Aktuell sind wir gefangen. In einem Land, das uns regierungsseitig viele Aktivitäten außerhalb des Zuhauses untersagt oder zumindest bittet, die nicht allzu häufig und in allzu großer Gesellschaft zu tun. Was bleibt uns noch – in den eigenen vier Wänden? Brettspiele, Bücher und das Fernsehen. Vor allem das Fernsehen. Laut einer aktuellen Statista-Umfrage nutzen rund 75 Prozent der Deutschen das Fernsehen, um sich über die aktuelle Corona-Pandemie zu informieren.
Dabei kommt neben den Nachrichten vor allem den Polit-Talks eine besondere Aufgabe zu: Die Moderatoren diskutieren mit ihren Gästen aktuelle Themen, beantworten Fragen der Zuschauer, ordnen Virus-Fallzahlen oder kontroverse Meinungen ein.
In der aktuellen, undurchsichtigen Lage wissen wir die Talkmaster von ARD und ZDF und deren Inhalte besonders zu schätzen, sagt Medienexperte Ferris Bühler gegenüber watson: "Die Öffentlichkeit sucht momentan täglich Antworten auf viele neue Fragen, weshalb sämtliche News-Formate generell sehr hohe Quoten aufweisen. Während uns jedoch klassische Nachrichten-Sendungen zu verstehen helfen, was in der Welt gerade geschieht, helfen uns Talkshows, diese Informationen zu verarbeiten."
Und die Talkshow-Gastgeber? "Die sind Vorbilder für ihre Zuschauer. Demzufolge ist es in der aktuellen Zeit sehr wichtig, dass sie durch ihre Talks die Zuschauer informieren und beruhigen", erklärt Bühler. Und weiter: "Lassen die Gastgeber normalerweise mit ihren Einwürfen die Gäste übereinander herfallen, müssen sie jetzt mehr verstehen, überlegen und vermitteln. Miteinander statt gegeneinander ist jetzt angesagt."
Doch wie gut füllen die Moderatoren und Moderatorinnen von ARD und ZDF ihre Rollen aus? Welche Diskussionskultur herrscht in den Sendungen, wie verständlich werden die Themen aufbereitet? Watson hat die fünf großen Talkshows der öffentlich-rechtlichen Sender analysiert. Der große Vergleich.
"Anne Will" läuft jeden Sonntag nach dem "Tatort" um 21.45 Uhr in der ARD. 2007 begann Anne Will auf diesem Sendeplatz, musste dann aber 2011 auf den Mittwoch ausweichen, da Günther Jauch ihren alten Slot bekam. Seit 2016 sendet Anne Will wieder regelmäßig am Sonntagabend. Die Sendezeit beträgt ungefähr eine Stunde.
Will ist durch ihre journalistische Laufbahn bestens vernetzt, regelmäßig sind Deutschlands Top-Politiker bei ihr zu Gast. Im Zuge der Corona-Krise diskutierte sie gleich zweimal mit Vize-Kanzler Olaf Scholz. Auch Wirtschaftsminister Peter Altmaier oder CSU-Politiker Markus Söder, der im Zuge der Corona-Krise als erster deutscher Ministerpräsident Ausgangsbeschränkungen erlassen hatte, wurden ins Studio eingeladen oder zugeschaltet. Mit Söder geriet die sonst so resolute Will allerdings aneinander – dazu später mehr.
Seit Beginn der Corona-Krise (15. März) waren hier zu Gast:
Politiker (CDU/CSU): 5
Ärzte: 5
Politiker (SPD): 3
Virologen: 3
Wirtschafts-Experten: 3
Politiker (FDP): 1
Pflege-Experten: 1
Journalisten: 1
Hoteliers: 1
Polizeisprecher: 1
Politiker (Grüne): 0
Politiker (AfD): 0
Politiker (Linke): 0
Sendungen insgesamt: 5
Lieblingsvirologe: Alexander Kekulé (2)
Lieblingspolitiker: Olaf Scholz (SPD) und Peter Altmaier (CDU), je 2 Mal zu Gast
Anne Will versteht es, besonnen durch ihre Sendung zu führen. Sie ist dafür bekannt, ihre Gäste aussprechen zu lassen, stellt Aussagen zwar zur Diskussion, verzichtet meist aber auf bohrende oder gar penetrante Fragen. In hitzigen Corona-Debatten war es ihr zuletzt aber einige Male nicht gelungen, die Gesprächsführung zurückzuerlangen.
So lieferten sich der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer und der zugeschaltete Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW), in der Sendung eine lautstarke Diskussion zum Thema Abstandsregeln. Will versuchte zwar, dazwischenzugehen, konnte die beiden zunächst aber nicht stoppen. Der Zuschauer wurde Zeuge einer chaotischen Debatte, konnte weder Verlauf noch Argumente verfolgen, während Will sich im Hintergrund hielt. Für eine TV-Talkerin ist das an dieser Stelle ein zu passives Vorgehen. Auch mit CSU-Mann Markus Söder krachte es in der Sendung, diesmal war Will allerdings selbst der Auslöser. Sie hatte seiner Ansicht nach zu sehr auf den von ihm durchgesetzten bayerischen Ausgangsbeschränkungen herumgeritten. Die Moderatorin verteidigte ihre bohrenden Fragen gegenüber "Focus Online", erklärte über eine Sprecherin: "Auch in dieser schwierigen Zeit haben Journalistinnen und Journalisten die Aufgabe, kritisch nachzufragen."
