Wer wird Kanzler-Kandidat der Union? Diese Frage treibt Moderator Markus Lanz nun schon einige Wochen um. Und so richtig will ihm niemand eine Antwort darauf geben. Der CDU-Vorsitzende Armin Laschet steht bereit, doch könnte es auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder werden? Geschickt versucht ihm Lanz die Antwort darauf zu entlocken und schafft es am Ende – fast. Zudem gibt es am Dienstagabend weitere Erkenntnisse zum Thema "Kaviar-Diplomatie" und korrupte Politiker.
"Mein Platz ist in Bayern. Diesen Satz habe ich von Ihnen schon lange nicht gehört", eröffnet Lanz das Gespräch mit dem Vorsitzender der CSU. Er sei gerade in Bayern, aber müsse bald auch nach Berlin, weil die nächste Ministerpräsidentenkonferenz ansteht, gibt dieser trocken als Antwort. "Ist ihr Platz nach dem 26. September 2021 auch noch in Bayern?", hakt der Moderator nach. "Mein Platz ist in der Hinsicht überall", sagt Söder und meint damit, dass er als CSU-Vorsitzender in sämtliche Ausschüsse eingebunden sei. Um etwas von der eigentlich interessanten Frage abzuleiten, versucht Lanz die Situation anders anzugehen und fragt zunächst, wie gut Söder den von seinem vermeintlichen Konkurrenten ins Spiel gebrachten "Brücken-Lockdown" finde. "Ich freue mich über die gemeinsame Linie der Bundeskanzlerin, Armin Laschet und mir", antwortet Söder und spricht sich für einen "konsequenten Kurs" aus.
"Folgen Sie Herrn Laschet oder er Ihnen bei der gemeinsamen Linie?", provoziert der Moderator seinen Gast. "Sagen wir es so, wir haben grundsätzliche Übereinstimmungen", sagt der 54-Jährige. In einem gemeinsamen Brief an ihre Amtskollegen forderten die Söder und Winfried Kretschmann (Gründe) aus Baden-Württemberg jüngst eine strikte Anti-Corona-Politik. Warum Laschet nicht auch gefragt wurde beim Verfassen, fragt Lanz. Doch auch auf diese Frage geht der Ministerpräsident nicht ein und sagt nur, dass ihn mit Kretschmann von Anfang an ein "enges Zusammenwirken" verbinde. Er freue sich aber über jeden, der bei den strengeren Maßnahmen mitmacht. Gefragt habe er aber Laschet nicht direkt, weil er nur Ministerpräsidenten von an Bayern angrenzenden Bundesländern gefragt habe.
"Sie nehmen partout nicht den Namen Armin Laschet auf", kritisiert Lanz, "haben Sie den nicht auch im Kopf, wenn Sie sagen, nicht alle würden sich an die Notbremse halten?" Dann sagt Söder etwas Interessantes: Kurz vor der Sendung habe er mit Laschet SMS-Kontakt gehabt, wo sie sich "gut ausgetauscht" hätten.
"Aber Laschet hat eine andere Wahrheit als Sie", geht Lanz Söder erneut an. "Er hat eine Verantwortung für sein Land und nimmt diese auch zu 100 Prozent wahr." Er selbst sei sowieso für mehr "bundeseinheitliche Regelungen" in Bezug auf die Corona-Pandemie. "Der Flickenteppich, der jetzt herrscht, führt nicht zu mehr Akzeptanz."
Lanz ist der Meinung, Laschet und Söder würden einen "Machtkampf auf offener Bühne austragen". Söder habe vergangene Woche gesagt, dass ein Kanzler-Kandidat auch von Bundeskanzlerin Angela Merkel unterstützt werden sollte. "Warum war Ihnen das wichtig, das zu betonen?" "Na, das ist doch logisch." Nach ihm sei die jetzige Wahl so spannend, weil ein neuer Kandidat antritt – dies müsse im Einklang erfolgen. "Eine zerstrittene Unionsgemeinschaft hat keine Aussicht auf Erfolg." Er fügt hinzu, dass es wichtig sei, auch den Kurs der Kanzlerin – "mit neuen Akzenten" – fortzuführen, da alle auf "die Stimmen von Angela Merkel" setzen. "Könnten Sie die Politik von Angela Merkel fortführen?", hakt Lanz direkt nach. "Das ist eine sehr geschickte Frage, aber Sie kennen mich", antwortet Söder belustigt.
"Viele können diese Aufgabe schultern, es bewerben sich ja auch viele." Er betont jedoch, dass es wichtig sein wird, neue Themen anzusprechen und die "Management-Fehler endlich abzustellen". "War es ein Management-Fehler den eigenen Partei-Vorsitzenden zu düpieren?" Der Moderator spielt darauf an, dass Kanzlerin Merkel in der vergangenen Woche bei einem Interview mit Anne Will öffentlich Kritik an Laschet geübt habe, da er sich nicht an Abmachungen in Bezug auf die Corona-Maßnahmen gehalten habe. "Ich bin nicht dazu da, andere Interviews zu bewerten. Ich halte mich zurück und sage dazu nichts", antwortet Bayerns Ministerpräsident diplomatisch.
