"Squid Game" ist zur Zeit wohl eine der populärsten Serien der Welt. Es gibt einen regelrechten Hype um das südkoreanische Drama, das nun auch ganz offiziell die beliebteste Show auf dem Streamingdienst Netflix ist. "Squid Game" ist anscheinend mittlerweile so populär, dass sich sogar eine nordkoreanische Propaganda-Webseite zur Serie äußerte. Wie die Washington Post berichtete, wurde "Squid Game" – und mit der Serie gleich ganz Südkorea – nun kritisiert.
In einem Statement mit dem Titel "Beliebtes TV-Drama 'Squid Game' enthüllt die Realität der südkoreanischen Gesellschaft" heißt es unter anderem, dass die Serie die Ungleichheit widerspiegele, in der die Starken die Schwachen ausbeuten. In "der südkoreanischen kapitalistischen Gesellschaft" werde die Menschlichkeit durch extremen Konkurrenzkampf ausgelöscht, heißt es weiter. Im Text wird die "Natur" der südkoreanischen Gesellschaft sogar als "bestialisch" bezeichnet.
In "Squid Game" nehmen Hunderte hochverschuldete Menschen freiwillig an lebensgefährlichen Spielen teil, um ein Preisgeld in Milliardenhöhe zu gewinnen. Die Kandidaten treten in sechs Wettkampfrunden gegeneinander an, die typischen koreanischen Kinderspielen nachempfunden sind. Wer einen Fehler begeht oder das Spiel nicht in der vorgegebenen Zeit absolviert, wird getötet. Teilnehmer ermorden sich mithin gegenseitig, da das Preisgeld steigt, je weniger Menschen im Spiel sind.
Dieses Konzept ist leicht als allgemeine Kapitalismuskritik zu verstehen und hat möglicherweise aus diesem Grund Zuschauer aus der ganzen Welt und nicht nur das südkoreanische Publikum angesprochen. In der Serie erkennen die Protagonisten letztendlich selbst, wie menschenverachtend das Spiel ist, an dem sie teilnehmen. Ihr Leben wie bisher als "Verlierer" des kapitalistischen Systems weiterzuführen, erscheint für die meisten jedoch als keine Option.
In der Serie wird das Squid Game zudem vom maskierten Spielleiter immer wieder als fair bezeichnet. Das ist es jedoch offensichtlich nicht: Der alte Mann Oh Il-nam, der auch an den Spielen teilnimmt, stellt sich am Ende als Organisator des Squid Games heraus. Er hatte somit mindestens einen Wissensvorsprung. Ob er sich jemals wirklich in Lebensgefahr befand, ist ebenfalls unklar.
"Squid Game" kann also als eine überzeichnete Allegorie des modernen Kapitalismus verstanden werden und ist keine unkritische Abbildung der südkoreanischen Gesellschaft.
In "Squid Game" gibt es sogar eine Figur, die aus Nordkorea stammt: Kang Sae-byeok, gespielt von der Südkoreanerin Jung Ho-yeon. Gemeinsam mit ihrem zehnjährigen Bruder ist ihr die Flucht aus dem Nachbarland gelungen. Nun leben sie in prekären Verhältnissen und es wird deutlich gemacht, dass Sae-byeok als Kleinkriminelle ihren Lebensunterhalt bestreiten muss und somit wenig bis keine Unterstützung von den Behörden erhält.
Sie nimmt als Spielerin 067 am Squid Game teil, da sie Geld für einen Schlepper braucht, der ihre Mutter über die Grenze nach China bringen soll. Bei ihrem letzten Fluchtversuch war die Mutter erwischt und zurück nach Nordkorea gebracht worden. Ihr Schicksal ist Sae-byeok nicht bekannt, doch sie befürchtet, dass ihre Mutter für ihren Fluchtversuch bestraft worden ist.
(si)