Gegenüber watson erklärt Anne Will zudem noch, was es mit ihr persönlich macht, in diesen Zeiten zu moderieren:
Die Redaktion prüft vorher genau, ob die Teilnahme eines Gastes im Studio zwingend erforderlich ist oder alternative technische Lösungen zur Verfügung stehen würden. "Deshalb bin ich meinen Gästen sehr dankbar, dass sie sich trotz etwas erschwerter Bedingungen darauf einlassen", so Anne Will weiter.
In der Corona-Krise legt das Team von "Anne Will" den Fokus auf das große Ganze, Einzelschicksale oder Berichte von Betroffenen kommen nur vereinzelt zur Sprache. Thematisch bleibt man in Deutschland – Kita-Schließungen, überlastete Krankenhäuser, dramatische Zustände in Pflegeheimen. Vereinzelt wird ein Blick in europäische Nachbarländer geworfen.
Bei Will betrachten die Gäste vorrangig die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise. Ein wichtiger Punkt, der aber mit Fallbeispielen aus dem täglichen Leben greifbarer werden könnte. Zu Beginn des Lockdowns hatte DEHOGA-Präsidentin Angela Inselkammer anschaulich erklärt, wie die Ausgangsbeschränkungen Hoteliers, Gaststättenbetreiber und deren Gäste betreffen. Ein guter Ansatz zur Veranschaulichung eines Problems, der in anderen Sendungen mit den jeweiligen Experten hätte aufgegriffen werden können.
Saßen die Gäste bei "Anne Will" zunächst recht eng im Halbkreis auf Clubsesseln aneinander, wurde im Zuge der Corona-Krise der Sitzabstand wie bei allen TV-Talks erhöht. Der fehlende Abstand wurde sogar in der Sendung debattiert, als eine Ärztin die Gastgeberin auf die unangebrachte Nähe ansprach. Mitte März sagte die Redaktion von "Anne Will" gegenüber watson: "Da wir uns in der Verantwortung sehen, uns gut sichtbar an die Empfehlungen des Zwei-Meter-Abstandes zu halten, haben wir uns entschlossen, das Studio umzubauen und den Abstand weiter zu vergrößern."
Über die aktuelle Gesprächssituation in den Talk-Runden erklärte Moderatorin Anne Will gegenüber watson: "Dass wir auf Studio-Publikum verzichten, ist sicherlich eine der größten Veränderungen aktuell und natürlich ist die Atmosphäre eine andere, wenn unmittelbare Reaktionen aus dem Studiopublikum fehlen."
Nicht immer ist alles bahnbrechend, was bei "Anne Will" diskutiert wird. Doch die Gastgeberin ist darauf bedacht, möglichst konträre Meinungen anzuhören und sie gegeneinander abzuwägen. Dadurch kommt es am Ende der Sendung allerdings nicht immer zu einem Ergebnis. So hatten Michael Hüther und Michael Kretschmer nach ihrer hitzigen Diskussion zur Lockerung der Maßnahmen und dem Wiederaufnehmen des schulischen Betriebs keinen Konsens erzielen können.
Dafür wird dem Zuschauer so das Für und Wider von einzelnen Positionen nähergebracht. Pluspunkt: Bei "Anne Will" reagiert man so schnell wie möglich auf aktuelle Entwicklungen. So erhielt der Zuschauer direkt zu Beginn der Krise durch die geladene Chefärztin der Zentralen Notaufnahme des Klinikums Wolfsburg und deren Schilderungen die Einsicht, dass bei ersten oder leichten Symptomen von Covid-19 der Gang ins Krankenhaus der falsche ist.
Erkenntnisgewinn: hoch
Auch, wenn bei "Anne Will" die mit hochrangigsten Gäste und Top-Experten auf den Stühlen Platz nehmen, bleibt das Fachchinesisch aus. Will versteht sich bestens darin, kompliziertere Punkte noch einmal für den Zuschauer in ihren eigenen Worten zusammenzufassen. Etwas politisches Grundwissen sollte das Publikum dennoch mitbringen, sonst könnte es schwierig werden.
Verständlichkeit: mittel
"Anne Will" ist der Polit-Talk mit den meisten Zuschauern in absoluten Zahlen. Das hat die Sendung sicher exklusiven Gästen wie der Bundeskanzlerin Angela Merkel zu verdanken, aber auch dem Sendeplatz. Denn vor dem Talk läuft der "Tatort". Der ist Quotengold und bricht immer noch Rekorde bei den Zuschauerzahlen. Von denen bleiben auch zwischen ungefähr 2,5 und rund 6 Millionen vor dem Fernseher, wenn Anne Will talkt. Entsprechend hoch ist insgesamt der Marktanteil von wechselhaften 8,9 bis 21,7 Prozent. Seit dem Beginn der Corona-Krise Mitte März hält sich die Sendung auf einem hohen Niveau von rund 4 Millionen Zuschauern und sichert sich so 14 Prozent Marktanteil.
Trotz allem keine Frage: Anne Will ist die Königin des Polit-Talks und liegt in Sachen Zuschauerzahlen ungeschlagen auf Platz 1.
Nicht nur bei den Quoten, sondern auch bei den Google-Suchanfragen liegt "Anne Will" auf Platz 1. Was bei ihr in der Sendung besprochen wurde, interessiert offensichtlich die Nation am Abend und dem darauffolgenden Morgen. Bei Twitter lösen bei Will getätigte Aussagen noch in der Nacht und am Folgetag traditionell Diskussionen oder kritische Kommentare von Fachjournalisten und Politikern aus.
Anne Will ist die Polit-Talkerin schlechthin. Ihr vertraut selbst die Kanzlerin. Nur zu ihr geht Angela Merkel, wenn sie überhaupt eine Talkshow besucht. Und wenn sie kommt, hat sie Wichtiges zu verkünden. Bei "Anne Will" sprach sie ausführlich über die Flüchtlingskrise. Und auch andere Spitzenpolitiker geben sich bei Will die Türklinke in die Hand.
Sie respektieren ihr politisches Hintergrundwissen und können sich sicher sein: Ihre Aussagen, Meinungen und auch Kritikpunkte sehen regelmäßig mehrere Millionen Zuschauer. Außerdem ist das Studio in Berlin, anders als das der Sendungen "Markus Lanz" (Hamburg) oder "Hart aber fair" (unter anderem in Köln), von Kanzleramt und Bundestag aus gut erreichbar. Darüber hinaus hat Anne Will ein sehr gutes Verständnis für politische Themen und versteht es, Fachbegriffe (meist) einfach zu erklären.
"Markus Lanz" läuft nun bereits seit bald zwölf Jahren im ZDF, zunächst als Sommervertretung von Johannes B. Kerner, erstmals 2008. Seit 2009 wird die Sendung regelmäßig dienstags, mittwochs und donnerstags, in der Regel um 23.15 Uhr, gesendet – manchmal etwas früher, manchmal etwas später. Die Sendezeit beträgt in der Regel 75 Minuten.
In der Regel sind es gemischte Runden, zum Beispiel ein Politiker, ein Journalist, der die kritischen Fragen stellt, ein Musiker oder Schauspieler und zuletzt ein Weltenbummler, Afrika-Radler oder, wie Klaas Heufer-Umlauf einmal treffend festgestellt hat, "jemand, der mit dem Unimog die Welt umrundet hat." Seit dem Beginn der Corona-Krise hat sich die Sendung allerdings gewandelt. Statt der bunt gemischten Runde sind nun vor allem Politiker und Virologen zu Gast, denn thematisch geht es nun (fast) ausschließlich um das Coronavirus.
Und weiter: "Entsprechend lädt Markus Lanz neben politischen Gästen vor allem Gesprächspartner ein, die den Zuschauern am späten Abend die verlässlichen Einschätzungen der aktuellen Lage liefern und Orientierung bieten können." Anspruch von Markus Lanz und der Redaktion sei es, die Entwicklungen, die das Virus in der Gesellschaft auslöst, in wichtigen Aspekten zu hinterfragen.
Seit Beginn der Krise (15. März) waren hier unter anderem zu Gast:
Politiker (SPD): 16
Journalisten: 11
Virologen: 10
Politiker (CDU/CSU): 10
Unternehmer: 8
Ärzte: 8
Psychiater: 3
Ökonomen: 2
Politiker (FDP): 2
Politiker (Grüne): 1
Politiker (Linke): 1
Politiker (AfD): 0
Sendungen insgesamt: 15
Lieblingsvirologe: Hendrick Streeck (3 Mal zu Gast) und Melanie Brinkmann (inklusive dem 11. März insgesamt auch dreimal zu Gast)
Lieblingspolitiker: Karl Lauterbach (SPD, 6 Mal zu Gast)
Markus Lanz besticht durch seine akribische Vorbereitung und sein breites Wissen in verschiedenen Bereichen. Wenn er es schafft, seinem politischen Gegenüber durch geschicktes Fragen, Aussagen zu entlocken, die dieser nicht mal engsten Parteikollegen anvertrauen würde, produziert er Sternstunden des Fernsehjournalismus.
Seine etwas penetrante Art, Fragen zu stellen, kann aber auch nerven, wenn der Gast abblockt oder Lanz sich in Fragen verbeißt, die am Zuschauer vorbeigehen. Auch seine Art, endlose Fragen zu formulieren und sein Gegenüber teilweise im Sekundentakt zu unterbrechen, fällt vielen so negativ auf, dass es 2014 eine Petition gab, die forderte, die Sendung abzusetzen. Grund war eine Folge, bei der Sahra Wagenknecht zu Gast war.
Die große Stärke der Sendung war es früher, Gäste aus verschiedenen Bereichen und zu sehr unterschiedlichen Themen zusammen in eine Sendung zu packen. So kam es unter anderem zum großen Showdown zwischen Christian Lindner und David Hasselhoff, als letzterer dem FDP-Vorsitzenden erst einmal ordentlich die Leviten in Sachen Klimaschutz las.
Seit dem Beginn der Corona-Krise beschränkt sich die Sendung nun auf das Thema Virusbekämpfung, bleibt dabei aber ihrem Ansatz treu. Man versucht, das Thema möglichst breit mit verschiedenen Ansätzen zu beleuchten. Virologen und Ärzte erklären Covid-19 und Politiker verteidigen die aktuellen Maßnahmen oder kritisieren sie.
Seit 2017 sendet Markus Lanz aus seinem neuen Studio in Hamburg-Bahrenfeld. Die Beleuchtung und Anordnung des extrem edel wirkenden Settings ist so gestaltet, dass das Publikum zwar sichtbar ist, aber aus dem Blickfeld der Studiogäste verschwindet. So entsteht die intime Atmosphäre der Sendung, die den Eindruck erweckt, die Gäste seien unter sich – was so manchen dazu verleitet, die Kameras zu vergessen und etwas mehr zu erzählen.
Auch immer wieder hilfreich hierbei: Markus Lanz' körperliche Annäherung an sein Gegenüber. Seit dem Beginn der Corona-Krise finden die Sendungen allerdings ohne Publikum und mit Abstand zwischen den Gästen statt. Eine Anfrage von watson, wie sich das auf die Moderation und Gesprächsführung auswirkt, ließen ZDF und Markus Lanz unbeantwortet.
Mitte März erklärte die Redaktion von "Markus Lanz" gegenüber watson dazu: "Bei unseren aktuell produzierten Talksendungen reduzieren wir die Anzahl der Gesprächsgäste so, dass der empfohlene Mindestabstand eingehalten werden kann. Der Studiobetrieb während der Aufzeichnung ist bei allen Produktionen personell auf das notwendige Minimum heruntergefahren."
Gerade, weil die Sendung den Ansatz verfolgt, jeden Gast zu Wort kommen zu lassen und seinen Standpunkt zu erklären, kann man die einzelnen Meinungen gut nachvollziehen. Beim Thema Covid-19 kann der Zuschauer so erst einmal die wissenschaftliche Grundlage der Entscheidungen verstehen, um sich anschließend die Kritik an den Corona-Maßnahmen erklären zu lassen.
Erkenntnisgewinn: hoch
Markus Lanz ist stets bemüht, das Gesagte noch einmal in verständliche Worte zu verpacken. Insbesondere Aussagen von Politikern werden so erst nachvollziehbar und manchmal auch ein wenig entlarvt. Gerade beim komplizierten Thema Covid-19 gelingt es der Sendung, viele Begriffe und Wörter, die in den Nachrichten fallen, zum ersten Mal verständlich zu erklären. Leider ist die gute Vorbereitung des Moderators hin und wieder auch seine Achillesferse. Nämlich dann, wenn er sich in Fachdiskussionen mit einigen Gästen verliert, wie zum Beispiel beim Thema Gesichtsmasken.
Hier fiel immer wieder auf, dass der Moderator oft aus sich heraus nachgefragt hat, was eine Komplexität auflösen konnte - insbesondere mit Fragen wie "Können Sie mir das erklären?" oder "Ich möchte das jetzt verstehen" konfrontierte er Experten und bat dadurch um mehr Verständlichkeit.
Verständlichkeit: mittel
Seit Beginn der Ausstrahlung fuhr die Sendung stabil gute Quoten ein, die um die 13 Prozent Marktanteil und ungefähr 1,5 bis 2 Millionen Zuschauern liegen. Zu später Stunde hat, bis auf Ausnahmen wie Fußballspiele im Gegenprogramm, keiner mehr Zuschauer als der Talk-Master. Im Zuge der Corona-Krise sind die Quoten allerdings noch einmal gestiegen. Gegenüber watson gibt das ZDF an:
In Sachen Quoten liegt die Sendung damit vor "Hart aber fair", allerdings sind die Zuschauerzahlen dank der späten Uhrzeit deutlich niedriger als bei Frank Plasbergs Sendung. "Markus Lanz" landet in der Hinsicht auf Platz 4.
Auf Twitter trendet der Hashtag #lanz während der Ausstrahlung regelmäßig unter den Top 10. Viele Twitter-User regen sich über die Fragen des Moderators oder die Antworten der Gäste auf. Auch wenn viele schreiben, sie würden die Sendung nie wieder schauen, sind sie während der nächsten Ausstrahlung doch wieder dabei. Insgesamt beweisen die vielen Tweets nämlich vor allem eins: Die Sendung trifft einen Nerv.
Auch die Google Suchanfragen zeigen: Markus Lanz (rot) wird nach Anne Will (blau) am meisten gesucht und belegt trotz relativ niedriger Zuschauerzahl damit Platz 2.
Markus Lanz hat eine sehr eigene Art, Fragen zu formulieren und zu stellen, was vielen auch negativ aufstößt. Allerdings kann er seinen Gästen mit seiner geschickten Gesprächsführung auch immer wieder überraschende Antworten entlocken.
Montags in der Regel um 21 Uhr, derzeit aufgrund von Sondersendungen auch teilweise um 20.45 Uhr und 20.15 Uhr, in der ARD zu sehen. Sendezeit: 75 Minuten. Der Talk wird seit 2001 produziert und war zunächst nur im WDR zu sehen. Seit 2007 läuft die Sendung nun auch in der ARD auf dem aktuellen Sendeplatz.
Bei "Hart aber fair" setzt die ARD auf absolute Gästevielfalt. Anders als die meisten seiner Kollegen hat sich Frank Plasberg weder auf einen Virologen noch einen Dauer-Gast aus der Politik festgelegt. Die Gäste decken ein breites Feld ab, auch Privatpersonen kommen mit ihren Einzelschicksalen zu Wort.
Seit Beginn der Krise (15. März) waren hier unter anderem zu Gast:
Wirtschafts-Experten: 4
Pflege-Experten: 4
Ärzte: 3
Politiker (CDU): 4
Politiker (SPD): 3
Virologen: 2
Privatpersonen: 2
Hoteliers: 2
Politiker (FDP): 0
Politiker (Grüne): 0
Politiker (Linke): 0
Politiker (AfD): 0
Sendungen insgesamt: 5
Lieblingsvirologe: Hendrik Streeck war einmal zu Gast, sein Kollege Jonas Schmidt-Chanasit ebenfalls. Alexander Kekulé war bereits am 2. März zu Gast.