Doch Lanz will einfach nicht locker lassen und wirft ihm vor, er habe auch noch Öl ins Feuer gegossen. Und das zweifach. Einerseits weil er gesagt hat, man solle den Kanzler-Kandidaten mit Merkel aushandeln und andererseits weil Söder zudem die Wichtigkeit von Umfragen betone.
"Warum?", fragt Söder und starrt für einen kurzen Augenblick zugeschaltet den Moderator an. Warum man das sage, hakt er nach, er wolle es verstehen. Daraufhin erklärt Lanz erneut die Sachlage aus einer anderen Perspektive und sagt, Armin Laschet habe den Rückhalt bei Angela Merkel wie Söder und somit wäre ein Aushandeln mir ihr eher kontraproduktiv für NRWs Ministerpräsidenten. Ebenso seien seine Umfragewerte deutlich niedriger auf der Beliebtheitsskala als die von des Bayern. "Beides ist doch korrekt. Ich plädiere für Harmonie zwischen allen." Laschet habe im Morgenmagazin gesagt, es möge der antreten, der mehr Aussicht auf Erfolg hat, zitiert Söder seinen Kollegen. "Also Sie?", hakt Lanz nach. "Ach, das kann sich doch jederzeit ändern". Am Ende sagt Söder noch, er und Laschet hätten ein Verfahren vereinbart und daran wolle er sich halten. "Ich wollte fast schon mehr sagen, aber weil sie mich mit dem Tritt ins Schienbein schon ermahnt haben, will ich mich gut verhalten. Wir werden das gemeinsam besprechen und einen Vorschlag machen."
"Wenn Merkel sagt, Söder soll es machen, die Umfragewerte auf einem hohen Niveau für Sie sind und Laschet es sich deshalb nicht mehr zutraut, das Ruder herumzudrehen, ist Ihr Platz dann noch in Bayern?", will der Moderator es noch einmal wissen. "Das sind drei wuchtige Wenns. Ich bin kein Mensch, er spekuliert." Jetzt sei "Team-Building" wichtig.
Das sieht der ebenfalls anwesende Journalist Hajo Schumacher aber anders und sagt, es gebe nur einen Kanzler-Kandidaten, wie es auch nur einen deutschen Meister beim Fußball geben kann. Doch Söder lässt sich an diesem Abend zu keiner Antwort hinreißen. Am Ende des Gesprächs liest Lanz Söder noch einen Satz aus einem Buch vor, der über ihn geschrieben wurde, wo es heißt, dass damals, als er Ministerpräsident wurde, alle den Kopf geschüttelt haben. Kanzler könne er wohl kaum werden. Gerade deswegen müsste man auf ihn wetten. "Ich werde die ganze Nacht über diesen Satz rätseln", schließt Söder.
Kürzlich macht die sogenannte "Kaviar-Diplomatie" erneut Schlagzeilen, nachdem herauskam, dass auch CDU- und CSU-Abgeordnete, die teilweise heute im Bundestag sitzen, sich haben mit Geld korrumpieren lassen – entweder von Mazedonien oder Aserbaidschan. Der SPD-Politiker Frank Schwabe ist Mitglied der Parlamentarischen Versammlung des Europarates und berichtet über die Verwicklungen von europäischen Abgeordneten mit diesen Staaten. Für ihn gäbe es zwei Grundproblemen, die zu dieser Art Diplomatie führen: Zum einen kenne kaum jemand den Europarat, der 20 Mitgliedsländer mehr umfasst als die Europäische Union. Dieser sei ein älteres Organ und würde wenig beachtet. Zudem seien viele der Abgeordnete in Deutschland nicht bekannt. Doch genau diese hätten Interesse daran, dass beim Thema "Menschenrechte nicht genau hingeschaut" wird, weil sie genau dafür Geld kassieren.
Die Abgeordneten würden zu Wahlbeobachtungen in die jeweiligen Länder fahren und im Nachgang attestieren, dass dort geheime, faire und demokratische Wahlen stattgefunden hätten. Zudem behaupten sie für Geld auch, es gäbe keine politischen Gefangenen - beides widerspreche der Wahrheit sowohl in Aserbaidschan als auch im heutigen Nordmazedonien. Die erst kürzlich verstorbene CDU-Politikerin Karin Strenz habe sich "missbrauchen lassen", sagt Schwabe. Auch der ehemalige CSU-Bundestagsabgeordnete Eduard Lintner soll in diese Geschäfte verwickelt gewesen sein und dafür vier Millionen Euro aus Aserbaidschan erhalten haben. Als bestätigt wurde, dass es in dem Land keine politischen Gefangenen gäbe, seien sich die Abgeordneten im Europarat "jubelnd in den Armen gelegen", sagt SPD-Politiker Schwabe.
Ein Teil der Menschen, die an solchen Geschäften teilgenommen hätten, säßen auch noch im Bundestag, kritisiert er und fordert eine Aufarbeitung - gerade aus den Reihen der CDU und CSU. Am Ende der Sendung trifft der 50-Jährige noch eine klare Aussage: