Das "Projekt Jamaika soll nicht an einer einzelnen Person scheitern", sagte der CDU-Vorsitzende und immer noch Kanzlerkandidat der CDU, Armin Laschet, am Donnerstag öffentlich. Zudem wolle er nur so lange Vorsitzender bleiben, bis ein Nachfolger gefunden wird. Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) zeigte sich darauf bei "Markus Lanz" betroffen, doch fast auch schon resigniert. Während er von einem "deutlichen Abstrafen der Bevölkerung" in Bezug auf seine eigene Partei spricht, sieht die Journalistin Ulrike Herrmann immer noch eine Chance für die CDU, Teil der neuen Regierung zu werden. Dazu müsste sie jedoch einen radikalen Personalwechsel anstreben.
"Es war ein schwerer Tag für die Union" – noch bevor Moderator Markus Lanz es schafft, all seine Gäste vorzustellen, beginnt Peter Altmaier zu reden. Tatsächlich zeigt sich der Politiker an diesem Abend sehr offen und betitelt genau, wie es um die Union und seine eigene Partei bestellt ist. Ob er nach der Rede Laschets traurig sei, möchte Lanz von dem CDU-Politiker wissen. Ja, es sei ein trauriger Moment, weil sich alle gewünscht hätten, die Wahl erfolgreicher zu bestehen.
"Sind Sie traurig, Herr Altmaier?" "Ich bin traurig, weil es uns nicht gelungen ist, eine Lösung zu finden." Der Wirtschaftsminister wird an diesem Abend sehr direkt und sagt: Er kenne keine Partei, die so deutlich von ihren Wählern abgestraft wurden und keine Konsequenzen gezogen habe. Laschet wolle deshalb eine neue Aufstellung ermöglichen. "Sie deuten seine Aussage also als Rückzug, und sie wirken dabei erleichtert?", fragt Lanz nach. "Es ist das Angebot eines Rückzugs." "Und nehmen Sie das an?" "Ja, ich nehme zur Kenntnis, dass Armin Laschet bereit ist, Teil der Lösung zu werden."
Altmaier trifft besonders, dass die Union so viele junge Wähler an die FDP und die Grünen verloren habe. Zudem sei ein großer Teil ihrer Wähler zur SPD gewandert. Man sei zurückgeworfen worden auf den harten Kern der treuesten Wähler. "Wir wollen wieder die Volkspartei der Mitte werden", macht der Wirtschaftsminister deutlich und sagt, dass sich seine Partei auch "inhaltlich reformieren" müsse. Dass nur noch zehn Prozent der Jungen im Land die Union wählen, mache auf "dramatische Weise" deutlich, dass sie "große Fehler" gemacht haben.
Da auch er Teil des Kabinetts sei, fragt Lanz nach, ob nicht auch seine Person "Teil des Problems" sei? "Wir sind alle Teil des Problems." "Was ist Ihre Konsequenz?" Doch dann flüchtet sich der Politiker in Ausreden und geht nicht weiter auf die direkte Frage ein. Doch Lanz lässt nicht locker: "Sie haben keine Verantwortung an dem Debakel?" "Wir tragen alle gemeinsame Verantwortung. Wir müssen zeigen, dass wir erneuerungsfähig sind." "Deshalb wollen Sie Friedrich Merz als Wirtschaftsminister einsetzen?", wird erneut provokant nachgefragt.
Doch ganz schlau wird der Moderator aus den Aussagen Altmaiers nicht. Er wundert sich darüber, dass dieser keine Chance mehr in einer möglichen Jamaika-Koalition sieht. So hätten sowohl die FDP als auch die Grünen einen "Rettungsring" in Richtung Union geworfen, weil für die beiden anderen Partner Jamaika immer noch eine Option darstellt. Doch dann habe Altmaier in einem Tweet diese Idee "beerdigt".
"Ich weiß nicht, wo Sie die Beerdigung sehen", erklärt der CDU-Politiker und fügt hinzu, dass die FDP und die Grünen mit der SPD verhandelten und dass Christian Lindner (FDP) sehr deutlich gemacht habe, es werde keine Parallelverhandlungen geben. Doch falls die Ampel-Koalition nichts werden sollte, betont Altmaier, stünde die Union für Gespräche bereit. Lanz muss erneut nachhaken: Zunächst habe Altmaier den Tweet veröffentlicht, danach sei jedoch Laschet auf die Bühne getreten und habe von "Jamaika geträumt", nur damit 15 Minuten später Markus Söder (CSU) "das Ding endgültig erledigt".
Ulrike Herrmann, Journalistin bei der "taz" sieht das Problem der CDU ganz woanders: "Wer beerbt Laschet?" Und wie sähe der neue Inhalt genau aus? Gregor Peter Schmitz, Chefredakteur der "Augsburger Allgemeinen", bezeichnet den noch CDU-Vorsitzenden im jedem Fall als "grottenschlechten Wahlkämpfer". Jedoch sei Laschet auch an seinen "Parteifreunden gescheitert", die ihn wenig unterstützt hätten. Die Union habe sich damit so zerlegt, dass sie zum "Geburtshelfer der Ampel" wurde.
Auch Christoph Ploß, der CDU-Landesvorsitzende aus Hamburg, blickt kritisch auf seine eigene Partei. Er kritisiert die CDU dafür, dass Mitglieder öffentlich übereinander herfielen: "Wir müssen als Union zurückfinden und zusammenhalten". Doch genau da schießt Lanz zurück. Schließlich habe ausgerechnet Ploß stets Friedrich Merz als seinen Kanzlerkandidaten verteidigt und sich erst sehr viel später hinter Laschet gestellt. "Ich habe jeden Tag für ihn geworben. Morgens bis abends", versucht er sich zu retten. Ob Laschet denn nun der falsche Kandidat gewesen sei, möchte der Moderator wissen. Doch die Schuld wolle Ploß nicht einer Person in die Schuhe schieben.
Auf keinen Fall wollen die CDU-Politiker an diesem Abend auf sich sitzen lassen, sie hätten ihren Kandidaten nicht ausreichend unterstützt. So betont auch der Wirtschaftsminister gleich zwei Mal, dass er auf 60 Veranstaltungen im ganzen Land aufgetreten sei, um für seine Partei und Laschet zu werben. "Haben Sie auch etwas Nettes gesagt?", provoziert Lanz erneut. "Wo war die ernsthafte Überzeugung für Ihren Kanzlerkandidaten?" "Ich glaube, Herr Lanz, das ist eine falsche Debatte."
"Ich finde es wahnsinnig anstrengend, dass hier auf die Mitleidsdrüse gedrückt wird bei Laschet", kommentiert Herrmann leicht genervt. "Er wurde nicht gewollt. Auch die Mehrheit der CDU hat ihn nicht gewollt. Keiner wollte ihn, außer Wolfgang Schäuble und Volker Bouffier. Überspitzt formuliert." Die Union habe Wahlkampf gegen die eigene Basis betrieben. Dann äußert die Journalistin eine gewagte These.
"Laschet ist ein sehr netter Mann. Er ist teamfähig. Aber er ist nicht in der Lage, der Kanzler Deutschlands zu sein. Und genau das haben die Leute wahrgenommen."
Wer denn die CDU in Zukunft anführen solle, möchte Lanz nun von Altmaier wissen. Doch dieser sagt, er wollte jetzt keine Namen in den Raum werfen: "Wir werden das intern diskutieren." Ob durch einen Rückzug Laschets eine neue Dynamik in die Partei einkehren könnte, fragt sich der Moderator und Herrmann liefert eine steile These darauf. Ihrer Meinung nach könnte die Union noch einiges bewegen, wenn sie sich dazu entscheiden würde, Markus Söder doch zum Kanzlerkandidaten zu machen: "In der Bevölkerung ist er sehr beliebt." Sie plädiert dafür, es mit dem CSU-Politiker zu versuchen, wenn es mit der Ampel nicht klappt: "Söder würde man das zutrauen, dass da auch Ruhe herrscht".
Am Ende der Sendung betont Altmaier erneut, dass die Union für Gespräche mit der FDP und den Grünen bereitstünde. Und er fügt ein Aber hinzu: "Aber wir haben unseren Stolz. Wir werden nicht als Bittsteller am Spielfeldrand laufen und sagen, lasst uns rein."