Lieblingspolitiker: Keine Tendenz.
Frank Plasbergs ist für seine direkten Fragen bekannt. Sein Moderationsstil ist im Zuge der Corona-Krise allerdings etwas weicher geworden. Spricht er mit Pflegekräften oder Privatpersonen, die durch die momentanen Umstände hart getroffen sind, bleibt er passiver, hört aufmerksam und geduldig zu, lässt seinen Gast ausreden. Für seine TV-affinen Gäste gilt dies nicht unbedingt: Sie müssen sich wie gewohnt Plasbergs präzise gesetzten Fragen stellen.
Manchmal hält er zu sehr an seinen eingespielten Clips fest. Sollte ein Gast noch zu einer Diskussion einen Beitrag leisten wollen, passiert es schon mal, dass ihn Plasberg zugunsten des Einspielers abwürgt. Er erklärt sich allerdings dazu.
Auch besonders ist, dass Zuschauerfragen in die Sendung eingebaut werden. Co-Moderatorin Brigitte Büscher sammelt die Meldungen und stellt sie vor. So hat der Zuschauer den Eindruck, dass auch wirklich seine Fragen gestellt und seine Beiträge gezeigt werden.
Gegenüber watson erklärt Frank Plasberg, wie es für ihn persönlich ist, in dieser Zeit zu moderieren:
In der Corona-Krise menschelt es bei "Hart aber fair". Der Talk konzentriert sich neben den großen politischen Diskussionen auch auf die persönlichen Geschichten einzelner Personen. So sprach Plasberg mit einer Frau, die ihren Mann seit Jahren zu Hause pflegt sowie der Betreiberin eines Mutter-Kind-Cafés, das aufgrund der Corona-Maßnahmen schließen musste. ARD-Rechtsexperte Frank Bräutigam erklärte zudem in gleich zwei Ausgaben zuschauernah die drängendsten juristischen Fragen zur Krise, was der Sendung einen Service-Charakter verlieh.
Das typische "Hart aber fair"-Stehpult ist aufgrund der Abstandsregelungen einzelnen Redepulten gewichen, was teils etwas bizarr anmutet – denn so wirkt es, als stünden die Gäste durch die Barriere im direkten Duell miteinander, was nicht immer der Fall ist. Um den Charakter der Show und das Wiedererkennungsmerkmal beizubehalten, ist das allerdings eine verständliche Maßnahme.
Die Redaktion von "Hart aber fair" beschreibt das gegenüber watson so:
Auch Frank Plasberg ergänzt selbst dazu:
Wie auch bei Plasbergs Kollegen gibt es während der undurchsichtigen Corona-Lage bei "Hart aber fair" nicht immer eine befriedigende Richtungsweisung oder eine Lösung für das diskutierte Problem. Manchmal wird der Zuschauer gar etwas ratlos zurückgelassen. So hatte SPD-Gesundheitspolitiker und Epidemiologe Karl Lauterbach die Hoffnung auf einen Corona-Impfstoff in diesem Jahr zunichtegemacht. Auch, wenn Lauterbach triftige Gründe für diese Aussage hatte, entließ die Sendung den Zuschauer etwas beunruhigt in die Nacht.
Erkenntnisgewinn: mittel
Bei "Hart aber fair" stand in den letzten Wochen nicht immer das große Ganze, sondern der Einzelne im Vordergrund, was die Corona-Krise für den Zuschauer nahbar und greifbar macht. Bei politischen oder wirtschaftlichen Diskussionen sorgt Moderator Plasberg dafür, dass es nicht zu fachspezifisch wird.
Verständlichkeit: hoch
Die Quoten von "Hart aber fair" sind durchaus wechselhaft und auch abhängig von der Sendezeit. Hin und wieder wird die Sendung bereits um 20:15 Uhr direkt nach der "Tagesschau" gezeigt, was in der Regel für bessere Quoten und mehr Zuschauer sorgt als der angestammte Sendeplatz um 21 Uhr. Seit Januar bewegen sich die Marktanteile zwischen 6,3 und 15,9 Prozent und 1,9 und 5,41 Millionen Zuschauern. Im Zuge der Corona-Krise hat sich das Interesse für die Sendung allerdings erhöht. Seit dem 16. März bewegt sich die Sendung bei stabil über 3 Millionen Zuschauern.
Trotz der schwankenden Marktanteile liegt die Sendung in Sachen Zuschauerzahlen auf Platz 3.
Auch in der Twitter-Community spielt "Hart aber fair" eine große Rolle, liegt dort, was die Relevanz angeht, knapp hinter Anne Will. Traditionell kündigen Politiker ihre Auftritte über den Kurznachrichtendienst an oder rekapitulieren diese. So zuletzt auch SPD-Mann Karl Lauterbach, der mit seinen Äußerungen zum nicht empfehlenswerten Urlaub in Corona-Zeiten für Zündstoff sorgte und bei Twitter damit eine große Diskussion auslöste.
Bei den Suchanfragen bei Google liegt "Hart aber fair" (grün) auf Platz 3 im Mittelfeld, deutlich hinter "Anne Will" und "Markus Lanz". Allerdings auch mit einigem Abstand zur Konkurrenz auf Platz 4 und 5.
