen sehr
populären Coach bis zum 30. Juni 2023. Doch schon in der vergangenen
Saison rettete sich Werder nur mit viel Glück in der Relegation, die
Talfahrt setzte sich nun fort, auch weil Werder von den Auswirkungen
der Coronavirus-Pandemie hart getroffen wurde und der Kader nicht
verstärkt, sondern durch Verkäufe weiter geschwächt wurde.
Die finanzielle Lage in Bremen bleibt prekär. Der Club hat in der
Corona-Zeit rund 35 Millionen Euro Verlust gemacht. "Wir werden bis
Herbst noch einige Bedingungen erfüllen müssen für die Lizenz",
räumte Baumann am Sonntag ein. Zwar könne er eine Insolvenz nicht
hundertprozentig ausschließen. Man sei aber "absolut davon überzeugt,
dass wir sowohl die sportlichen als auch die wirtschaftlichen
Herausforderungen meistern werden", sagte Baumann. "Kein Werder-Fan
muss sich Sorgen um den Fortbestand von Werder Bremen machen", sagte
Baumann. "Das Insolvenzrisiko ist sehr, sehr minimal."
(vdv/dpa)
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