In der Corona-Krise ist der sonst sehr korrekte und manchmal auch etwas unnahbare ARD-Mann Plasberg ein Vermittler zwischen Politik und Publikum geworden. Die Sendung transportiert nicht nur die Stimmung im Land und die politische Lage anschaulich, sondern macht durch die gezeigten Einzelschicksale und die reportageartigen Einspielfilme deutlich, was die Krise mit den Menschen macht, wo es weh tut und wo die Politik dringend handeln sollte. Im Gespräch mit den Menschen, die von ihren Schicksalen erzählen, schafft Plasberg eine sehr verständnisvolle und warme Atmosphäre.
Läuft im Regelfall donnerstags um 22.15 Uhr im ZDF. Die Sendung wird seit Oktober 1999 gesendet. Zunächst unter dem Namen "Berlin Mitte", seit 2007 nach der Moderatorin benannt. Die Sendezeit beträgt eine Stunde. Aufgrund der Corona-Krise jetzt auch sonntags in Konkurrenz zu "Anne Will" als "Maybrit Illner Corona spezial" zu sehen. Ganz zum Ärger der Konkurrenz:
Die Sendungen drehen sich immer um ein bestimmtes Thema und sind mit Politikern, Experten und Journalisten besetzt. Seit dem Beginn der Corona-Krise ist das bestimmende Thema natürlich das Coronavirus und alles, was damit zusammenhängt. Entsprechend sitzen in den Runden viele Ärzte, Virologen und Politiker.
Seit dem Beginn der Krise (15. März) waren hier unter anderem zu Gast:
Ärzte: 6
Virologen: 6
Politiker (SPD): 6
Journalisten: 5
Politiker (CDU/CSU): 3
Politiker (FDP): 3
Politiker (Grüne): 2
Politiker (Die Linke): 1
Politiker (AfD): 0
Sendungen insgesamt: 9
Lieblingsvirologe: Christian Drosten (seit dem 15. März 2 Mal in der Sendung, insgesamt war er 2020 aber bereits 4 Mal zu Gast)
Lieblingspolitiker: Olaf Scholz (SPD, 2 mal zu Gast)
Maybrit Illner ist die Talk-Veteranin. Keiner der anderen Talk-Master moderiert einen Polit-Talk so lange wie sie, und die Erfahrung merkt man ihr an. Sie moderiert souverän und mit viel Gelassenheit. Sie unterbricht, wenn nötig, aber führt das Gespräch häufig von Gast zu Gast, sodass es nicht zu einem hektischen Durcheinander kommt, bei dem die Gäste sich gegenseitig ins Wort fallen.
Vor der Corona-Pandemie gab es auch häufig Gäste im Publikum, mit denen Illner ein Einzelgespräch führte. Seitdem die Corona-Maßnahmen auch die TV-Studios erreicht hat, fällt dieses Element weg und stattdessen sind Gäste häufig per Video zugeschaltet.
"Maybrit Illner" ist ganz klar auf Politik ausgerichtet. Im Gegensatz zu "Markus Lanz" und "Maischberger. Die Woche" war sie das auch immer schon. Die Sendung hat daher ein klares Konzept: Politiker und Experten diskutieren aktuelle politische Themen, machen dabei aber vor allem ihre eigenen Standpunkte klar. Seit dem 15. März geht es dabei ausschließlich um die Corona-Pandemie und deren Auswirkungen. Schwerpunkt: Politik und Wirtschaft.
Bei "Maybrit Illner" fällt der Unterschied zu Vor-Corona-Zeiten am wenigsten auf. Die Kameraführung ist so gestaltet, dass die leeren Zuschauerplätze nicht zu sehen sind, der Abstand zwischen den Gästen wirkt auch bei 1,5 Metern recht natürlich. Trotzdem bedeuten die neuen Umstände eine Veränderung. Gegenüber watson erklärt Maybrit Illner, wie sich die Sendung für sie gewandelt hat:
watson: Was war die größte Herausforderung bei der Umstellung durch das Coronavirus?
Maybrit Illner: Das Virus verändert alles und natürlich auch unsere Sendung: Wir reden seit Wochen zu einem Thema, wir sehen anders aus und wir informieren in jeder Sendung sehr viel über die aktuellen Entwicklungen, bevor und während wir diskutieren… Das überfordert uns nicht, aber es ist ziemlich neu.
Wie fühlt es sich an, ohne Publikum und mit Abstand von den Gästen, die Gespräche zu führen?
Unser Publikum fehlt uns. Es soll ja die Zuschauer zu Hause vertreten. Jetzt ohne Publikum zu sein, das verändert die Reaktion der Gesprächsgäste, die ganze Atmosphäre, klar. Und dann sind wir auch nur noch mit der Hälfte unseres Technik-Teams im Studio, die anderen Kollegen und Kolleginnen arbeiten uns von außen zu. Da fühlt man sich schon manchmal wie im Raumschiff von Major Tom – dank "ground control" aber nicht völlig losgelöst.
Was hat sich durch die neue Studiosituation verändert?
Größerer Abstand, und dazu die geschalteten Gäste, manchmal über die ganze Sendung. Wie spaßig das ist, wissen alle, die jetzt Homeoffice machen und an Video-Konferenzen teilnehmen. Wer ist wann dran? Wer meldet sich einfach so, weil es Zeitverzögerungen gibt? Da ist Moderieren wichtig, Nähe schaffen und Einbinden, aber auch Direktheit und Intervention.
Was ist vielleicht besser als vor der Corona-Krise und kann man das für die Zukunft übernehmen?
Die Zukunft läuft ja in diesem Moment. Niemand kann sagen, ob und wann wir wieder so arbeiten können wie vor der Krise. Es geht also jetzt eher darum, unsere Arbeit unter den Corona-Bedingungen so gut wie möglich zu machen. Und da lernen wir täglich dazu – wie die Pandemie-Forscher auch.
Wer sich vor der Sendung informiert und Interviews mit Spitzenpolitikern liest, kann meist schon erahnen, was in der Sendung passieren wird. Wer sich allerdings eher unregelmäßig über das Nachrichtengeschehen informiert, findet hier kompakt und klar die wichtigsten Meinungen zur aktuellen Politik vertreten. Besonders positiv hervorzuheben ist in diesen Zeiten, dass Illner mit Christian Drosten DEN Virologen zu Gast hat, der zum Gesicht der Corona-Bekämpfung geworden ist.
Erkenntnisgewinn: hoch
Als Zuschauer sollte man schon ein bisschen Ahnung von Bundespolitik und insbesondere Wirtschaft haben, sonst versteht man gerade bei schwierigeren Themen eher wenig. Denn was sich hinter Begriffen wie "Eurobonds" oder "Coronabonds" verbirgt, wird selten deutlich erklärt. Daran ändern auch die vielen sehr gut gemachten Einspielfilme wenig.
Verständlichkeit: mittel
"Maybrit Illner" erzielte auf ihrem Sendeplatz zu Beginn des Jahres durchschnittlich 2,73 Millionen Zuschauer und erreichte damit einen beachtlichen Marktanteil von 13,6 Prozent. Seit dem Beginn der Corona-Krise Mitte März konnte die Sendung noch einmal zulegen und erreicht nun laut Auskunft des ZDF mit fast 3,5 Millionen Zuschauern einen Marktanteil von 16,3 Prozent. Absolute Traumquoten.
Damit liegt die Sendung auf Platz 2 bei den Zuschauerzahlen.
Beim Zuschauerinteresse belegt "Maybrit Illner" (gelb) Platz 4 hinter "Hart aber fair" (grün).
Maybrit Illner ist eine Koryphäe. Sich 20 Jahre lang im Fernsehgeschäft zu halten, ist eine lange Zeit. Die Talk-Masterin ist souverän und klar in ihrer Moderation. Den Gästen gegenüber sehr höflich und zugänglich. Wer allerdings Überraschendes sucht, ist hier fehl am Platz. Denn wirklich innovativ ist das Sendekonzept – trotz einiger Änderungen – nach 20 Jahren nicht mehr.
Läuft mittwochs in der ARD um zirka 23 Uhr. Die Sendung wurde ab 2003 unter dem Namen "Menschen bei Maischberger" dienstags in der ARD gesendet. Seit 2016 läuft sie nun am Mittwochabend in der ARD. Nach mehreren Wechseln hat man sich aktuell auf "Maischberger. Die Woche" als Namen geeinigt. Die Sendezeit beträgt 75 Minuten.
Im Gegensatz zu den meisten anderen Polit-Talks sitzen bei Maischberger auch Prominente oder Kabarettisten wie Florian Schroeder oder Micky Beisenherz. Außerdem fällt auf, dass die Runden sich selten ähneln. Seit dem Beginn der Krise am 15. März gab es nach unserer Zählung keinen Gast, der zweimal in der Sendung zu sehen war.
Seit dem Beginn der Krise (15. März) waren hier unter anderem zu Gast:
Journalisten: 5
Politiker (SPD): 3
Ärzte: 2
Politiker (CDU/CSU): 2
Virologen: 1
Politiker (FDP): 1
Kaberettisten: 1
Politiker (Grüne): 0
Politiker (Die Linke): 0
Politiker (AfD): 0
Sendungen insgesamt: 4
Lieblingsvirologe: Jonas Schmidt-Chanasit ist bisher der einzige Virologe, der in der Sendung zu Gast war.
Lieblingspolitiker: Keine Tendenz. Alle waren nur einmal zu Gast.
Sandra Maischberger moderiert ausgewogen und neutral. Sie formuliert wenig eigene Meinungen und stellt kluge Fragen, ohne penetrant zu werden. Ihre Art zu moderieren, ist eher zurückhaltend, aber angenehm. Insbesondere gegenüber Politikern schafft sie es, nachzuhaken und kritischere Nachfragen zu stellen, ohne dabei penetrant zu wirken.
Bis 2016 war die Sendung thematisch relativ bunt gemischt nach Vorbild des Vorgängerformats "Boulevard Bio". Seitdem die Sendung auf den ehemaligen Sendeplatz von "Anne Will" am Mittwochabend gewechselt ist, ist sie deutlich politischer ausgerichtet. Bis Juni vergangenen Jahres waren jeweils immer verschiedene Gäste zu einem bestimmten politischen Thema eingeladen worden.
Seither experimentieren die Produzenten der Sendung mit verschiedenen Konzepten: Im März gab es nach der Affäre um die Wahl von Thomas Kemmerich in Thüringen eine Sendung aus Erfurt. Während der Corona-Krise wird versucht, neben Experten und Politikern auch Prominente zu Wort kommen zu lassen. Der Ansatz ist weniger wissenschaftlich oder politisch als in den anderen Formaten, sondern eher gesellschaftlich geprägt.
Die Studiogäste sitzen an Tischen und haben eine größe Videowand hinter sich, die aktuell für die Videoschalten genutzt wird, zum Beispiel mit Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz. Das Publikum ist eher selten zu sehen. So fällt weniger auf, dass während der Corona-Krise kein Publikum im Studio ist. Das aktuelle Setting erinnert ein wenig an "Hart aber fair", ist aber genauso vielseitig einsetzbar. So gibt es auch einen extra Platz, an dem Sandra Maischberger Einzelgespräche mit Politikern, sowie die Schaltgespräche führt.
Während der Corona-Krise wird mit den Gästen über die neueste Entwicklung gesprochen. Was dabei herauskommt, wurde allerdings häufig schon woanders diskutiert. Manchmal wirken die Sendungen daher ein wenig recycelt. Ein starker Moment war vergangenen Mittwoch das Schaltgespräch mit Sebastian Kurz, dem österreichischen Bundeskanzler, der die Maßnahmen dort erklärt. Das hat man in den anderen Polit-Talks bisher so nicht gesehen.
Erkenntnisgewinn: mittel
Die Sendung holt den Zuschauer auch ohne großes Vorwissen ab. Die Beispiele, die diskutiert werden, sind nachvollziehbar und leicht verständlich. Die Themen sind auch relativ nah am Zuschauer dran und wenig kompliziert erklärt. Dass auch Prominente und Kabarettisten dabei sind, erhöht den Verständlichkeits-Faktor, denn die sind gut darin, kompliziertere Themen einfach zu erklären.
Verständlichkeit: hoch
Quotenmäßig ist "Maischberger. Die Woche" ganz klar der schwächste der großen Politik-Talks. Wohl auch ein Grund, warum das Sendekonzept in den letzten Jahren mehrfach überarbeitet wurde. Am Sendeplatz wird es nicht liegen, denn selbst während der Fußball-WM 2018, als im Vorlauf WM-Spiele liefen, konnte die Sendung von den quotenstarken Übertragungen im Vorprogramm nicht profitieren.
Auch die Corona-Krise, in der die Talk-Formate generell hohe Zuschauerzahlen einfahren, konnte daran wenig ändern. Seit Januar 2020 bewegen sich die Marktanteile der Sendung zwischen 7 und 10,9 Prozent. Auch bei den Zuschauerzahlen liegt die Sendung mit 1 bis 1,5 Millionen weit hinter den anderen Talkformaten und damit auf Platz 5.
"Maischberger. Die Woche" schneidet nicht nur bei den Quoten und Zuschauerzahlen nicht besonders gut ab, sondern entsprechend auch bei den Google-Suchanfragen. Hier liegt die Sendung (dunkelrot) klar an letzter Stelle auf Platz 5.
Da sich das Sendekonzept in den letzten Jahren oft geändert hat, ist es schwierig zu sagen, wofür die Sendung genau steht. Was die Moderatorin gut macht, ist, mit verschiedenen Kommentatoren aus Politik und Gesellschaft die aktuellen politischen Themen zu besprechen, das lädt zum Mitdiskutieren ein. Sandra Maischberger moderiert mit einer klaren und gut verständlichen Art. Hin und wieder vermisst man aber eine eigene Note.
Wenig verwunderlich geht die Krone an die Königin des Polit-Talks: Das ist laut Zuschauern und öffentlichem Interesse nach wie vor Anne Will. Sie ist eben immer noch die Talkmasterin schlechthin in Deutschland. Frank Plasberg bekommt aber einen Sonderpreis als "Themen-König", denn keiner hat so eine gute Bandbreite abgesteckt wie er.
Es fällt auf, dass in den Talkshows überdurchschnittlich oft SPD-Politiker vertreten sind. Insbesondere Karl Lauterbach taucht sehr häufig auf. Vergleichsweise wenig Politiker der Linken und Grünen sind hingegen zu Gast. Die AfD ist während der Krise überhaupt nicht mehr in den Talkshows zu sehen. Illner kann mit Christian Drosten als dem momentan gefragtesten Virologen punkten, Plasberg überzeugt mit seiner Zuschauernähe und den gezeigten Einzelschicksalen.
Es lässt sich bei allen Talk-Sendungen eine Art "Corona-Effekt" beobachten. Neben den optischen Veränderungen, dass die TV-Studios umgebaut wurden, haben sich ARD und ZDF auch an die wichtigste Thematik im Land angenähert. Allen Talkmastern ist wichtig, dass sie den Zuschauern erklären und bestens vermitteln wollen, was die Entscheider auf der anderen Seite beschießen und wie sinnvoll das ist. Hinzukommen die Virologen und Epidemiologen, die aus wissenschaftlicher Sicht die Lage bewerten.
Das wird belohnt: Seit dem 15. März steigen die Zuschauerzahlen, aber auch der Marktanteil bei allen Sendungen deutlich an. Offenbar vertrauen die Zuschauer insbesondere in der Krise den großen Talksshows und lassen sich gerne erklären, was im Land passiert.
Spannend bleibt, dass obwohl wir mit diesen fünf Formaten (plus den mehrmaligen Lanz-Sendungen) pro Woche sehr gut bedient sind, was die Dichte der Talkshows betrifft, es immer noch zu wichtigen Informationen und Erklärungen im Einzelnen kommt. Hervorgerufen wird das durch die unterschiedlichen Gäste, die sich verändernde Herangehensweise und auch die Art der Moderation. Sodass am Ende einer Talk-Woche jedes Format nicht nur seine Berechtigung, sondern in diesen Zeiten auch den Erkenntnisgewinn mit sich bringt, den wir uns aktuell besonders wünschen.